Verbraucherschützer warnen: Gesetzesänderung schwächt Widerrufsrechte bei Versicherungen

Foto: Achenbach /BdV
Stephan Rehmke: "Künftig bleiben selbst gravierende Verstöße gegen Informationspflichten nahezu folgenlos."

Eine Gesetzesänderung zum Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen sorgt für Kritik. Verbraucherschützer warnen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher künftig schlechter gestellt sind und kaum noch Chancen haben, fehlerhafte Verträge rückgängig zu machen.

Die Reform des Verbrauchervertrags- und Versicherungsvertragsrechts begrenzt das Widerrufsrecht deutlich stärker als bisher. Künftig endet die Frist nach spätestens zwölf Monaten und 14 Tagen, bei Lebensversicherungen nach 24 Monaten und 30 Tagen – auch dann, wenn Vertragsinformationen falsch oder unvollständig sind. Der Bund der Versicherten (BdV) kritisiert, dass Verbraucherinnen und Verbraucher damit einen wichtigen Schutz verlieren.

Bisher konnten Versicherte fehlerhafte Verträge auch Jahre später widerrufen, solange sie nicht korrekt informiert worden waren. Gerade bei Lebensversicherungen bot dies eine Möglichkeit, sich ohne hohe Verluste von einem Vertrag zu lösen. Versicherer hatten zwar die Möglichkeit, mit einer nachträglichen Belehrung die Frist von 30 Tagen in Gang zu setzen, machten davon aber kaum Gebrauch. Stattdessen versuchten viele, Widerrufsrechte juristisch abzuwehren. Das führte zu massenhaften Klagen und uneinheitlichen Gerichtsurteilen.


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BdV-Vorstand Stephen Rehmke findet deutliche Worte: „Die bisherige Regelung zum Widerrufsrecht war einfach und konsequent. Jetzt zieht der Gesetzgeber weichgekocht vom ewigen Lamenti der Versicherer und der Justiz dem Verbraucherschutz den Stecker. Künftig bleiben selbst gravierende Verstöße gegen Informationspflichten nahezu folgenlos.“

Komplexere Belehrungen statt klarer Informationen

Kritik gibt es auch an der Gestaltung der Widerrufsbelehrungen. Das vom Gesetzgeber vorgegebene Muster ist inzwischen auf mehr als 2.500 Wörter angewachsen. In normaler Schriftgröße umfasst es knapp vier Seiten und beschreibt detailliert, wie Verbraucherinnen und Verbraucher prüfen können, ob alle Vertragsinformationen vorliegen.

Damit entfernt sich der Gesetzgeber nach Ansicht des BdV von der europarechtlich geforderten „klaren, verständlichen und eindeutigen“ Information. Statt Orientierung zu geben, überfordere der Text die Versicherten. „Ein solcher information overload ist ein beliebtes Mittel der Desinformation. Ein Verbraucher bekommt den Eindruck, dass der kleingedruckte und von Rechtsbegriffen durchtränkte Text nur für Vertragsjuristen da ist, aber kein zentrales Verbraucherrecht beschreibt. Das Widerrufsrecht verkommt zur leeren Hülle,“ sagt Rehmke.

BdV fordert Stärkung statt Einschränkung

Der BdV fordert daher, das Widerrufsrecht konsequent am Schutzzweck auszurichten. Verbraucherinnen und Verbraucher müssten darauf vertrauen können, dass Vertragsinformationen vollständig und korrekt sind. Die Einschränkung der Widerrufsmöglichkeiten gehe in die falsche Richtung und begünstige allein die Finanzwirtschaft. Seine Kritik hatte der BdV bereits in einer Stellungnahme an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingebracht.

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