Wohnraumziele? So muss Deutschland jetzt gegensteuern!

REA Geschäftsführer Ulrich Kehle Porträt
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Ulrich Jehle, REA

Die Zinswende und die galoppierenden Kosten am Bau haben die gestern vermeldeten Baugenehmigungen für neue Wohnungen in Deutschland im August um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einbrechen lassen. Was das für die Wohnraumziele der Bundesregierung bedeutet und wie das Land jetzt reagieren sollte, um rund um bezahlbaren Wohnraum am Ball zu bleiben, erklärt Ulrich Jehle, Geschäftsführer der Real Estate & Asset Beteiligungs GmbH (REA)

Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen ist im August um 9,4 Prozent eingebrochen – das ist der vierte Rückgang in Folge und der stärkste seit fast einem Jahr. Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 neue Wohnungen im Jahr zu bauen, rückt damit in weite Ferne. Finanzierungsbedingungen und steigende Baukosten vergällen vielen Investoren aktuell den Neubau. Doch sind die Wohnraumziele der Bundesregierung damit hinfällig?

Sich jetzt noch an den 400.000 Wohneinheiten jährlich zu orientieren, die vor rund einem Jahr als Ziel ausgerufen wurden, wäre gegenüber der Bundesregierung unfair – schließlich hat sich der Markt seitdem deutlich verändert. Das bedeutet aber nicht, dass aktuell keine Maßnahmen vonnöten sind, um die Lage zu verbessern! Die Mehrheit der Deutschen lebt noch immer in Bestandsgebäuden. Hier besteht Potenzial, um Wohnraum zu schaffen, der gefragt ist. Etwa könnten viele Gebäude aufgestockt oder Wohneinheiten für Familien zusammengelegt werden. Auch eine Nachverdichtung in bestehenden Wohnanlagen kann sich anbieten. Oftmals sind Flächen zwischen Häusern bereits versiegelt und liegen damit weitgehend brach. Hier entsteht für Neubauten Potenzial. Zwar kommen auch hierbei die gestiegenen Kosten zum Tragen, doch wäre zumindest der Anschluss an bestehende Infrastruktur leichter zu bewerkstelligen.

Um den Kostendruck zu senken und die Effizienz am Bau zu steigern, bietet sich auch die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren an. Noch immer sind diese Prozesse nicht durchweg digital. Noch immer können fehlende Unterlagen und offene Fragen für lange Hängepartien sorgen, weil das postalische Anschreiben des Bauamts mit näheren Details auf sich Warten lässt. Hier könnten durchweg digitale Prozesse die Lösung sein.

Auch ein wachsender Anteil seriellen Bauens und die Möglichkeit für referenzielle Baugenehmigungen könnten Kosten senken und so letztlich für Wohnraum sorgen. Serielles Bauen beschreibt den Bau mehrerer Gebäude gleichen Typs. Beispiele sind etwa Reihenhäuser. Referenzielle Baugenehmigungen tragen dieser Bauweise Rechnung, frei nach dem Motto: Was anderswo bereits genehmigt ist, kann auch hier genehmigt werden. In manchen Kommunen ist diese Praxis bereits Gang und Gäbe.

Auch beim Entwickeln von Wohnraumbestand könnte serielles Sanieren und Modernisieren eine Antwort auf den dringenden Bedarf sein – Dachgauben von der Stange könnten in Siedlungen eine Lösung sein, die sich unkompliziert umsetzen lässt. Um den Wohnraumzielen in diesen herausfordernden Zeiten zumindest näher zu kommen, ist auf Seiten der Behörden Innovation und Flexibilität gefragt. Bauträger und Projektentwickler können dank serieller Projekte Kosten drücken und Verfahren beschleunigen. Es kommt auf die Bundesregierung an, bereits bestehende Trends rund um Bürokratieabbau und Effizienz zu stärken – die Wohnraumziele dürfen der Krise nicht zum Opfer fallen!

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