Wie hoch ist bei Ihnen die Stornoquote?
Arndt: Im Geschäftsbericht weisen wir die Stornoquote wie üblich aus – aktuell 1,3 Prozent, vor fünf Jahren waren es noch über 2 Prozent. Der Trend geht klar nach unten. Für uns wichtiger ist jedoch der Nettomittelabfluss, da MyLife keine beitragsbezogenen Kosteneinnahmen hat, sondern Erlöse aus verwaltetem Vermögen. Laufende Beiträge machen nur 25 bis 30 Prozent aus, der Rest sind Einmalbeiträge – besonders attraktiv, weil wir ab Einzahlung sofort Erträge erzielen. In diesem Sinne ist die Stornoquote sehr gering: Das Kapital bleibt meist langfristig im Vertrag, oft mit Anlagehorizont von zwölf bis 20 Jahren oder zur Vermögensübertragung.
Das heißt, rund 30 Prozent laufen über regelmäßige Beiträge?
Arndt: Genau. Die laufenden Beiträge sind wichtig, sie bilden einen stabilen Sparprozess ab – und darüber freuen wir uns natürlich. Aber das große Momentum kommt über Einmalbeiträge und Zuzahlungen. Das ist vergleichbar mit einem Investmentfonds: Nettomittelzuflüsse sind entscheidend. Deshalb schauen wir stärker darauf, wie sich die Einmalbeiträge entwickeln.
Bei den Einmalbeiträgen stehen Sie im Wettbewerb mit anderen Anbietern. Gibt es bei Ihnen nicht auch Überlegungen, die laufenden Beiträge zu erhöhen?
Arndt: Aber nicht zulasten der Einmalbeiträge. Ich erkläre es gern mit einem Bild: Das große Geschenk zu Weihnachten ist für uns der Einmalbeitrag – sofort da und ab Einzahlung ertragsstark. Laufende Beiträge sind wichtig und wachsen kontinuierlich, aber niemand weiß, ob sie in 12 oder 17 Jahren noch gezahlt werden. Üblicherweise liegt ihr Anteil bei rund einem Drittel. 2024, unserem besten Jahr überhaupt, machten sie relativ nur ein Viertel aus – weil die Einmalbeiträge so stark zulegten. Insgesamt sind wir um mehr als 30 Prozent gewachsen.
Kommen wir zum Thema Nachhaltigkeit. Wie bewerten Sie dieses im Lebensversicherungs- und Investmentmarkt – und welche Rolle spielt der Rüstungssektor?
Arndt: Auf unserer Plattform stehen mehr als 9.000 Investmentmöglichkeiten zur Verfügung, knapp die Hälfte davon erfüllt ESG-Kriterien nach Artikel 6, 8 oder 9. Damit bieten wir wohl die größte ESG-Auswahl in Deutschland. Der Makler kann gemeinsam mit dem Kunden das Portfolio so gestalten, wie es passt. Wir selbst halten uns aus der Entscheidung heraus – das ist Sache von Makler und Kunde, inklusive Eignungs- und Angemessenheitsprüfung. Natürlich sehen wir, dass mittlerweile auch Rüstungs-ETFs auf den Markt kommen und in Portfolios Eingang finden. In großen Indizes sind Rüstungsunternehmen inzwischen so stark vertreten, dass sie automatisch in ETFs abgebildet werden. Das fließt dann entsprechend in die Depots ein.
Welche Relevanz hat Nachhaltigkeit bei Ihrer Schwester Honorarkonzept?
Arndt: Grundsätzlich gilt: Wir als Mylife wollen nachhaltig handeln und uns stetig verbessern – auch im ökologischen Sinne. Nachhaltigkeit bedeutet für uns aber auch, Versicherungsschutz sehr kostengünstig anzubieten. Denn wenn Produkte teuer und ineffizient wären, wäre das nicht nachhaltig. Was die Investmententscheidungen betrifft, positionieren wir uns neutral – sowohl Mylife als auch Honorarkonzept. Unser Anspruch ist, maximale Angebotsvielfalt bereitzustellen. So können Makler und Kunden selbst auswählen, was zu ihren Vorstellungen passt.
Ein anderes Thema: digitale Transformation. Welche Herausforderungen sehen Sie hier?
Arndt: Wir begrüßen die digitale Entwicklung und investieren stark. Unsere Portale für Kunden und Makler sind auf Bankdepot-Niveau: Kunden haben jederzeit online Einblick, Makler können Verträge direkt managen – von Zuzahlungen bis Fondswechsel, ohne Kundenservice. 40 bis 45 Prozent unserer Verträge laufen bereits komplett digital, bei der Kommunikation liegt der Anteil noch höher: Rund 60 Prozent wollen alle Dokumente direkt im Portal. Damit zählen wir zu den Vorreitern der Branche.
Wie sieht Ihre digitale Agenda aus?
Arndt: Unsere Leitlinie: Daten nur einmal eingeben – idealerweise direkt beim Makler im Kundengespräch – und sie laufen durch alle Systeme. Diesen Prozess wollen wir noch digitaler machen, unterstützt durch wachsende Kundenzustimmung: Vor zehn Jahren wollte man Papier, heute fast ausschließlich das Kundenportal. Wichtig ist zudem Cyberschutz: Wir investieren stark, um Daten absolut sicher zu halten. Auch KI spielt eine Rolle, etwa um Infos aus Altverträgen schnell zugänglich zu machen. Für uns bleibt sie ein Werkzeug zur Unterstützung – den persönlichen Berater ersetzt sie nicht.
Lebensversicherer gelten häufig als teuer und ertragsschwach. Wie begegnen Sie diesem Vorurteil?
Arndt: Ehrlich gesagt: Es ist mir inzwischen egal, weil wir seit Jahren beweisen, dass es auch anders geht. Unsere Produkte sind transparent und kostengünstig. Wer unsere Basispunkte kennt, sieht sofort, wie stark sich das bei der Rendite auswirkt. Natürlich hat die Branche lange Zeit mit Modellen gearbeitet, die nicht immer kundenfreundlich waren. Aber die Aktivitäten der BaFin rund um „Value for Money“ zeigen, dass ein Umdenken eingesetzt hat. Wir sind da strategisch gut positioniert – auch, weil wir nicht nur als MyLife wachsen, sondern über unsere Investmentplattformen Kooperationen mit anderen Versicherern ermöglichen. Ein Beispiel ist die Zusammenarbeit mit HDI und dem Produkt „Private Invest“. Solche Kooperationen werden wir weiter ausbauen.
Kritiker sagen, ETFs seien ausreichend – warum braucht es dann noch die Lebensversicherung?
Arndt: ETFs sind eine gute und günstige Geldanlage, entscheidend ist aber die laufende Anpassung. Märkte und Trends ändern sich – vor fünf Jahren lag der Fokus auf Nachhaltigkeit, heute teils auf Rüstung. Deshalb braucht es jemanden, der die Allokation im Blick behält, ob mit ETFs oder aktiven Fonds. Bei uns laufen 70 bis 80 Prozent des Geschäfts über ETFs. Wichtig bleibt der Versicherungsmantel: Er bietet Altersvorsorge ohne Abgeltungssteuer, flexible Anpassungen und steuerlich begünstigte Rentenoptionen. Zudem sorgt er für mehr Disziplin – reine ETF-Sparpläne im Depot halten oft nur fünf bis sechs Jahre, Verträge dagegen deutlich länger.
Sie sind Anbieter von Nettotarifen. Warum entscheiden sich Kunden für oder gegen Sie?
Arndt: Ich hoffe natürlich, dass Kunden sich für uns entscheiden – sonst hätten wir nicht dieses Wachstum. Der größte Hebel ist Einfachheit: Zahlen Sie 100 Euro ein, stehen 100 Euro im Vertrag. Abgezogen werden nur 20 bis 45 Basispunkte pro Jahr plus drei bis fünf Euro monatlich. Mehr nicht. Das versteht jeder. Dazu kommt Transparenz: Im Portal sieht der Kunde live, was passiert – etwa den Kauf von Fondsanteilen. Keine komplizierten Rückkaufswerte, keine versteckten Berechnungen. Diese Nachvollziehbarkeit wird sehr geschätzt. Provisionen lehnen wir nicht ab, sie haben ihren Platz. Wichtig ist nur, dass sie offengelegt werden. Beratung war nie gratis, sie wurde immer über Provisionen eingepreist.
Wie bekannt ist die Option einer Nettoversicherung überhaupt?
Arndt: Schwer zu sagen, vermutlich noch nicht sehr. Unser Marktanteil bei fondsgebundenen Versicherungen liegt bei 1,35 Prozent, also Platz 20. Heißt: 98,65 Prozent der Kunden kaufen andere Produkte. Aber das wird sich ändern – weil wir unsere Plattform auch anderen Anbietern öffnen und eine echte Depot-Alternative bieten: transparent, nachvollziehbar, flexibel. Mit neuen Produkten wie Aktiv- oder Frühstarterrente wächst der Fokus auf Transparenz. Am Ende muss der Kunde sein Produkt verstehen und erklären können – oft ist das bisher nicht so.
Wäre ein Frühstarter-Produkt für Jüngere nicht auch ein Ansatz für Sie?
Arndt: Verlockend wäre das schon. Aber als kleiner Versicherer müssen wir darauf achten, dass wir mit den Kosteneinnahmen unsere Leute bezahlen können. Eine Frühstarterrente ist in erster Linie ein Marketinginstrument. Sie rechnet sich erst nach vielen Jahren. Wir haben uns deshalb entschieden, aktuell kein Angebot in diesem Bereich zu machen. Stattdessen sehen wir noch enormes Potenzial in der Boomer-Generation – also bei den 50- bis 60-Jährigen, die kurz vor dem Renteneintritt stehen. Mit einem Marktanteil von 1,35 Prozent ist da für uns noch reichlich Luft nach oben.
Aber Sie könnten Ihre Bestandskunden doch gewinnen, für ihre Kinder oder Enkel ein Frühstarter-Modell abzuschließen?
Arndt: Das könnten wir. Aktuell ist es aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll.
Seite 4: „Zum ersten Mal entwickeln wir als White-Label-Partner ein Produkt“









