Honorarberatung? Versicherungsmakler? Eine Standortbestimmung

Foto: AfW
Norman Wirth

Dürfen Versicherungsmakler gegenüber Privatkunden alternative Vergütungsmodelle nutzen? Diese Frage wurde noch vor einigen Jahren von der Mehrheit der Fachleute und Marktteilnehmer bis hin zu Aufsichtsbehörden und Verbänden deutlich mit “Nein!” beantwortet. Zum Frust vieler Makler. Gastbeitrag von Rechtsanwalt Norman Wirth

Dürfen Versicherungsmakler gegenüber Privatkunden alternative Vergütungsmodelle nutzen? Diese Frage wurde noch vor einigen Jahren von der Mehrheit der Fachleute und Marktteilnehmer bis hin zu Aufsichtsbehörden und Verbänden deutlich mit “Nein!” beantwortet. Zum Frust vieler Makler. Gastbeitrag von Rechtsanwalt Norman Wirth

Honorarberatung dürfen nur Versicherungsberater! Diese Mär ist immer wieder zu lesen. Bevor ich dazu komme, warum das eine Mär ist, lassen Sie mich aus einer anderen Richtung anfangen. Was ist denn überhaupt Honorarberatung? Ein Begriff, der nicht legal definiert ist und daher so unendlich viel Spielraum auch für Auslegungen und polemische Meinungsäußerungen lässt. Wie könnte man Honorarberatung aber definieren? Das, was ein Anwalt, Arzt oder Steuerberater macht, ist häufig Honorarberatung. Also die beratende Tätigkeit für den Kunden, gegen Vergütung durch den Kunden.

Lassen Sie uns aber – um nicht noch mehr zur Begriffsverwirrung um das Wort Honorarberatung beizutragen lieber von alternativen Vergütungsmodellen sprechen. Alternative wozu? Zur Courtage. Ja, vielleicht auch. Aber wir dürfen das wesentliche nicht vergessen – zur kostenlosen Tätigkeit. Zur Tätigkeit des Maklers also, die – häufig wie selbstverständlich – ohne adäquate Vergütung ausgeübt wird.

Aber dürfen Versicherungsmakler gegenüber Privatkunden überhaupt alternative Vergütungsmodelle nutzen? Diese Frage wurde noch vor einigen Jahren von der Mehrheit der Fachleute und Marktteilnehmer, bis hin zu Aufsichtsbehörden und Verbänden deutlich mit einem teilweise sogar aggressivem und dogmatischen “Nein!” beantwortet. Zum Frust vieler Makler, die nachfolgend beschriebene Situationen einfach nicht mehr hinnehmen wollten.

Klare gesetzliche Regelung in Bezug auf Nicht-Verbraucher

Jeder Makler kennt das doch: Der potenzielle Kunde lässt sich stundenlang beraten, mehrere Angebote ausdrucken und geht dann wieder, um im Internet abzuschließen. Oder: Der Kunde kommt und lässt erst einmal drei Ordner unsortierter Unterlagen da und erwartet, dass erst einmal alles sortiert und sich hier ein Überblick verschafft wird. Oder: Das Haus des Kunden brennt ab und sein Makler fühlt sich verpflichtet, tagelang auf der Brandstätte mit den Gutachtern zu stehen und im Sinne des Kunden mit ihnen zu diskutieren. Bekommt der Makler für diese Tätigkeiten üblicherweise eine angemessene Vergütung? Nein.

Aber eines auch noch vorab: Warum diskutieren wir hier diese Problematik nur in Bezug auf Privatkunden? Weil es bei der Frage in Bezug auf Nicht-Verbraucher eine klare gesetzliche Regelung gibt. In Paragraf 34 d Absatz 1 Satz 8 Gewerbeordnung (GewO) heißt es: “Die einem Versicherungsmakler erteilte Erlaubnis beinhaltet die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten … .”

Damit ist der Versicherungsmakler dem Versicherungsberater (Paragraf 34 d Absatz 2 GewO) in Bezug auf Gewerbekunden gleichgestellt. In dem Fall ist also keine Vermittlungsabsicht – geschweige denn ein Vermittlungserfolg – erforderlich. Ergibt sich daraus schon im Umkehrschluss, dass Versicherungsmakler für die Verbraucher nicht gegen Entgelt tätig sein dürfen? Hier gilt, dass der oben zitierte Paragraf 34 d Absatz 1 Satz 8 GewO als sogenannte Erlaubnisnorm formuliert ist. Er erweitert die Befugnisse der Makler. Ein Grundsatz der Art aber: “Was nicht erlaubt ist, ist verboten”, ist dem öffentlichen Recht fremd. Der Umkehrschluss kann insofern keinesfalls als logische Folge gezogen werden. Diese schlichte Wahrheit wird regelmäßig in den einschlägigen Diskussionen zu diesem Thema übersehen.

Zu unterscheiden sind beim weiteren Herangehen an die Problematik dann grundsätzlich zwei Fragen:

1. Ist die jeweils fragliche Tätigkeit des Versicherungsmaklers erlaubt bzw. gibt es ein gesetzliches Verbot?

2. Wenn die Tätigkeit grundsätzlich vom Makler ausgeführt werden kann, darf er dafür eine Vergütung vom Kunden bekommen?

Zu 1.: Hier werden nachfolgend einige immer wieder diskutierte Punkte kurz dargestellt.

Betreuung des Kunden: Das ist selbstverständlich erlaubt. Vielfach wird vertreten, dass es sogar eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung des Kunden nach Vertragsvermittlung gibt. Dem steht entgegen, dass der Gesetzgeber eine solche Pflicht in Paragraf 6 Absatz 4 VVG nur den Versicherern aufgegeben hat und eine solche Pflicht auch nicht über Paragraf 59 Absatz 1 VVG den Vermittlern übertragen hat. Jedenfalls ist es aber usus und auch regelmäßig von den Kunden und Maklern gewollt, dass eine dauerhafte Betreuung stattfindet. Dies wird auch nahezu immer im Maklervertrag vereinbart, was unstreitig zulässig ist.

Unterstützung im Schadensfall: Hier wird es schon strittig. Die Grenze zwischen zulässiger Betreuung und unerlaubter Rechtsberatung ist fließend. Damit befasste Gerichte entscheiden tendenziell eher für eine Zulässigkeit, unter anderem OLG Köln (Urteil vom 11. April 2014, Az. 6 U 187/13). Das wird regelmäßig damit begründet, dass es sich bei Schadensfallunterstützung um Rechtsdienstleistungen handelt, die als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Maklers gemäß Paragraf 5 Absatz 1 Satz 1 Rechtsdienstleistungsgesetz zulässig sind. Die Hauptleistung im Berufsbild des Versicherungsmaklers ist es, dem Kunden die Gelegenheit zum Abschluss eines Versicherungsvertrages zu bieten. Die Nebenleistungen ergeben sich regelmäßig aus dem privatrechtlichen Vertrag zwischen Makler und Kunde. Der mit der IDD-Umsetzung neu gefasste Paragraf 1 a VVG, mit dem die Mitwirkung im Schadensfall als zur Vertriebstätigkeit gehörend definiert wurde, dürfte hier bei zukünftigen Auseinandersetzungen hilfreich sein. Aber: Die Grenze zwischen zulässiger Betreuung und unerlaubter Rechtsberatung ist und bleibt fließend. Makler sollten insofern auch in Zukunft im Zweifel ihre Kunden eher auf einen spezialisierten Anwalt verweisen, u.a. um ein Abmahnrisiko zu vermeiden; sich nicht dem Risiko auszusetzen, den eigenen Kunden fehlerhafte Hilfestellung zu geben und hierfür ggf. auch keinen Schutz der eigenen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung zu haben; und Zeit für die eigentliche Tätigkeit frei zu halten.

Vermittlung von Nettopolicen zulässig

Beratung mit dem Ziel des Abschlusses, wobei es – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu einem Abschluss kommt: Das ist selbstverständlich erlaubt. Erst muss schließlich beraten werden, um die objektiven und subjektiven Bedürfnisse des Kunden zu erfahren. Insofern ist diese Beratung gemäß Paragraf 61 VVG sogar gesetzliche Pflicht.

Sonderfall Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung (Paragraf 204 VVG): Das war lange Zeit äußerst strittig. Abschließend entschied hier der Bundesgerichtshof – entgegen meiner Erwartung – in einem Urteil vom 28. Juni 2018 (Az.: I ZR 77/17), dass es sich für Makler um eine zulässige Tätigkeit handelt.

Sonstige Nebendienstleistungen, die außerhalb der Kernpflichten eines Versicherungsmaklers liegen und für die bei näherer Betrachtung dann auch keine Zulassung nach Paragraf 34 d GewO erforderlich ist: selbstverständlich zulässig. Das betrifft zum Beispiel das Sortieren der Unterlagen, zur Verfügung stellen von Onlinezugriff auf die eigenen Daten, ein App etc. Sollte Tätigkeiten lassen sich hervorragend über Servicepauschalen abgelten. Bereits hierüber kann eine adäquate Vergütung vereinbart werden, die bei einem nachhaltigen Konzept am Kunden auch sehr dauerhaft sein kann.

Vermittlung von Nettopolicen, Policen von Direktversicherern, Versicherungsverträgen ohne Courtagezusage: alles zulässig.

Zu 2.: Der Gesetzgeber hat zur Frage der Vergütung von Versicherungsmaklern herzlich wenig abschließend geregelt.
Das ist aber auch gut so. Denn somit gilt: Es besteht umfassende Vertragsfreiheit zwischen Makler und Kunde. Auch mit der Umsetzung der IDD in deutschen Recht hat sich dazu nichts geändert. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber ist gerade in letzter Minute nach großem Einsatz unter anderem des Maklerverbandes AfW davon abgerückt, ein sogenanntes Provisionsgebot einzuführen. Wäre das, wie ursprünglich geplant, gekommen, hätten Makler tatsächlich keine alternativen Vergütungsformen zur Courtage mehr praktizieren können.

Klaus-Peter Floßbach, Mitglied des Bundestages (CDU), sagt in der Abschlussdebatte im Bundestag bei der zweiten und dritten Lesung des IDD-Umsetzungsgesetzes: “Wir wollen Versicherungsmakler nicht zu Abhängigen machen. … Wir wollen in Zukunft die Honorarberatung stärken. Das geht ausschließlich über die Versicherungsmakler, und das haben wir jetzt mit dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung geregelt.” Das zielte ausschließlich darauf, dass das Provisionsgebot nicht eingeführt wurde, sondern es den Makler wie bisher frei bleiben soll, die Art der Vergütung zu wählen.

Tätigkeiten, die zulässig sind, weil sie nicht verboten sind oder sogar vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind, kann sich ein Versicherungsmakler also vergüten lassen. Jede Tätigkeit! Das gilt uneingeschränkt, soweit diese Tätigkeit entweder im Zusammenhang mit dem Versuch und der Umsetzung steht, dem Kunden die Gelegenheit zum Abschluss eines Versicherungsvertrages zu bieten. Das gilt aber auch, soweit Handlungen, wie die Betreuung oder zulässige Hilfe im Schadensfall als Folge zu bereits vermittelten Verträgen erfolgen. Es gilt zudem auch unabhängig davon, ob die Vergütung als Erfolgshonorar oder unabhängig von einem Erfolg vereinbart.

Insofern hier einige Beispiele darüber, was aus meiner Sicht möglich ist:

– Stundenhonorar für Beratung (mit dem Ziel des Vertragsabschlusses)

– Quotenvereinbarung (zum Beispiel für den Nachweis gleichwertigen Versicherungsschutzes zu einem günstigeren Preis)

– Schadenbearbeitung (zum Beispiel über Stundenhonorar)

– Betreuungspauschale

– Vermittlungsvergütung für die Vermittlung von Direktversicherungen, Nettotarifen, Verträgen ohne und mit Courtagezusage

Der letzte Punkt ist sicherlich am strittigsten.

Immer schriftlich, immer transparent

Vergütungsvereinbarungen sind in Bezug auf Nettotarife für Verbraucher zulässig. Zur Gültigkeit von Honorarvereinbarungen in der Sparte Lebensversicherung gibt es bereits eine Reihe von BGH-Urteilen, welche die Zulässigkeit bestätigen. Beginnend im Jahr 2005 mit den “Atlanticlux”-Fällen, bis der BGH sogar für einen Versicherungsvertreter die Zulässigkeit einer gesonderten Vergütungsvereinbarung bei Vermittlung einer Nettopolice feststellte.

In den übrigen Fällen kann ein Versicherungsmakler selbstverständlich auch eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Hier gilt schon der Grundsatz der Privatautonomie und nirgends ist geregelt, dass sich ein Versicherungsmakler nicht für seine Tätigkeit bezahlen lassen darf. Paragraf 667 BGB ist aber ebenso zu beachten, wie die “Kick-Back”-Rechtsprechung des BGH. Wenn dem Kunden transparent offengelegt wird, in welcher Höhe und wofür der Makler Courtage bekommt und sich Kunde und Makler darüber einig sind, dass darüber hinaus auch eine Honorar des Kunden an den Makler gezahlt wird, steht dem grundsätzlich nichts entgegen.

Das Entscheidende ist, dass der Kunde keinen Anlass haben darf, später zu sagen “Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich damit nicht einverstanden gewesen.” Der Einwand, dass mit der Courtage alle Tätigkeiten des Maklers abgegolten seien und damit keine Honorar mehr genommen werden darf, sollte in Zeiten sinkender Courtagesätze dringend hinterfragt werden. Mit einem klaren “Warum eigentlich?” Wie sind die angesprochenen Punkte umzusetzen? Immer schriftlich. Immer transparent.

Disclaimer: Einige Aussagen und Thesen in diesem Beitrag sind unter Fachleuten umstritten und betreffen rechtliche Grauzonen. Wer sich als Makler konkret mit der Umsetzung von hier gegebenen Anregungen befassen will, sollte sich unbedingt fachkundig beraten lassen. Um sich an das Thema der alternativen Vergütungsmodelle heranzutasten, eignet sich aber auf jeden Fall die Beschäftigung mit Servicepauschalen. Hierzu verweise ich gern bereits auf den Folgeartikel von Peter Süßengut, Spezialist für die Umsetzung solcher Modelle.

Autor Norman Wirth von der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte ist geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments