Akquise: Mit Leads auf Kundenfang

Cash. hat sich neben den Anbietern auch mit drei Beratern unterhalten, die Erfahrungen mit Leads gesammelt haben. Makler Tobias Maurer, der nicht mit seinem richtigen Namen genannt werden möchte, arbeitet seit dem Jahr 2004 mit Leads und hat knapp 600 davon zu Ende bearbeitet. Er habe sich nach einigen Versuchen bald von den PKV-Leads abgewandt, weil für ihn die Erfolgschancen nicht in einem vernüftigen Verhältnis zum Preis stünden.

Auch Leads für Baufinanzierungen hätten sich als Flop erwiesen, da die Interessenten zuvor häufig von mindestens einer Bank abgewiesen worden seien. Hauptsächlich erwerbe er Leads für Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) und für die Altersvorsorge. Aber auch hier schränkt Maurer den Leadskauf ein: „Ich kaufe beispielsweise keinen BU-Lead mehr von einem Kunden über 40, weil hier die Quote der Ablehnungen wegen der Vorerkrankungen sehr hoch wird.“

Maurers Bilanz aus sechs Jahren Leadserfahrung: 20 Prozent hat er reklamieren müssen, vom Rest hat jeder Fünfte etwas abgeschlossen. Der Makler nennt konkrete Zahlen: „Circa 300 Euro Kosten im Einkauf stehen durchschnittlich 1.000 Euro Provisionen gegenüber, häufig auch über Cross-Selling erwirtschaftet“, rechnet er vor. Maurer gibt zu: „Wenn man die Arbeitszeit der erfolglosen Fälle dazu rechnet, lohnt sich das Ganze kaum noch. Entscheidend sind daher auch die Empfehlungen der Lead-Kunden.“

Außerdem sei es sein Ziel, langfristig Ansprechpartner für seine Kunden zu werden, damit sie nicht beim nächsten Bedarf wieder ins Internet gehen. Aber er zeigt sich enttäuscht von der Entwicklung der Qualität der Leads, die gerade im Jahr 2009 abgenommen hat: „Meine Stornoquote ist in diesem Jahr schon auf 32 Prozent angestiegen.“

Unterdessen haben sich der geschäftsführende Gesellschafter der Lohfeldener Fiduxx GmbH Martin Weighardt und Frank Dietrich, Geschäftsführer der Premium Circle Berlin GmbH, Berlin, bewusst gegen den Kauf von Leads entschieden. Beide haben selbst ein paar Jahre mit Leads gearbeitet.

„Ich kaufte vor Jahren pro Monat bis zu 200 Leads. Ich war ständig auf Achse und gehetzt, bloß um als Erster den Kunden in ein Gespräch zu ziehen und den Termin zu bekommen. Die Beratung konzentrierte sich neben einigen Produktmerkmalen meist mehr auf den Beitragsvergleich“, berichtet Dietrich.

„Durch die Anonymität und das Internet wird der Vermittler gezwungen, schnell zu arbeiten und nicht ausführlich zu beraten, was das Haftungsrisiko enorm erhöht“, sagt er weiter. „Ich habe Leute kennengelernt, die im Monat 30.000 Euro für Leads ausgegeben haben“, so Weighardt. Auf die Frage, ob der Vermittler oder Makler die Kosten mit Umsatz wieder wettmachen kann, sagt er, dass das durchaus möglich ist. „Beispielsweise wenn jemand 6.000 MB schreibt (Bewertung für die Krankenversicherung) und eine Provisionsstufe von sieben bekommt, hat er 42.000 Euro. Davon ziehen Sie 30.000 Euro ab, dann bleiben immer noch 12.000 Euro übrig.“

Das Geschäft sei aber aufgrund des schnellen Verkaufens sehr stornoanfällig, er kenne Leute, die mit 30 bis 40 Prozent Stornoquote zu kämpfen hatten. „Es wurde nicht beraten, sondern, einfach ausgedrückt, nur verkloppt“, bringt Weighardt es auf den Punkt. „Es gibt keine Krankenversicherung für 59 Euro! Das müsste eigentlich jeder normale Mensch wissen. Aber wir hatten genau solche Fälle – 160 Euro für einen Lead bezahlt und beispielsweise einen Imbissbudenbesitzer, der sagt, er wolle ausschließlich die Krankenversicherung für 59 Euro. Versuchen Sie dem mal klarzumachen, dass es das nicht gibt“, schimpft er auf die Lockangebote.

Empfehlung als Alternative

EmpfehlungAufgrund seiner Erfahrung oder gerade deswegen betont Dietrich, dass er Leads nicht grundsätzlich ablehnt. „Jeder muss mit der Beratung irgendwo anfangen und das muss ja nicht bei jedem in der eigenen Familie sein, wie das in manchen Vertrieben üblich ist. Mal einen Datensatz zu kaufen, ist sicherlich nicht das Problem.“ Weighardt und Dietrich arbeiten nur noch über Empfehlungen. „Die Empfehlung als Gegensatz zum Leadskauf ist weitaus interessanter. Es bleibt Zeit, den empfohlenen Kunden in Ruhe und umfänglich zu beraten. Aus dieser Beratungsqualität erfolgt, auch wenn man nicht fragt, die Empfehlung“, sagt Dietrich.

Lesen Sie auf Seite 6, was der Makler Interessentin Silke Bauer angeboten hat

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