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Private Markets: „Viele Häuser setzen auf kreative Exit-Strategien“

Foto: Morningstar
Johann Scholtz, Morningstar

Nach rekordverdächtigen Kapitalzuflüssen in Private-Equity-Fonds in 2024 geht die Kapitalbeschaffung in diesem Jahr deutlich zurück, zeigt eine aktuelle Studie. Wir befragten Johann Scholtz, Senior Equity Analyst bei Morningstar, zu seinen Einschätzungen.

Was sind die genauen Treiber hinter den aktuellen Entwicklungen – und was bedeuten sie für künftige Fondsauflagen?

Scholtz: Private-Market-Gesellschaften tun sich derzeit schwer, Investments aus der Zeit nach der Pandemie zu veräußern – häufig zu sehr ambitionierten Bewertungsmultiplikatoren. Hinzu kommt, dass die gestiegenen Zinsen den Verschuldungsgrad (Leverage) reduzieren, den Private-Equity-Häuser bei Investments einsetzen können. Das drückt bereits jetzt auf die Performance und könnte auch dazu führen, dass Nachfolgefonds nicht mehr so stark wachsen, wie wir es gewohnt waren.

Zudem erschwert die mangelnde Liquidität, die an die Investoren (Limited Partners) zurückfließt, deren Bereitschaft, in neue Fonds zu investieren.


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Wie reagieren Fondsmanager auf diese Herausforderungen, und wie positionieren sie sich, um bessere Renditen zu erzielen?

Scholtz: Viele Häuser setzen derzeit auf kreative Exit-Strategien, um Liquidität an Investoren zurückzuführen. Wir sehen verstärkt GP-geführte Sekundärtransaktionen, Continuation Vehicles und kreditbasierte Strukturen auf Basis von Net Asset Values. Allerdings wächst die Skepsis, dass diese Instrumente nur das Unvermeidliche hinauszögern. Langfristig braucht es wieder eine Belebung klassischer Exit-Kanäle wie IPOs oder Trade Sales. Nur sie ermöglichen es, Bewertungen über echte Markttransaktionen zu überprüfen.

Ein entscheidender Faktor bleibt zudem der Zugang zu exklusiven Dealflows. Private-Equity-Gesellschaften, die über einen starken Pipeline-Zugang und etablierte Beziehungen zu Managementteams künftiger Portfoliounternehmen verfügen, sind klar im Vorteil.

Darüber hinaus gewinnt der Vermögens- und Retailvertrieb in Europa massiv an Bedeutung. Für alle von uns beobachteten Gesellschaften ist dieser Markt ein strategischer Hebel, um Assets under Management schneller wachsen zu lassen und den Investorenkreis zu verbreitern.

Welche Auswirkungen haben Bewertungsanpassungen auf die Fondsperformance?

Scholtz: Wenn Gesellschaften Investments zu niedrigeren Multiplikatoren realisieren müssen, als sie in den Fondsbüchern angesetzt sind, wirkt sich das negativ auf die Fondsperformance aus. Zudem sinken dadurch auch die erfolgsabhängigen Vergütungen (Carried Interest), die Gesellschaften und Deal-Teams erzielen können.

In welchem Ausmaß sind europäische Asset Manager von Fundraising-Rückgängen und Exit-Problemen betroffen – im Vergleich zu ihren US-Konkurrenten?

Scholtz: Die drei großen Gesellschaften, die wir beobachten – CVC, EQT und Partners Group – waren in der letzten Fundraising-Runde noch ausgesprochen erfolgreich. Sie konnten deutlich größere Fonds auflegen als die Vorgänger. Die nächste Fundraising-Phase dürfte jedoch schwieriger werden, wenn die niedrige Exit-Aktivität anhält.

Da diese drei Häuser ihre Flagship-Fonds aber weitgehend platziert haben, sehen wir bereits einen Rückgang im europäischen Fundraising – ähnlich wie zuvor in den USA.

Welche Strategien verfolgen europäische Asset Manager, um Effizienz zu steigern, Kosten zu kontrollieren und Resilienz aufzubauen – etwa durch Konsolidierung, Outsourcing oder neue Technologien wie KI?

Scholtz: Konsolidierung ist ein zentraler Wachstumstreiber – ebenso wie die Diversifikation in weitere Asset-Klassen innerhalb der Private Markets. Große Limited Partners wollen ihre Zahl an GP-Partnern begrenzen, um Komplexität und Kosten zu reduzieren.

Grundsätzlich arbeiten Private-Market-Gesellschaften schon sehr schlank, da fast alle nicht-kernnahen Aktivitäten – alles außerhalb von Deal-Making und Fundraising – ausgelagert sind.

Mit dem Eintritt in den Retail- und Vermögensmarkt steigt jedoch der regulatorische Druck. Das erfordert zugleich höhere Investitionen in den Kundenausbau.

Wo sehen Asset Manager derzeit die größten Chancen – thematisch wie regional?

Scholtz: Private Credit und Infrastrukturfonds wachsen derzeit schneller als klassisches Private Equity. In den Präsentationen der Gesellschaften tauchen regelmäßig Technologie, Logistik und Infrastruktur auf – wobei Datenzentren besonders hervorgehoben werden. Ein weiteres starkes Thema ist der demografische Wandel, insbesondere die alternde Bevölkerung, die Chancen im Gesundheitssektor eröffnet.

Darüber hinaus entstehen zunehmend Nischenstrategien. So hat sich CVC mit Investments in Sportvereine und -wettbewerbe einen Namen gemacht und profitiert vom wachsenden kommerziellen Potenzial des globalen Sports. Partners Group wiederum setzt stark auf seinen Royalties-Fonds, der auf geistige Eigentumsrechte – etwa Musiklizenzen – fokussiert ist. Dieser bietet stabile Erträge und Diversifikationsvorteile.

Regional betrachtet sorgt vor allem Asien für Begeisterung. Die Märkte sind dort noch weniger entwickelt, der Wettbewerb ist geringer und die langfristigen Wachstumsperspektiven sind überdurchschnittlich. Das macht die Region für Kapitalallokationen sehr attraktiv – sowohl für Rendite als auch für Wertsteigerungspotenzial.

Weitere Informationen zum Industry Pulse Report finden Sie unter diesem Link.

Interview: Frank O. Milewski, Cash.

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