Künstliche Intelligenz gewinnt für die Kernsysteme der Versicherer an strategischer Bedeutung. 81 Prozent der befragten Institute sehen vor allem in der Bestandsverwaltung und im Schadenmanagement die größten Einsatzmöglichkeiten. Das geht aus dem aktuellen Marktüberblick „Neue Trends im Standardsoftwaremarkt“ der PPI AG hervor. Für die Studie wurden 26 Versicherer sowie 19 Anbieter von Standardsoftware befragt, die den Kompositbereich vollständig abdecken.
Die Versicherer erhoffen sich insbesondere Effizienzgewinne. Potenzial sehen sie in der Kundenkommunikation, der Betrugserkennung, der Datenanalyse und in automatisierten Prozessen der Schadenregulierung. Größere Versicherer mit mehr als 5000 Beschäftigten möchten vor allem große Datenmengen mithilfe von KI auswerten. Kleinere Institute setzen die Prioritäten anders: Sie sehen die Vorteile vor allem im Posteingangsrouting und in der Betrugserkennung.
Softwareanbieter reagieren mit KI-Modulen
Auch die Softwarehersteller haben auf die wachsende Nachfrage reagiert. 17 der 19 untersuchten Anbieter stellen bereits mindestens ein KI-Modul bereit. Am häufigsten geht es dabei um Datenanalyse und Schadenmanagement. Viele Hersteller bieten zusätzlich Schnittstellen zu externen Modulen an. Fast die Hälfte der Anbieter hat zudem neue KI-Funktionalitäten für kommende Releases angekündigt.
„Institute, die KI jetzt systematisch einführen, werden in den kommenden Jahren im Vorteil sein“, sagt Tobias Kohl, Partner bei der PPI AG. Zugleich rücken regulatorische Rahmenbedingungen in den Fokus. Nach der europäischen Digital Operational Resilience Regulation (DORA) gilt der EU AI Act als die wichtigste Herausforderung für die IT-Strategie der Versicherer.
Veraltete Kernsysteme als Bremse
Eine große Hürde bleibt die bestehende IT-Landschaft vieler Häuser. „Viele Versicherungsunternehmen nutzen noch veraltete Kernsysteme auf COBOL-Basis“, erläutert Kohl. „Die Anbindung moderner Software erfolgt dabei oft über ein komplexes Netzwerk von Umsystemen. Dieser historisch gewachsene Flickenteppich stößt irgendwann an seine Grenzen; insbesondere, wenn mittelfristig der KI-Fokus von der reinen Effizienzbetrachtung zur Neugestaltung von Geschäfts- und Betriebsmodellen und -produkten wechseln muss.“
Die Modernisierung der Kernsysteme ist daher für viele Versicherer eine zentrale Aufgabe. Alle befragten Institute bewerten die Komplexität ihrer bestehenden Systeme als herausfordernd. 92 Prozent nennen zudem den Mangel an internen IT-Ressourcen als entscheidendes Hindernis.
Hintergrund zur Studie
Die aktuelle Untersuchung ist die fünfte Auflage der Studie „IT-Plattformen für den Versicherungsbetrieb SHUK“ (SHUK 5.0). Der Fokus liegt auf der Analyse von 19 Standardsoftware-Anbietern und deren Funktionsumfang sowie den verfügbaren Betriebsmodellen. Die neue Ausgabe legt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf den Einsatz von KI in der Versicherungsbranche.