KI-Boom in Europa: Deutsche Banken geraten ins Hintertreffen

Karl von Brahm, DACH-CEO bei Objectway
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Karl von Brahm, CEO DACH bei Objectway

Während Banken in Europa ihre IT-Budgets zunehmend auf Innovation und künstliche Intelligenz ausrichten, bleiben deutsche Institute zurückhaltend. Eine aktuelle Auswertung zeigt: Der Fokus liegt hierzulande vor allem auf Effizienz – mit möglichen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit.

Deutsche Banken drohen im europäischen Vergleich den Anschluss zu verlieren. Während Institute in Frankreich und Großbritannien ihre IT-Investitionen klar auf Innovation ausrichten, setzen deutsche Finanzdienstleister überwiegend auf Effizienzprogramme. Nur 13 Prozent betrachten Innovation als wichtigsten Treiber ihrer IT-Ausgaben, wie aktuelle Marktdaten zeigen.

Effizienz dominiert, Innovation bleibt Randthema

Der Blick auf die strategischen Prioritäten zeigt deutliche Unterschiede. In Deutschland nennen rund 63 Prozent der Entscheider Effizienzsteigerung als wichtigsten Treiber ihrer IT-Strategie. Digitale Plattformen sollen Prozesse automatisieren, Datenflüsse vereinheitlichen und Entscheidungswege beschleunigen.

In anderen Märkten steht dagegen die Entwicklung neuer digitaler Lösungen im Vordergrund. „Deutschland optimiert seine bestehende IT, während andere Märkte bereits in die nächste Generation digitaler Lösungen investieren“, sagt im Brahm. Aus seiner Sicht birgt dieser Ansatz Risiken, weil sich der Markt schneller entwickle, als viele Entscheider annähmen.

Wer frühzeitig in neue Technologien investiere, könne sich dagegen Wettbewerbsvorteile sichern.

Künstliche Intelligenz wird zum Branchenstandard

Besonders deutlich zeigt sich der Wandel bei künstlicher Intelligenz. Während Nachhaltigkeit und ESG an Bedeutung verlieren, rückt KI in den Mittelpunkt der IT-Strategien. 37 Prozent der europäischen Investmentmanager sehen die Implementierung von KI als wichtigste Aufgabe für 2026, während nur noch 16 Prozent ESG priorisieren.

Die wirtschaftlichen Effekte sind erheblich. KI ermöglicht es, große Datenmengen auszuwerten, Risiken schneller zu analysieren und Angebote stärker zu personalisieren. Studien zufolge lassen sich in zentralen Funktionen Einsparungen von 15 bis 20 Prozent erzielen.


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Die Nutzung nimmt entsprechend zu. „Im Jahr 2025 haben knapp drei Viertel der europäischen Wealth Manager generative KI-Anwendungen getestet oder eingesetzt“, sagt im Brahm. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 60 Prozent. Weitere 13 Prozent planen den Einstieg. „Künstliche Intelligenz verlässt endgültig das Experimentierstadium und wird zum Standard in der Finanzbranche.“

Altlasten und Regulierung bremsen den Fortschritt

Warum deutsche Banken dennoch zögern, sieht im Brahm vor allem in strukturellen Faktoren. Ein großer Teil der IT-Budgets fließe in die Modernisierung bestehender Geschäftsmodelle. „In diesem Bereich investieren deutsche Banken sogar mehr als die internationale Konkurrenz“, sagt er.

Komplexe Altsysteme und hoher regulatorischer Druck binden Ressourcen und lassen wenig Spielraum für Innovation. Dieser Fokus sei nicht grundsätzlich falsch, betont im Brahm, da er zur Stabilität beitrage. Gleichzeitig warnt er davor, den internationalen Wettbewerb aus dem Blick zu verlieren.

Für 2026 sieht er deutsche Banken vor einem Balanceakt: Bestehende Systeme effizient betreiben, regulatorische Anforderungen erfüllen und zugleich gezielt in neue Technologien investieren, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

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