Jens Arndt: „Gleichrichtung der Interessen statt Provisionsverbot“

Foto: Mylife
Jens Arndt, Vorstandsvorsitzender von Mylife.

Nachdem in der deutschen Finanzbranche zuletzt intensiv über einen Provisionsdeckel oder einen Provisionsrichtwert bei Lebensversicherungen debattiert wurde, soll nun ein generelles Provisionsverbot in den Bereichen Investment- und Versicherungsanlageprodukte aus Brüssel im Raum stehen. Doch es braucht keine Verbote, sondern transparente Lösungen und Konzepte. Von Jens Arndt, CEO der Mylife Lebensversicherung AG.

Die EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness hat mit ihrer Retail-Investment-Strategie für einen Paukenschlag gesorgt. Nachdem in der deutschen Finanzbranche zuletzt intensiv über einen Provisionsdeckel oder einen Provisionsrichtwert bei Lebensversicherungen debattiert wurde, soll nun ein generelles Provisionsverbot in den Bereichen Investment- und Versicherungsanlageprodukte aus Brüssel im Raum stehen.

Die Europäische Kommission sieht dies als möglicherweise notwendigen Schritt zur Vermeidung von ihrerseits identifizierten potentiellen Fehlanreizen beim Vertrieb von Lebensversicherungen an. Nach Einschätzung der Kommissarin ist es trotz regulatorischer Bemühungen bislang nicht gelungen, wesentliche Verbesserungen hin zu einer vermehrt unabhängigen Finanzberatung zu erreichen. Immer noch würden Produkte überwiegend über Provisionen vertrieben und insbesondere gegenüber Kleinanlegern mit häufig zu hohen vertrieblichen Kosten verkauft.

Der Finanz- und Versicherungsmarkt soll sein System schon laut IDD-Gesetzgebung stärker an den Kundeninteressen ausrichten. Wenn dieser gesetzliche Appell nicht von allein nachweislich und langfristig zu Verbesserungen führt, dann müssen aus Brüsseler Sicht im Notfall auch Verbote ausgesprochen werden.

Hier geht es um keine Kleinigkeit

Es geht hier also um keine Kleinigkeit. Vielmehr steht ein fundamentaler Eckpfeiler des deutschen Versicherungs- und Finanzsystems mit großer Sogwirkung auf dem Spiel. Gleichzeitig muss allen Provisionsgegnern klar sein, dass die Branche mit ihrem historisch gewachsenen und etablierten System einen wichtigen sozialen Beitrag zur Absicherung von Risiken und zur Bildung von Altersvorsorgevermögen leistet. Den Bedarf des jeweiligen Kunden mit den vielfältigen Möglichkeiten und den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen gerade im Bereich der Vermögens- bzw. Altersvorsorge in Einklang zu bringen, macht eine Beratung notwendig, die letztendlich auch bezahlt werden muss – sei es über Provision oder Honorar.

Dabei bin ich fest überzeugt, dass wir kein EU-weites Verbot oder weitere Beschränkungen brauchen. Vielmehr brauchen wir transparente Lösungen und Konzepte, die für Kunden, Vermittler und Anbieter identische Anreize beinhalten. Eine Gleichrichtung der Interessen aller Beteiligten sowie Transparenz sind wesentliche Schlüssel zum Erfolg.

Jeder Fall braucht eine individuelle Lösung

Aus einem möglichst großen Angebot an Produkt-, Service- und auch Vergütungskonzepten frei zu wählen, ist für Kunden und Vermittler wichtig, da jeder individuelle Fall eine individuelle Lösung benötigt. Makler haben dabei den Vorteil, dass sie auf Basis der IDD-Gesetzgebung ebenso schrittweise in die Honorarberatung einsteigen können, ohne gewohntes Provisionsterrain sofort verlassen zu müssen. Sie können hybrid arbeiten und für sich und den jeweiligen Kunden je nach Beratungs- und Produktsegment situativ entscheiden, ob sie eine Provisions- oder Honorarlösung wählen.

Finanzberater sind Unternehmer. Und die meisten befassen sich fortlaufend damit, wie sie Kundenbedürfnisse am besten bedienen und dabei entlang der laufenden Marktentwicklung mit ihren persönlichen Stärken und einem geeigneten Konzept ihren wirtschaftlichen Erfolg am besten generieren können.

Fern ab der Frage nach der Beratungsqualität bietet das Netto- und Honorargeschäft im Vergleich zum Provisionsmodell für die Berater mehr Optionen. Der Preis für den eigenen Beratungs-, Vermittlungs- und späteren Betreuungsaufwand unter Berücksichtigung der eigenen Geschäftskosten kann über ein Honorarmodell individuell abgebildet werden. Die typische Stornohaftung und etwaige Provisionsrückforderungen gibt es nicht. Und dies auch völlig zurecht. Der Finanzberater hat eine Beratung geleistet, hat Aufwendungen gehabt und hat erfolgreich ein Produkt vermittelt oder laufend betreut. Der Kunde hat alles transparent dargestellt bekommen und ihn entsprechend beauftragt. Daher werden die erbrachten Leistungen auch bezahlt.

Die direkte Verbindung zwischen Entgelt und Leistung

Durch diese direkte Verbindung zwischen Entgelt und Leistung kann zwischen dem Finanzberater und dem Kunden eine engere Beziehung entstehen. Der Finanzberater kann seinen Leistungsumfang besser auf den jeweiligen Kunden abstimmen und dadurch einen angemessenen Preis festlegen. Das Provisionssystem bietet dazu meist weniger Spielraum.

Nun wird in der öffentlichen Diskussion häufiger angemerkt, dass sich insbesondere Geringverdiener eine Honorarberatung nicht leisten können. Aber eine Beratung gegen Provision schon? Im Endeffekt muss ein Beratungsaufwand vergütet werden: Ob nun gegen Provision oder gegen Honorar.

Die Honorarberatung fußt auf einem anderen Geschäftsmodell

Wichtig ist, zu verstehen, dass die Honorarberatung auf einem anderen Geschäftsmodell fußt. Hier müssen Kunden für kostengünstige und flexible Nettoversicherungen nicht zwingend hohe Abschlussvergütungen zahlen. Neben der Möglichkeit eines Abschlusshonorars kann das laufende Entgelt sich an der Entwicklung des Vertragsguthabens bzw. der Vermögenswerte des Kunden orientieren oder von laufenden Serviceleistungen abhängig gemacht werden. Ein solches Modell fördert die Gleichrichtung der Interessen von Vermittler und Kunde, da letztendlich Kunde und Berater das Ziel eines Vermögenszuwachses verfolgen.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
2 Comments
Inline Feedbacks
View all comments