Manager und Führungskräfte sehen sich aktuell einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, die nicht nur ihre Entscheidungsfreiheit, sondern auch ihr persönliches Vermögen betreffen können. Angesichts der ständig wachsenden Haftungsrisiken und der zunehmenden regulatorischen Anforderungen wird der Schutz vor möglichen finanziellen Nachteilen immer wichtiger.
Die D&O-Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) gilt dabei als ein bewährtes Instrument, um Führungskräfte vor Haftungsansprüchen zu schützen. Doch während die Unternehmens-D&O-Versicherung grundlegende Sicherheit bietet, zeigen zahlreiche prominente Fälle, dass sie gegebenenfalls nicht ausreichen kann, um individuelle Risiken vollständig abzudecken.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die persönliche D&O-Versicherung zunehmend an Bedeutung. Sie bietet nicht nur einen erweiterten Schutz für das Privatvermögen von Managern, sondern ermöglicht es ihnen auch, selbst über den Umfang und die Bedingungen ihres Versicherungsschutzes zu entscheiden.
Haftungslage für Manager: Hoch und komplex
In einer dynamischen Wirtschaft, in der Unternehmen ständig mit sich verändernden Marktbedingungen, regulatorischen Anforderungen und gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert sind, müssen Manager nicht nur strategische Entscheidungen treffen, sondern auch die rechtlichen Konsequenzen ihrer Handlungen und Unterlassungen genau im Blick behalten.
Das Haftungsrisiko für Organmitglieder ist in Deutschland weiterhin hoch. Unter Fachleuten gilt Deutschland als Dauerkandidat in den Top drei der risikoreichsten Rechtsordnungen neben den USA und Australien. Dies liegt vor allem daran, dass im Gegensatz zu anderen Märkten in Deutschland die Möglichkeit besteht, dass Unternehmen ihre Organmitglieder im Rahmen der sogenannten Innenhaftung selbst für Pflichtverletzungen und den daraus resultierenden Schäden in Anspruch nehmen.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage mit steigenden Insolvenzen ist ein weiterer Treiber für eine Haftung von Organmitgliedern in Deutschland. Wenn ein Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät und letztendlich Insolvenz anmelden muss, prüft der Insolvenzverwalter beispielsweise, ob Organmitglieder Zahlungen trotz gegebenenfalls vorzeitiger Insolvenzreife geleistet haben. Für diese Zahlungen können die verantwortlichen Organmitglieder persönlich haften. Je nach Größe und Struktur des Unternehmens sind erhebliche Zahlungsansprüche möglich.
Die D&O-Versicherung bietet Versicherungsschutz für die Haftung von Organmitgliedern gegenüber Dritten und dem eigenen Unternehmen. Hierbei ist die Leistungskomponente zweigeteilt: Der D&O-Versicherer prüft die Haftung und gewährt Abwehrrechtsschutz bei unbegründeten Ansprüchen und Freistellung von begründeten Ansprüchen.
Schwächen der D&O-Unternehmensdeckung
Die klassische Unternehmens-D&O ist als Fremdversicherung (§§ 43 ff. VVG) konzipiert. Zwar stehen die versicherungsvertraglichen Ansprüche den Führungskräften der Versicherungsnehmerin und ihrer Tochterunternehmen – den versicherten Personen – zu. Versicherungsnehmerin und damit „Herrin“ über den Vertrag ist aber das Unternehmen.
Die gemeinsame Versicherung aller Manager eines Unternehmens in einem Versicherungsvertrag hat viele Vorteile; insbesondere ermöglicht sie die kostengünstige Bereitstellung großer Versicherungssummen und vermeidet Regressstreitigkeiten zwischen mehreren an einem Schadenfall beteiligten versicherten Personen. Sie bringt allerdings auch Nachteile mit sich. Die versicherten Personen teilen sich eine Versicherungssumme. Ist sie durch Schadenfälle anderer versicherter Personen ganz oder teilweise verbraucht, steht dem Betroffenen für „seinen“ Schaden womöglich kein oder kein ausreichender Versicherungsschutz mehr zur Verfügung.
Hinzu kommt: Der einzelne Manager hat meist nur geringe Einflussmöglichkeiten auf die Ausgestaltung und den Fortbestand der Unternehmens-D&O; zumal, wenn diese über eine (ggf. ausländische) Muttergesellschaft eingekauft wurde. Besonders augenfällig wird dieses Problem, wenn Manager – wie so häufig – erst nach ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen in Anspruch genommen werden. Der Betroffene hat in diesem Fall keine Gewähr, dass für ihn noch ausreichender D&O-Versicherungsschutz besteht.
Ergänzende Absicherung über Personal D&O sinnvoll
Die skizzierten Schwächen der Unternehmens-D&O lassen sich durch eine persönliche D&O-Versicherung effektiv ausgleichen. Bei einer persönlichen D&O-Versicherung ist der Manager als Versicherungsnehmer selbst „Herr seines Vertrags“. Die Versicherungssumme steht ihm allein zu und er kann selbst über den Inhalt und Fortbestand der Police entscheiden. Bei Organen von Aktiengesellschaften ersetzt die persönliche D&O-Versicherung zudem die gemäß § 93 Abs. 2 S. 3 AktG erforderliche Selbstbehaltsversicherung.
Wichtig: Die Sinnhaftigkeit des Abschlusses einer persönlichen D&O-Versicherung hängt nicht davon ab, ob auf Unternehmensebene bereits eine D&O-Versicherung besteht. Ist das der Fall, fungiert die persönliche D&O-Versicherung als „Backup“ und tritt ein, wenn die Versicherungssumme der Unternehmensdeckung aufgebraucht (difference in limit/DIL) oder ihr Deckungsschutz weniger weitreichend als die der persönlichen D&O-Versicherung (difference in conditions/DIC) ist. Besteht auf Unternehmensebene keine Unternehmensdeckung (mehr), ist der Abschluss einer persönlichen D&O-Versicherung mit ausreichender Versicherungssumme erst recht unverzichtbar.
Individuelle Risikobewertung erforderlich
Ein weiterer wichtiger Aspekt für alle Beteiligten ist die individuelle Risikoeinschätzung. Jedes Unternehmen und jeder Manager bringen unterschiedliche Risiken und zu prüfende Aspekte mit. Daher ist es ratsam, die Risikoabsicherung durch eine unternehmensbezogene sowie persönliche D&O-Versicherung auf die spezifischen Bedürfnisse und Umstände des Einzelnen zuzuschneiden. Dies kann durch eine detaillierte Analyse der beruflichen Situation, der Branche und der möglichen Haftungsrisiken erfolgen. Ein maßgeschneiderter Versicherungsschutz kann nicht nur finanzielle Sicherheit bieten, sondern auch das Vertrauen stärken, das für eine erfolgreiche Unternehmensführung unerlässlich ist.
Bei der Beratung sollten Führungskräfte darauf achten, dass nicht nur die bestehende Unternehmensdeckung geprüft wird, sondern auch auf die Möglichkeit und die Vorteile einer persönlichen D&O-Versicherung eingegangen werden. Dabei ist es wichtig auf die spezifischen Risiken einzugehen, die möglicherweise nicht ausreichend abgedeckt sind.
Zukunftsausblick und Marktentwicklung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine persönliche D&O-Versicherung nicht nur ein „Nice to have“ ist. Angesichts der zunehmenden Haftungsrisiken, der regulatorischen Herausforderungen und der Unsicherheiten im Zusammenhang mit Unternehmensdeckungen ist der Abschluss einer persönlichen D&O-Versicherung ein wesentlicher Schritt zur Sicherung des eigenen Vermögens und zur Gewährleistung einer fundierten Risikoabsicherung. Manager sollten proaktiv handeln und sich über die Möglichkeiten der persönlichen D&O-Versicherung informieren, um im Ernstfall optimal geschützt zu sein.
Autor: Daniel Kreienkamp, Bereichsleiter Vermögensschaden-Haftpflicht, Financial Lines bei der Ergo Versicherung AG