Immobilie als Altersvorsorge – Märchen oder Stein der Weisen?

Immobilieninvestments sind – in Ermangelung von Alternativen – derzeit en vogue wie selten zuvor. Ob sich Betongold jedoch tatsächlich als sichere Altersvorsorge rechnet, ist von einigen grundsätzlichen Erwägungen abhängig. Die Kiefer-Kolumne

Michael Kiefer, Immobilienscout24
Michael Kiefer, Immobilienscout24

Viele Menschen suchen nach einer wertstabilen Kapitalanlage zur Altersvorsorge. Keiner möchte mehr den Lehmans dieser Welt sein schwer verdientes Geld anvertrauen. Anleger stehen den Produkten von Banken und Versicherungen kritisch gegenüber. Das Vertrauen in die Finanzbranche ist nachhaltig erschüttert. Was also tun?

Steigende Mieten und Immobilienpreise in Kombination mit historisch niedrigen Zinsen locken immer mehr Menschen in das Immobilieninvestment. Doch nicht jeder Immobilienerwerb führt automatisch zum gewünschten Erfolg.

Die eigengenutzte Immobilie als solide Basis

Wer rechtzeitig in die eigenen vier Wände investiert und dabei einige wichtige Regeln beachtet, hat meist die richtige Entscheidung getroffen. Die eigengenutzte Immobilie schützt in jedem Fall vor weiter steigenden Mieten.

Und wer sein Immobilieninvestment selber nutzt, trägt kein Vermieterrisiko wie das Mietausfallwagnis oder die Gefahr, ein Opfer von Mietnomaden zu werden.

Der Wert der Annehmlichkeit

Neben dem finanziellen Gesichtspunkt ist aber auch der Umstand, im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung zu leben, von großer Bedeutung. Die eigengenutzte Immobilie ist die einzige Kapitalanlage, in der ein Investor den Großteil seiner Lebenszeit verbringt. Morgens in den eigenen vier Wänden aufzuwachen und sein Wohnumfeld nach den eigenen Wünschen gestalten zu können, ist ein Mehrwert, der mit Geld nicht aufzuwiegen ist.

Immobilie als Altersvorsorge: Drei goldene Regeln

Bei aller Sinnhaftigkeit sollte man beim Immobilienerwerb, egal ob eigengenutzt oder zur Vermietung, die drei wichtigsten Regeln für ein erfolgreiches Immobilieninvestment nicht vergessen:

1. Lage, Lage, Lage – diese Regel hat sich bereits in der Vergangenheit bewahrheitet und ist aktuell wichtiger den je. In den letzten Jahren haben sich die Immobilienmärkte zunehmend unterschiedlich entwickelt. Während Metropolen und ausgesuchte Mittelstädte einen wahren Immobilienboom erlebt haben, dümpeln viele ländliche Regionen mit demografischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten vor sich hin.

Der Immobilienboom in Deutschland hat längst nicht alle Regionen erreicht. Dort, wo er bis heute nicht zu spüren ist, wird er wohl auch in Zukunft nicht mehr ankommen. Von solchen Standorten ist dringend abzuraten.

2. Der Einkaufspreis ist entscheidend – nicht jeden Preis bezahlen! Die aktuell hohe Nachfrage und das in vielen Regionen geringe Angebot führen bereits vereinzelt zu Preisübertreibungen. Diese werden zukünftig nur sehr schwer wieder aufzuholen sein. Wohnimmobilien mit einer Rendite von unter 3,00 Prozent sind schwierig. Hier nur auf die allgemeine Wertsteigerung am Immobilienmarkt zu hoffen, ist riskant.

Speziell beim Kauf von Neubauobjekten kann es dazu kommen, dass bei einem kurzfristigen Wiederverkauf der Einstandspreis nicht mehr erzielt werden kann. Dann drohen deutliche Verluste.

3. Die bauliche Qualität gewinnt weiter an Bedeutung. Besonders beim Kauf von Gebrauchtimmobilien werden von Laien die Folgekosten meist unterschätzt. Die Nutzeransprüche an modernes Wohnen in Bezug auf Ausstattung und Komfort steigen ständig. Auch die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf die energetische Qualität der Immobilien, werden immer schärfer.

Alternative Energieversorgung und Gebäudedämmung sind die Aufgaben der Zukunft. Dies ist nur mit erheblichen Kosten und entsprechendem Fachwissen zu bewältigen. Beim Kauf eines Gebrauchtobjekts sollte der umsichtige Investor sich in jedem Fall von einem Profi beraten lassen und die zu erwartenden Kosten in seine Überlegungen einbeziehen.

Langfristig denken

Der durchschnittliche Privatinvestor sollte keine Immobilien erwerben, die er nicht für mindestens 10 Jahre behalten will. Das kurzfristige Spekulieren mit Immobilien ist nur etwas für Profis. Allein die in Deutschland sehr hohen Kaufnebenkosten (Makler, Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuchkosten) stehen einem kurzfristigen Spekulationserfolg im Wege. Auch die steuerliche Situation verhindert im Regelfall den Erfolg einer solch kurzfristigen Spekulation.

Individualität als Hemmschuh

Bauernstube und Schwimmbad, schmiedeeiserne Gitter und das Familienwappen im Fußboden – alles schön und teuer, aber im Regelfall verlorenes Geld. Der potenzielle Käufer hat meist einen anderen Geschmack und überlegt bereits bei der Besichtigung, was es ihn kosten wird, all dies umzubauen. Diese Umbau- und Rückbaukosten wird er natürlich beim Kaufpreis in Abzug bringen. Zurückhaltung bei individueller Ausstattung ist also das Erfolgsrezept für den Wiederverkauf.

Geänderte Wohnanforderungen im Alter

Im Ruhestand mietfrei in der eigenen Immobilie? Grundsätzlich eine gute Idee. Zu bedenken ist jedoch, dass sich die Anforderungen im Alter wesentlich verändern. Zu oft sitzen ältere Menschen alleine in riesigen, veralteten Immobilien.

Die Kinder sind aus dem Haus und alles ist viel zu groß. Das Luxusbad und die Treppen werden auf Grund körperlicher Einschränkungen zum Problem. Und der Umbau in Richtung Barrierefreiheit und seniorengerechter Ausstattung ist teuer – wenn denn überhaupt möglich. Wer sich bereits beim Erwerb mit diesem Thema auseinandersetzt, erspart sich im Alter Probleme.

Fakt ist: Mit der richtigen Immobilie am richtigen Standort hat in Deutschland noch niemand Geld verloren. Die historisch niedrigen Zinsen und die steigende Inflationsgefahr sprechen fundamental deutlich für das Immobilieninvestment. Wer seine Hausaufgaben macht und beim Einkauf besonnen und umsichtig vorgeht, kann mit seiner Immobilie auch in Zukunft viel Freude haben.

Autor Michael Kiefer ist Chefanalyst bei Immobilienscout24. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung und Mitglied der Royal Institution of Chartered Surveyors (Frics). Seit Februar 2013 ist er zudem Mitglied im Rat der Weisen der Immobilienwirtschaft.

 

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