In drei Stufen zum digitalen Finanzberater

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Marcus Renziehausen

Dass die Zukunft der Finanzberatung im Internet liegt, haben wir alle verstanden. Doch wie das ge-nau für den Einzelnen aussieht, nicht unbedingt. Spätestens Corona hat viele Unternehmer in digita-le Gewässer gezwungen. Die Renziehausen-Kolumne

Die einen finden Gespräche per Videochat und Online-Marketing aufregend, andere machen die Möglichkeiten nervös. Manche Berater sind schon an vielen Stellen rein digital unterwegs, andere schreiben Termine lieber noch in händische Kalender.

Egal, von welchem Digitalisierungsgrad Sie starten, um Ihr Geschäft umzurüsten, der Schlüssel zum Erfolg liegt im strategischen Vorgehen. Wer irgendwas irgendwie plötzlich übers Internet regelt, verzettelt sich schnell.

Damit der Switch ins Remote-Geschäft gelingt und aus vielen kleinen digitalen Bausteinen ein clever vernetztes Online-Business wird, brauchen Berater eine klare Strategie. Schließlich geht es darum, Synergien klug zu nutzen. Wer also nicht im Chaos versinken will, stellt sein Business auf folgende drei webbasierte Säulen:

  • digitale Neukundengewinnung,
  • digitale Kundenberatung und
  • digitaler Kundenservice.

Wie gut die Umsetzung und Vernetzung funktioniert, hängt vom Know-how des Unternehmers ab. Wer sein Geschäft versteht und die eigenen Kernkunden gut kennt, macht mit diesem Dreiklang sein Business zum wachsenden Online-Selbstläufer.

  1. Kunden gewinnen per Online-Marketing

Wer seine Neukundengewinnung ins Internet verlagert, profitiert mehrfach: Zum einen erfordert das nötige Online-Marketing weniger Aufwand als jede Kaltakquise. Innerhalb eines Tages können Berater eine langfristig wirksame Kampagne auf die Beine stellen.

Zum anderen bleibt der Streuverlust dabei konstant gering. Strategisch richtig aufgezogen, landen nur Kernkunden auf der Telefonliste. Das dritte Plus: Marketing im Internet schläft nicht. Sprich, es gibt keine Ruhezeiten. Während der Profi sich der Kundenberatung oder seiner Freizeit widmet, läuft das System Tag und Nacht weiter.

Das Geheimnis bei dieser Lösung ist, die Anzeigen optimal an die eigenen Kernkunden anzupassen. Hat ein Banner oder gesponserter Post den Zielgruppenkontakt Marius Schuster neugierig gemacht, landet er direkt auf der Berater-Homepage. Im Optimalfall ist die Website so gestaltet, dass mit jeder Zeile und mit jedem Klick das Interesse am Angebot steigt – bis der User seine Daten hinterlegt und der Berater ihn kontaktieren kann.

  • Kunden beraten per Videotelefonie

Im Grunde funktioniert die Online-Beratung genauso wie ein persönliches Gespräch, plus ein paar spannender Vorteile. Welche Software Sie dabei verwenden, macht wenig Unterschied. Wichtig ist, dass der Berater sich mit dem Tool auskennt und es professionell bedient. Im Notfall sollte er auch dem Kunden beim Umgang helfen können. Und wie in jedem Face-to-Face-Gespräch gilt auch hier: Der Mensch steht im Mittelpunkt – nicht die Produkte.

Da An- und Abfahrt wegfallen, sparen Finanzprofis jede Menge Zeit, die sie in andere Aktivitäten investieren können. Auch die Klienten profitieren vom Komfort. Sie brauchen sich nicht ins Auto zu setzen oder die Wohnung aufzuräumen. Zudem fallen Online-Gespräche in der Regel kürzer aus, weil sie effizienter geführt werden. Viele Kunden genießen geradezu, dass der Vertreter sich nicht zu lange „festsetzen“ kann. Ohne den Druck, sofort einen Vertrag unterschreiben zu müssen, können Kunden sich entspannter auf die Inhalte konzentrieren.

Wer konsequent auf Beratung per Webcam setzt, verschafft sich extrem hohe Flexibiltät. Möglich sind beliebig viele Sessions für nahezu alle Sparten. Oft lassen sich auch kurzfristige Gespräch einrichten. Kunde und Vermittler können sich trotzdem in die Augen schauen, Emotionen ablesen und Fragen stellen.

Auch das Erläutern von Unterlagen oder Zahlen lässt sich digital problemlos lösen. Zudem wirken Beratungen per Zoom, Teams oder Skype extrem zukunftsorientiert. Wer hier sattelfest auftritt, hebt sich vom Wettbewerb ab.

  • Kunden binden mit automatisiertem Service

Mit der drittem Säule machen Experten ihr Geschäft rundum digital. Obwohl Kundenpflege und -service elementare Bestandteile des Jobs sind, wird beides oft vernachlässigt. Zu wenig Zeit, zu viel Aufwand, schlecht messbarer Return on Investment. Das Internet bietet nun fabelhafte Möglichkeiten, seine Bestandskundenpflege zu automatisieren.

Als Erstes gilt es natürlich, alle Daten systematisch und einheitlich zu erfassen. Dann versieht der Berater sie mit Tags und sortiert sie so nach Themen: „Gewerbekunde“, „Vorsorge“, „Familie“ und so weiter. Erstellt der Makler jetzt eine E-Mail zur Neuerung im Bereich Krankenvorsorge, geht diese Info nur an Klienten mit passendem Schlagwort – minimaler Streuverlust, 1A-Betreuung.

Systematischer E-Mail-Service erfordert extrem wenig Aufwand, ist preiswert und zuverlässig. Neukunden reagieren bei E-Mails dieser Art zwar häufig skeptisch, weil die vertrauensvolle Beziehung noch fehlt. Bei Bestandskunden können Berater sich so jedoch optimal in Erinnerung rufen. Neben zugeschnittenen Newslettern haben Makler die Möglichkeit, automatisierte Kampagnen anzulegen – zu Geburtstagen, Jahrestagen oder Jubiläen gehen vorbereitete Grüße raus.

Ohne dass Sie Ihren Kalender checken müssen, läuft die Pflege weiter. Gute E-Mail-Provider ermöglichen auch, individualisierte Autoresponder anzulegen. Je nach Merkmal bekommt Herr Schuster oder Frau Kraus einen anderen Responder.

Keine Grenzen für Synergien

Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten, um online tollen Service zu bieten. Viele Kunden laden gerne Infomaterial oder Dokumentvorlagen runter, schauen Videos zu Finanzfragen, hören Podcasts oder lesen informative Blogs. Interessierte besuchen Webinare, melden sich bei Online-Akademien an oder nutzen eine praktische App … Berater, die hier Material anbieten, punkten in Sichtbarkeit, Kompetenz und Vertrauen.

Kurzum: Will ein Finanzberater klug digital umrüsten, braucht er eine Strategie. Die größten Hürden liegen nämlich nicht in der Technik. Die einen wissen nicht, womit sie anfangen sollen, andere verzetteln sich oder brechen ab, wenn es schwierig wird. Auch wer schon an viele Stellen online unterwegs ist, kann noch mal gedanklich einen Schritt zurücktreten, um analoge „Löcher“ oder ungenutzte Synergien aufzustöbern – damit aus einem Unternehmen als Finanzberater ein perfekt vernetztes digitales Business wird.

Autor Marcus Renziehausen ist Betriebswirt und leidenschaftlicher Unternehmer, Autor und Speaker. Seit 2002 ist er als Vorstandsvorsitzender bei der The Engineers of Finance AG tätig. Renziehausen hat aus The Engineers of Finance ein erfolgreiches Unternehmen mit 15 Mitarbeitern und 1.000 angeschlossenen Finanzberatern gemacht. Er ist zudem zertifizierter scale up Senior Coach. www.renziehausen.de / www.engineers-of-finance.de

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