Die Diskussion um die langfristige Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung gewinnt an Schärfe. Im Interview mit dem PKV-Verband erläutert Prof. Dr. Martin Werding, Mitglied im Sachverständigenrat für Wirtschaft, welche Konsequenzen das aktuelle Rentenpaket und die Festschreibung des Rentenniveaus bis 2031 haben. Er verweist darauf, dass die Stabilisierung des Niveaus bei 48 Prozent erhebliche Folgewirkungen für künftige Beitragszahlerinnen und Beitragszahler nach sich zieht.
„Wenn wir diesen Weg gehen, dann bedeutet das auf jeden Fall eine zusätzliche Belastung für alle Jüngeren. Finanziert werden soll das momentan aus Steuern. Ich sehe nicht, wo wir die übrig hätten. Das heißt, wenn es zu einer Beitragsfinanzierung kommt, ist völlig klar: Die jungen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler werden belastet“, so Werding.
Er hält das Argument, die Jungen würden später ebenfalls durch höhere Renten profitieren, für unzutreffend. „Das Argument, dass Jüngere auch etwas davon haben, weil sie später eine höhere Rente bekämen, ist komplett falsch. Sie zahlen ja zunächst höhere Beiträge in ein Umlagesystem ein. Wenn sie stattdessen dieselben Mittel in eine gut gemachte kapitalgedeckte Vorsorge stecken würden, hätten sie viel mehr davon.“
Kapitaldeckung als notwendige Ergänzung
Für Werding ist die Umschichtung hin zu kapitalgedeckten Elementen ein entscheidender Schritt, um das Rentensystem demografiefest zu gestalten. Er sieht darin den einzigen Weg, jüngere Generationen finanziell zu entlasten und gleichzeitig langfristige Leistungszusagen zu sichern. Der Sachverständige betont, dass kapitalgedeckte Vorsorge nicht nur höhere Renditechancen bietet, sondern auch mehr Stabilität im Alter schaffen kann.
Zugleich verweist er darauf, dass das Umlagesystem nicht vollständig abgeschafft werden könne, sondern durch ergänzende Säulen ergänzt werden müsse. Die Herausforderung liege darin, den Übergang so zu gestalten, dass er sozial ausgewogen bleibt und die Finanzierungslasten nicht einseitig verteilt werden.
Reformbedarf bei Rentenniveau und Regelaltersgrenze
Werding spricht sich für eine moderate Anpassung der Regelaltersgrenze aus. „Wir werden aller Voraussicht nach immer älter. Das bedeutet, wir müssen auch die Regelaltersgrenze weiter anpassen, und zwar relativ moderat – eigentlich nur zwei Drittel der steigenden Lebenserwartung. Das ist in etwa ein halbes Jahr, alle zehn Jahre.“ Eine solche Anpassung soll nach seiner Einschätzung sicherstellen, dass die Erwerbsphase in einem ausgewogenen Verhältnis zur Rentenphase bleibt.
Parallel dazu müsse das Niveau der umlagefinanzierten Rente gedämpft werden, um finanzielle Spielräume für ergänzende Vorsorge zu schaffen. Werding hält verschiedene Wege für denkbar. Der bisherige Nachhaltigkeitsfaktor stelle eine Möglichkeit dar, könne aber durch alternative Steuerungsmechanismen ersetzt oder ergänzt werden. Entscheidend sei, dass die Reformen verhandelt werden und langfristig wirken können.
Die Aussagen des Wirtschaftsweisen unterstreichen den strukturellen Druck, unter dem das Rentensystem steht. Für Vermittler und Finanzberatende bleibt damit die Frage zentral, wie kapitalgedeckte Lösungen künftig in die Altersvorsorge integriert werden und welche Rolle private und betriebliche Vorsorgeangebote übernehmen.
















