Der Klimawandel verändert die Risikolage für Waldbesitzer massiv. Wie haben sich Schadenhäufigkeit und -intensität in den letzten Jahren entwickelt? Wo liegen die Herausforderungen.
Wiese: Der Wald ist Naherholungsgebiet, Lebensraum, Wirtschaftsfaktor – deshalb muss uns allen daran gelegen sein, den Wald zu schützen. Extremwetter wie Hitze, Trockenheit und Stürme belasten den Wald leider – wobei laubholz orientierte Mischwälder damit grundsätzlich besser zurechtkommen – wenngleich auch diese Bestände darunter leiden. Im Jahr 2023 verbrannten in Deutschland rund 1240 Hektar Wald – über 1700 Fußballfelder – deutlich mehr als der langjährige Durchschnitt von 859 Hektar. Das geht aus der Waldbrandstatistik des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) hervor.
Im bisherigen Rekordjahr 2022 gingen sogar 3000 Hektar Wald in Flammen auf. Das entspricht der Fläche der gesamten Nordseeinsel Borkum. Besonders betroffen ist traditionell die norddeutsche Tiefebene mit ihren großen Kieferbeständen. Weitere Herausforderungen insbesondere für die Feuerwehr sind alte Munition von früheren militärischen Übungsgeländen. Von diesen sogenannten „Altlasten“ ist zum Beispiel das Bundesland Brandenburg besonders betroffen.
Die Axa spricht in der Pressemitteilung von einer deutlich gestiegenen Brandgefahr. Wie hoch ist das reale Risiko für Waldbesitzer heute im Vergleich zu früher?
Wiese: Früher gab es eher alle 10 Jahre größere Waldbrände. In den letzten Jahren sehen wir, dass diese gehäufter auftreten. Und zwar auch in Regionen, wo das früher nur selten vorkam – wie beispielsweise in Hessen oder in Mittelgebirgslagen. Perspektivisch ist davon auszugehen, dass durch vermehrtes Extremwetter wie Hitze und Trockenheit auch die Brandgefahr weiter steigt. Wir sehen die Absicherung von Waldbesitzenden gegen Brand, Sturm und Haftungsrisiken als essenziell an, um sich vor enormen Vermögensverlusten und hohen Kosten zu schützen.
Welche Folgen haben die Entwicklungen für die Risikobewertung und Prämienkalkulation?
Wiese: Wie sich die Lage langfristig entwickelt, ist schwer vorauszusehen. Aktuell sehen wir die Lage als stabil an. Die weitere Entwicklung hängt von vielen Faktoren ab, neben dem langfristig höheren Risiko durch Extremwetter, unter anderem auch von möglichen Verbesserungen der Prävention, vermehrter Pflanzung klimaresilienter Baumarten und so weiter.
Wir sehen bei den Waldbesitzenden die Tendenz, dass verstärkt klimaresiliente Bäume gepflanzt werden. Das passiert auch durch unsere Aufklärungsarbeit und auch dank unserer Entschädigung, die oftmals die Anlage einer teuren Mischkultur mit hohen Laubholzanteilen erst möglich macht. Dies macht mich stolz. Ich wünsche mir, dass mein Enkelkind auch noch solche – oder sogar schönere – Wälder in der Zukunft genießen kann.
Welche konkreten Leistungen umfasst die Waldversicherung der Axa, etwa bei Brand, Sturm oder Käferbefall? Und wie sieht die Absicherung bei der Wiederaufforstung nach einem Schadenfall aus?
Wiese: Wir bieten Waldbesitzenden Versicherungsschutz gegen Brand, Sturm und Haftungsrisiken. Schädlingsbefall ist im Markt in der Regel kein versicherbares Risiko. Allerdings ist zu beachten, dass zum Beispiel unsere Tipps zur klimaresilienten Aufforstung, den Wald nicht nur resistenter gegen Extremwetter machen, sondern auch das Risiko für Schädlingsbefall zumindest vermindern; wenn es den Bäumen gut geht, sind sie auch widerstandsfähiger. Nach Brand oder Sturm ersetzen wir den Vermögensverlust. Wir versichern den aktuellen Sachwert des Baumbestandes.
Mit fortschreitendem Alter des Waldes steigt dann auch die Versicherungssumme. Die baumartenbezogene Versicherungssumme pro Hektar wächst mit dem Alter des Waldes– von anfänglich 5000 Euro auf beispielsweise bis zu 20.000 Euro für einen Kiefern-Altbestand, bei der Eiche teilweise auf 35.000 Euro und auch mehr. Wichtig zu wissen ist, dass Waldbesitzende zur Wiederaufforstung gesetzlich verpflichtet sind. Wir zahlen nicht die Wiederaufforstung selbst, aber wir helfen dabei, sie finanzieren zu können, indem wir den Vermögensverlust des Waldbesitzers ersetzen.
Wie differenziert ist die Produktgestaltung im Hinblick auf unterschiedliche Waldbesitzgrößen und -typen– vom privaten Kleinwaldbesitzer bis zum kommunalen oder gewerblichen Forstbetrieb?
Wiese: Wir bieten verschiedene Produkte an, um für die unterschiedlichen Zielgruppen jeweils eine optimale Absicherung zu ermöglichen: Für Waldbesitz bis 25 Hektar über einen Onlinerechner über unsere Website axa.de. Für Einzelwaldbesitz, Einzelforstbetriebe oder forstliche Zusammenschlüsse mit einem Wald ab 25 Hektar wird individuell kalkuliert.
Axa fördert einen Lehrstuhl an der Universität auf Kreta. Warum dort? Und wie fließen die dort gewonnen Erkenntnisse in Präventionsmaßnahmen aktiv mit ein, etwa in die Beratung, Risikoanalysen oder Anreize für klimaresiliente Aufforstung?
Wiese: Die globale Wissenschaftsphilanthropie von Axa – der Axa Research Fund – unterstützt die Wissenschaft, um zum gesellschaftlichen Fortschritt beizutragen, und ermutigt Forschende, ihre Arbeiten einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Seit seiner Gründung im Jahr 2008 wurden mehr als 750 Forschungsprojekte mit über 260 Millionen Euro gefördert. Die Axa-Stiftungsprofessur fördert bedeutende Projekte, die von erfahrenen Akademiker geleitet werden. Professor Dr. Apostolos Voulgarakis ist als weltweit renommierter Experte für Atmosphärenwissenschaften und Waldbrände an der Technischen Universität Kreta tätig, die besonders von mediterranen Waldbränden betroffen ist. Dort leitet er das Labor für Klimawandel und Atmosphärenumfeld sowie die Stiftungsprofessur.
Der Axa Research Fund trägt dazu bei, wissenschaftliches Wissen über Waldbrände an relevante Interessengruppen zu verbreiten. Die offene Masterclass von Dr. Voulgarakis, die vom AXA Research Fund durchgeführt wurde, hat rund 50.000 Aufrufe erreicht: https://www.youtube.com/watch?v=lqoZC8aWjBU&list=PLbLfQYSzQ-h1MOonF9jCcbVT8yOyZ0GU3. Dr. Voulgarakis arbeitet mit Axa-Experten aus verschiedenen Teams zusammen, um ihnen zu helfen, die Risiken von Waldbränden besser zu verstehen und zu managen, indem er Einblicke in modernste Forschung und wissenschaftliche Perspektiven bietet.
Wo liegen derzeit bei der Waldversicherung die vertrieblichen Herausforderungen?
Wiese: Waldbesitz ist immer Leidenschaft, daher ist das Waldgeschäft auch immer mehr als nur Geschäft. Es gibt viele kleine Waldbesitzende, die sehr heterogen sind. Einige brauchen die Erträge, andere nicht, dadurch ergeben sich sehr unterschiedliche Absicherungs- und auch Beratungsbedarfe. Gleichzeitig arbeiten wir aber auch mit forstlichen Zusammenschlüssen, die den Waldbesitz von vielen kleinen Eigentümern vereinen.
Wir bieten die Waldversicherung sowohl über unseren Ausschließlichkeitsvertrieb, als auch über Maklern und Online an. Vor allem beim Thema Haftpflichtversicherung für Waldbesitzende gibt es vielerorts noch Versicherungslücken und dadurch auch Wachstumschancen für Vermittlerinnen und Vermittler. Vielen Waldbesitzenden sind die Haftungsrisiken offenbar noch nicht klar genug bewusst, denen sie ausgesetzt sein können. Wenn der Wald durch Extremwetter geschwächt ist, steigt das Risiko eines Sturmschadens. Je mehr schadhafte Bäume im Bestand, desto größer auch die Gefahr, dass zum Beispiel ein Baum auf eine angrenzende Straße stürzt und einen Verkehrsunfall verursacht. Für die dadurch entstandenen Sach- und Personenschäden kann der Waldbesitzer unter Umständen haftbar gemacht werden. Das Besondere an der Waldversicherung ist, dass man es mit Menschen zu tun hat, die sich mit sehr viel Leidenschaft für ihren Wald engagieren und die damit ja auch etwas Gutes für die Gesellschaft tun. Es ist schön, als Versicherer und als Vermittlerin oder Vermittler dazu beitragen zu können, unseren Wald zu schützen.