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Martin Gräfer: „Zwischen Gans und Garage: Wo wir wirklich stürzen“

Martin Gräfer, Vorstand Marketing und Vertrieb, die Bayerische
Foto: die Bayerische
Martin Gräfer: "Während wir Plätzchen essen und gute Vorsätze schmieden, rutschen, stürzen, verunfallen wir dort, wo niemand Schutzkleidung trägt: im Alltag."

Zwischen Weihnachtsleiter und E-Bike: Unfälle passieren selten dort, wo wir sie erwarten. Nicht im Betrieb, sondern im Alltag, zu Hause, in der Freizeit. Während die Arbeitswelt immer sicherer wird, steigen die Risiken jenseits des Jobs. Von Martin Gräfer

Weihnachten ist die Zeit der Lichterketten. Und der Leitern.

„Das mache ich schnell noch.“
„Die Runde mit dem E-Bike geht auch im Dunkeln.“
„Ach, die Treppe kenne ich.“

Genau in diesen Momenten passiert es. Alle sechs Sekunden ein Unfall in Deutschland. Zu Hause oder in der Freizeit. Alle sechs Sekunden. Das ist keine dramaturgische Zuspitzung, sondern Statistik. Während wir Plätzchen essen und gute Vorsätze schmieden, rutschen, stürzen, verunfallen wir dort, wo niemand Schutzkleidung trägt: im Alltag.

Auffällig ist dabei eine paradoxe Entwicklung: Ausgerechnet dort, wo wir uns am sichersten fühlen, sind wir oft am schlechtesten abgesichert.

Sicher im Job. Verwundbar im Leben

Die Arbeitswelt ist heute so sicher wie nie. Die Zahl schwerer Arbeitsunfälle ist rückläufig, Standards und Prävention greifen. Das ist ein Erfolg – auch der gesetzlichen Unfallversicherung.


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Gleichzeitig hat sich das Risiko verlagert. Es steht nicht mehr an der Werkbank. Es fährt E-Bike, Roller oder Auto. Es findet im Homeoffice statt, im Ehrenamt, im Feierabend. Die Zahlen sind eindeutig: Acht Verkehrstote pro Tag im Jahr 2024. Fast 1.000 Verletzte täglich. Jeder sechste Verkehrstote auf dem Fahrrad. E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden: plus 26,7 Prozent. Unser Alltag ist schneller geworden als unsere Reflexe. Und technischer als unsere Vorsorge.

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt, aber Sie schützt nicht überall

Die gesetzliche Unfallversicherung tut, wofür sie geschaffen wurde: Sie schützt bei Arbeits- und Wegeunfällen.

Das Problem ist strukturell. Die meisten Unfälle passieren nicht im Job. Sie passieren auf dem Schulweg der Kinder, beim Sport nach Feierabend, im Haushalt, im Ehrenamt. Dort endet der gesetzliche Schutz. Die Lebensrealität hat sich verändert, die Systemgrenzen sind geblieben.

Das ist keine kleine Deckungslücke. Es ist ein Widerspruch zwischen moderner Lebensführung und historischer Absicherungslogik.

Warum Geld allein kein Unfallschutz ist

Unfallversicherung wird noch häufig als finanzielle Kompensation gedacht. Einmalzahlung, wenn etwas passiert. Doch ein Kapitalbetrag ersetzt keine Mobilität. Er verhindert keinen zweiten Sturz. Und er baut kein Bad um.

Absicherung, die erst greift, wenn alles schiefgelaufen ist, kommt oft zu spät.

Deshalb rückt ein anderer Gedanke in den Vordergrund: Prävention. Training statt nur Therapie. Schutzmaßnahmen statt reiner Schadenregulierung. Umbauten, bevor Treppen zur Falle werden. Eine Police ohne Prävention ist wie ein Helm im Karton: vorhanden, aber wirkungslos.

Ein Leben in Phasen braucht flexible Absicherung

Heute Kinderfahrrad, morgen Pedelec.
Heute Büro, morgen Homegym.
Heute Ehrenamt, morgen Pflegefall in der Familie.

Biografien verlaufen nicht mehr linear. Risiken auch nicht. Trotzdem sind viele Vorsorgelösungen noch immer starr gedacht. Was fehlt, ist Absicherung, die mitgeht. Die sich anpasst. Die akzeptiert, dass Lebensphasen wechseln.

Kein Ausreißer, sondern ein Warnsignal

Weniger Risiko im Betrieb. Mehr Unfälle draußen. Mehr Tempo im Alltag. Die Zahlen sind kein statistischer Zufall. Sie zeigen eine gesellschaftliche Verschiebung. Wer Absicherung weiterhin nur aus der Perspektive der Arbeitswelt denkt, sichert die Vergangenheit – nicht die Menschen.

Ein Gedanke zum Jahreswechsel

Unfallschutz ist kein Angstprodukt. Er ist die Voraussetzung dafür, weiterzumachen, wenn etwas schiefgeht. Die Instrumente dafür existieren längst. Einige Versicherer setzen sie bereits um. Auch wir bei der Bayerischen. Nicht aus Imagegründen, sondern weil Prävention wirkt, bevor es weh tut.

Freiheit ist ein hohes Gut. Aber Freiheit ohne Leitplanken endet oft im Krankenhaus. Vielleicht ist das ein passender Gedanke zum Jahreswechsel: Wir leben mutig. Dann sollten wir auch entsprechend vorsorgen.

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