Gerichtsurteil: AWD darf sich nicht unabhängig nennen

Der Finanzvertrieb AWD darf nach einem Urteil der Richter vom Landgericht Hannover nicht weiter damit werben, unabhängig zu sein. Geklagt hatte mit der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) ein Branchenwettbewerber. Der AWD kündigte an, in Berufung zu gehen.

Unabhängig davon könnte der AWD womöglich gezwungen werden, seine Werbestrategie zeitnah anzupassen. Würde die DVAG eine sofortige Umsetzung des noch nicht rechtskräftigen Urteils verlangen, müssten die Hannoveraner binnen eines Monats ihre Online-Werbung ändern und binnen drei Monaten alle sonstigen Werbeflächen. Der bekannte Slogan: „AWD – Ihr unabhängiger Finanzoptimierer“ hätte dann erstmal ausgedient. Genauso wie die Claims „Europas Nummer 1 zur unabhängigen Finanzoptimierung“ und „unabhängige ganzheitliche Finanzberatung“.

DVAG erwägt vorzeitige Vollstreckung des Urteils

Bei der DVAG ist die Entscheidung, auf vorläufige Vollstreckung des Urteils zu setzen, noch nicht endgültig gefallen. Unternehmenskreise äußerten gegenüber cash-online aber bereits, dieser Option nicht abgeneigt zu sein. Eine Sicherheitsleistung in Höhe von drei Millionen Euro müsste sich das Unternehmen den Schritt allerdings kosten lassen ? ohne jegliche Gewissheit, wie die Richter in den weiteren Instanzen entscheiden werden.

Das Gericht begründete sein Urteil mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit des AWD von seiner Konzernmutter, dem Lebensversicherer Swiss Life. Seit Firmengründer Carsten Maschmeyer den AWD verlassen habe, sei der Einfluss der Schweizer noch stärker geworden. Grundsätzlich entscheide aber ohnehin weniger, welchen Einfluss der Mutterkonzern de facto ausübt, sondern vielmehr welche Möglichkeiten er durch die Beherrschung der Tochter theoretisch habe, so die Richter.

Richter sehen AWD durch Swiss Life beeinflusst

Auch auf Beratungsebene bewertete das Gericht den AWD nicht als unabhängig. Der Grund liege in der hierarchischen Struktur des Vertriebs. Zudem biete auch die vom Unternehmen verwendete Beratungs-Software Möglichkeiten, Vermittler zu beeinflussen. Die 6.000 AWD-Finanzberater nutzen ein einheitliches Computerprogramm.

Ein AWD-Sprecher betonte indes gegenüber cash-online, sein Unternehmen werde seine Kunden auch weiterhin „unabhängig und ganzheitlich“ beraten. Der AWD habe seit letztem Jahr ohnehin verstärkt mit dem Claim „Mehr Netto“ geworben.

Die Richter verurteilten kurioserweise auch die DVAG, ihre Werbung zu ändern. Sie untersagten dem Unternehmen, sich mit den Slogans „weltweite Nummer 1 der eigenständigen Finanzvertriebe“ und „weltweit größter eigenständiger Finanzvertrieb“ zu vermarkten. Der Konzern habe nicht nachweisen können, global tatsächlich an erster Stelle zu stehen, außerdem agiere er lediglich in Europa, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die DVAG erklärte, keine Probleme damit zu haben, sich von ihren Slogans zu trennen.

Der AWD hatte gegen die Verwendung der Werbebotschaften geklagt. (hb)

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