US-Zinsen: Fed-Senkung im Dezember fast fix

Mark Dowding
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Mark Dowding, RBC BlueBay AM

Die Märkte rechnen fest mit einer US-Zinssenkung im Dezember und sehen den Führungswechsel an der Fed entspannt – ein politischer Durchgriff gilt als unwahrscheinlich. In Großbritannien dagegen kauft der neue Haushalt nur Zeit: Die Lasten werden in die Zukunft geschoben, während immer mehr Menschen dem Land den Rücken kehren.

Die Renditen von US-Anleihen sind in der vergangenen Woche weiter gesunken, da der Markt eine Zinssenkung im Dezember nach den jüngsten Äußerungen der Fed inzwischen zu 80 % einpreist. Da die Blackout-Periode der Fed an diesem Wochenende vor der Sitzung des Federal Open Market Committee am 10. Dezember beginnt und in der Zwischenzeit keine wesentlichen Daten veröffentlicht werden, bezweifeln wir, dass Powell die Märkte in der Vorweihnachtszeit überraschen will – eine Zinssenkung scheint also wahrscheinlich. 

Da die US-Wirtschaft dank Steuersenkungen, schon erfolgten Zinssenkungen, Deregulierung und KI-Investitionen bis 2026 Rückenwind spüren dürfte, stufen wir Powells voraussichtliche Zinssenkung im Dezember als seine letzte geldpolitische Maßnahme ein, bevor er im Mai sein Amt niederlegt.


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Kommentare von US-Finanzminister Scott Bessent in dieser Woche deuten darauf hin, dass die Entscheidung über den neuen Fed-Vorsitzenden kurz bevorsteht. Als Favorit wird aktuell Kevin Hassett gehandelt. Der Markt sieht in Hassett eher einen Vertreter lockerer Geldpolitik als in Kevin Warsh, Chris Waller oder Bessent selbst, was allerdings auch nicht überbewertet werden sollte. Hassett ist hoch angesehen, und wir gehen davon aus, dass alle Kandidaten einem orthodoxen geldpolitischen Ansatz treu bleiben würden. 

Zudem: Die Amtszeit des Fed-Vorsitzenden beträgt vier, maximal acht Jahre. Von diesen vier Jahren werden nur zwei mit der Präsidentschaft Trump zusammenfallen, ein Großteil davon in der Lame-Duck-Phase seiner zweiten Amtszeit. 

Vor diesem Hintergrund wird ein neuer Fed-Vorsitzender keine Entscheidungen treffen wollen, die seine gesamte Amtszeit überschatten könnten – nur um kurzfristig seinem Chef zu gefallen. Da sich die Republikaner als wichtigstem Wahlkampfthema darauf konzentriert haben, die Lebenshaltungskosten unter Kontrolle zu halten, muss die Partei einen Anstieg der Inflation verhindern, besonders vor den Zwischenwahlen im November nächstes Jahr. Deshalb gehen wir davon aus, dass das Weiße Haus in den kommenden Monaten zurückhaltender in Bezug auf die Zinssätze reagieren wird.

In Großbritannien stellte Finanzministerin Rachel Reeves nach vielen Spekulationen und durchgesickerten Informationen ihren Haushaltsplan vor. Im Wesentlichen sehen die Maßnahmen zusätzliche Staatsausgaben in naher Zukunft vor, die durch höhere Steuern in der Folgezeit ausgeglichen werden sollen, wobei der Großteil der finanziellen Belastungen erst nach dem Termin der nächsten Parlamentswahlen zum Tragen kommt.

Insgesamt wird eine Erhöhung des Budgets für Soziales um 73 Milliarden Pfund auf 406 Milliarden Pfund in den nächsten fünf Jahren durch immer höhere Steuern finanziert. Diese zusätzlichen Ausgaben könnten die Labour-Hinterbänkler etwas beruhigen, tragen allerdings kaum zum Wirtschaftswachstum bei und dürften die stagnierende Produktivität nicht voranbringen – eine der wichtigsten Ursachen für die aktuelle wirtschaftliche Schwäche des Landes.

Trotzdem erscheint ein Führungswechsel in naher Zukunft unwahrscheinlich. Nach den Kommunalwahlen im Mai nächstes Jahr könnten Rufe nach einem Kurswechsel laut werden, wenn die aktuellen Meinungsumfragen keine Verbesserung für Labour zeigen sollten.

Ausblick

Im Laufe der kommenden Woche dürfte sich der Blick der Anleger zunehmend auf die nächste Fed-Sitzung verlagern. Da keine Daten und Reden von Fed-Vertretern vorliegen, brauchen die Märkte offenbar einen neuen Impuls für die Kursentwicklung. Wir erwarten, dass der nächste Zinstermin der US-Notenbank diesen Impuls liefern wird.

An den Aktienmärkten scheint sich die Stimmung nach einigen turbulenten Wochen wieder zu beruhigen. Anfang Dezember beginnt typischerweise eine Phase geringerer Marktliquidität, die für Risikoanlagen tendenziell günstig ist.

Gleichzeitig beschäftigt uns die wirtschaftliche und politische Flaute, die nicht nur Großbritannien, sondern den größten Teil Nordeuropas zu befallen scheint. Das Narrativ von der Abhängigkeit des Sozialstaats, von höherer Steuerlast und wirtschaftlicher Stagnation verstärkt sich selbst, wenn es zu einer negativen Haltung führt und damit Investitionen und Konsum bremst.

Dazu passt, dass im vergangenen Jahr fast 700.000 Menschen Großbritannien den Rücken gekehrt haben – die höchste Auswanderungsrate seit über hundert Jahren. Damals erlebten die Menschen gerade die Nachwehen des Ersten Weltkriegs.

Heute suchen junge, ehrgeizige und produktive Menschen ihre Zukunft außerhalb Großbritanniens. Schwer vorstellbar, dass sich dieser Trend in naher Zukunft umkehren wird. Politische Entscheidungen können nicht nur den künftigen Kurs der Finanzmärkte bestimmen, sondern prägen vor allem die Zukunft der Gesellschaften, in denen wir leben.

Autor Mark Dowding ist Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management.

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