„Fester Bestandteil der Beratung“

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Grüne Baufinanzierung liegt im Trend, nachdem die EU-Taxonomie im Immobiliensektor in den Bereichen Neubauten, Sanierungen sowie Erwerb und Eigentum von Gebäuden in Kraft ist. Baufinanzierer haben die Zeichen der Zeit erkannt und nehmen sukzessive nachhaltige Konzepte in ihr Angebot auf.

Spätestens 2050 soll Europa klimaneutral werden, das sieht der Green Deal der EU-Kommission vor, der damit durchaus ambitioniert daherkommt. Der Immobiliensektor gilt als einer der Meilensteine. Schließlich entfallen weit über 30 Prozent der Treibhausgasemissionen auf den Gebäudebereich. Entsprechend ist das Thema Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienbranche ganz nach oben gerückt. 

Auch Immobilienfinanzierungen werden künftig zunehmend auch von Nachhaltigkeitsaspekten geprägt sein, sowohl beim Neubau als auch bei Modernisierungsvorhaben. Vor allem die jüngere Generation fragt schon heute ganz explizit nach „grünen“ Produkten. Dahinter steht nicht nur der Wunsch, die Wohnqualität zu verbessern, Kosten zu sparen und die Energieauflagen zu erfüllen, sondern gleichzeitig die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Langfristig wird „Nachhaltig“ so zum neuen „Normal“ werden und die ressourcenschonende Immobilie zu einem Prestige-Objekt“. Auch wenn dieser Wertewandel momentan noch nicht so etabliert ist, dass nachhaltige Finanzprodukte bereits massentauglich sind, gibt es meiner Meinung nach in dieser Hinsicht keinen Weg zurück. Der Trend zur Nachhaltigkeit beinhaltet mit Blick auf das Geschäftsfeld von Baufinanzierern auch eine große Chance. Mit neuen „grünen“ Produkten und Features können sie ihre Vermittlungspartner mit Instrumenten ausstatten, um umweltbewusste Kunden erfolgreich beraten zu können. „Im vergangenen Jahr haben wir gemeinsam mit der KfW Bankengruppe ein Onlinetool im Direktvertrieb der Bank pilotiert: Die Energietipps, einen Modernisierungsrechner, der es den Kolleginnen und Kol­legen in der Beratung möglich macht, direkt im Gespräch herauszufinden, wie eine Bestandsimmobilie energetisch saniert werden kann, was das kostet und was man dadurch an Energie und somit auch an Kosten für unsere Kundinnen und Kunden einsparen kann“, sagt Maximilian Müller, Business Manager im Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING Deutschland.

Nunmehr sei das Tool auf dem besten Weg, fester Beratungsbestandteil in der Baufinanzierung zu werden. Nur so lässt sich in der Tat mehr Energieeffizienz erreichen – sowohl bei Neubauprojekten, aber auch vor allem im Bestand, wenn eine energetische Sanierung ansteht. Dürfte künftig der CO2-Ausstoß stärker in der Wertentwicklung von Immobilien Berücksichtigung finden, so dass wir bald einen geteilten Immobilienmarkt erleben werden? Ob es eine Aufteilung des Immobilienmarktes nach Energieeffizienzklassen geben wird, darüber sind sich die Branchenexperten mehrheitlich noch nicht sicher. Denn noch würden die Sanierungskosten zumeist in den Angebotspreisen berücksichtigt. Hinzu kommt, aktuell ist es für die meisten Hausbesitzer sehr herausfordernd, die zur Sanierung erforderlichen Rohstoffe und Materialien zu beschaffen – ganz zu schweigen vom aktuellen Mangel an Handwerkern zur Umsetzung. 

In der Finanzierung von Häusern und Wohnungen wird es mittel- bis langfristig jedoch zu einem deutlichen Wandel kommen. Entscheidend wird dabei sein, dass es eine Richtschnur gibt, welche Dinge als nachhaltig angesehen werden können. Zertifizierungen sind dabei sicherlich hilfreich. „Es wird mehrere Zertifizierungen geben müssen oder aber ein großes Zertifikat, das dann dem Haus bescheinigt, dass es unter bestimmte Nachhaltigkeitsklassen fällt und damit dann auch eine bessere Kondition bekommen kann“ erklärt Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung, ING Deutschland AG. Als Herausgeber eines solchen Zertifikats kommt für ihn beispielsweise die Deutschland Gesellschaft für nachhaltiges Bauen in Betracht. 

Doch ganz gleich, wie das Thema schlussendlich regulatorisch behandelt wird, eines lässt sich bereits jetzt sagen: „Das Thema Klimaneutralität ist so wichtig, dass auch wir unsere Rolle hinterfragen und uns weg vom reinen Kreditgeber hin zu einem Finanzierer mit Energieeffizienz-Coaching in der Beratung bewegen. Am Ende ziehen wir alle am gleichen Strang. Je besser jeder einzelne seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet, desto positiver fällt das Ergebnis für uns alle aus“, resümiert Müller.

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