Welche Vorteile eine temporäre Vermögensübertragung bietet

Beim Thema Vermögensnachfolge denken die meisten automatisch an eine endgültige und unwiderrufliche Übertragung von Vermögenswerten wie Immobilien oder Unternehmensanteilen auf ihre Nachfolger. Doch was viele nicht wissen: Möglich ist auch eine temporäre Verlagerung von Vermögensteilen oder Einkunftsquellen.

Vorteile einer befristeten Vermögensübertragung bei Immobilien können groß sein.

„Für Eltern kann es beispielsweise steuerlich attraktiv sein, Einkunftsquellen zeitweise auf die Kinder zu verlagern, etwa durch einen Zuwendungsnießbrauch“, erläutert FPSB Deutschland-Vorstandsvorsitzender Professor Dr. Rolf Tilmes. In der Regel geht es beim Estate Planning um eine endgültige Vermögensnachfolge. Viel zu wenig findet dagegen eine temporäre Verlagerung von Vermögenswerten oder auch Einkunftsquellen auf die Nachfolger Beachtung.

Vielfältige Möglichkeiten

Für FPSB Deutschland-Vorstand Tilmes ein Versäumnis: „Die Möglichkeiten sind vielfältig und stecken im Detail.“ Steuerlich günstig kann es beispielsweise für Eltern sein, Einkunftsquellen auf die Kinder zu verlagern, zumal Schüler und Studenten oft kaum Einkünfte beziehen und daher keine oder nur geringe Einkommensteuer zu zahlen haben.

Denkbar ist hier ein sogenannter Zuwendungsnießbrauch an einem Grundstück oder an einer Eigentumswohnung. Das bedeutet, dass den Kindern für eine vermietete Immobilie befristet ein Nießbrauch eingeräumt wird. Dann sind diese Vermieter auf Zeit und erhalten anstatt Unterhalt durch die Eltern eigene Mieteinnahmen (die sie aber natürlich versteuern müssen). Mit Fristablauf des Nießbrauchs werden sie automatisch im Grundbuch gelöscht und die Eltern kassieren wieder die Miete.

Nießbrauch an einer vermieteten Immobilie befristen

Nach einem aktuellen Urteil des Finanzgerichtes Baden-Württemberg (11 K 2951/15) ist es zulässig, wenn Eltern ihren Kindern befristet den Nießbrauch an einer vermieteten Immobilie zukommen lassen. Hierdurch kommen Eltern einerseits ihrer Unterhaltspflicht nach, andererseits sind die erzielten Einkünfte von dem betreffenden Kind in der Regel nicht oder deutlich geringer zu versteuern als durch die Eltern. Das Motiv, Steuern zu sparen, gilt aus Sicht des Gerichts noch nicht als eine unangemessene steuerliche Gestaltung im Sinne des Paragraf 42 AO. Entsprechende Kosten zur Einräumung des Nießbrauchs und sonstige steuerliche Auswirkungen bei Eltern und Kindern müssen individuell im Gesamtkontext geprüft werden.

Steuerliche Aspekte beachten

In dem konkreten Urteilsfall steht einer Tochter während der Zeit des Zuwendungsnießbrauchs keine Absetzung für Abnutzungen (kurz AfA) zu. Auch der Eigentümer ist nach Einräumung des Nießbrauchs nicht mehr zur Abschreibung des Gebäudes berechtigt, da er keine Einkünfte erzielt. Somit kann die Gebäudeabschreibung nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden. Dieser entscheidende Nachteil des Zuwendungsnießbrauchs spielt jedoch dann keine Rolle, wenn es sich um ein Gebäude handelt, das bereits vollständig abgeschrieben ist. Der Eigentümer sollte mit seinem Kind vereinbaren, dass es sämtliche im Zusammenhang mit der Immobilie anfallenden Aufwendungen trägt, damit es sie als Werbungskosten abziehen kann. Der Abzug ist selbst dann möglich, wenn der Eigentümer seinem Kind die Mittel unter Berücksichtigung der Schenkungssteuer schenkt.

Zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten im deutschen Erbrecht

„Natürlich sollte der Vermögensinhaber bei der Nachlassplanung nie aus rein steuerlichen Gesichtspunkten übereilte Entscheidungen treffen“, sagt Tilmes, der neben seiner Vorstandstätigkeit auch wissenschaftlicher Leiter des PFI Private Finance Institute / EBS Finanzakademie der EBS Business School, Oestrich-Winkel, ist. Für den Vermögensinhaber ist es aber wichtig, nicht nur die Rechte und Pflichten, sondern auch die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten im deutschen Erbrecht zu kennen, um frühzeitig zu handeln. (fm)

Foto: Shutterstock

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