Keine Übergangsfrist bei rechtswidriger Zweitwohnungssteuer-Satzung

Kommunen, deren Zweitwohnungssteuer-Satzungen verfassungswidrig sind, sollten schnellstmöglich neue Regelungen erlassen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies am Mittwoch das Anliegen mehrerer Gemeinden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zurück, dass ihre Satzungen bis zu einer Neuregelung noch weiter angewendet werden dürfen (BVerwG 9 C 6.18 und 9 C 7.18 sowie BVerwG 9 C 3.19 und 9 C 4.19). Das Gericht habe keinen Spielraum, um eine so genannte Fortgeltungsanordnung zu erlassen, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier zur Begründung.

Die Gemeinden Friedrichskoog, Timmendorfer Strand und Lindwedel haben bisher Zweitwohnungssteuer auf einer Berechnungsgrundlage erhoben, die sich auf Daten aus den 1960er Jahren stützte. Das hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe – analog zu seinem Grundsteuer-Urteil – als rechtswidrig eingestuft. Mehrere Immobilienbesitzer hatten gegen die Zweitwohnungssteuer geklagt. Mit Erfolg – ihre Steuerbescheide wurden jetzt aufgehoben.

In den Vorinstanzen hatte sich der Streit ursprünglich noch um die Rechtmäßigkeit der Berechnungsgrundlage gedreht. Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte den Maßstab noch als zulässig eingestuft, das OVG Schleswig hielt die Anknüpfung an den Einheitswert von 1964 dagegen nicht mehr für geeignet. Bevor über die Revisionen gegen diese Urteile in Leipzig verhandelt wurde, entschied das Bundesverfassungsgericht die Sache in diesem Sommer im Grundsatz.

Die Kommunen hofften nun zumindest auf eine Übergangsfrist, bis sie ihre Satzungen verändert haben. Der Grund: Sie fürchten finanzielle Einbußen, denn gerade in Tourismusregionen ist die Zweitwohnungssteuer eine maßgebliche Einnahmequelle.

Allein die Gemeinde Timmendorfer Strand steht nach Darstellung ihres Anwalts nun vor Rückzahlungen von 2,3 Millionen Euro. Seit Eingang der Klagen habe die Gemeinde einige Jahre lang nur noch Vorauszahlungsbescheide erlassen – und keine endgültigen Steuerbescheide. Nun bestehe für die Zweitwohnungsbesitzer, die die Vorauszahlungen geleistet haben, ein Anspruch auf Rückerstattung. „Timmendorf begreift das als einen Notstand“, sagte Anwalt Marcus Arndt.

Dem Argument folgten die Leipziger Richter jedoch nicht. „Natürlich sehen wir die Schwierigkeiten, vor denen die Kommunen stehen“, sagte der Richter Bier in der mündlichen Verhandlung. Allerdings habe es schon seit einigen Jahren Hinweise gegeben, dass die Berechnung anhand einer „Jahresrohmiete“ kippen könnte. „Wären die Kommunen nicht gut beraten gewesen, sich mal gedanklich darauf einzustellen, dass die Anknüpfung an 1964 nicht ewig so weitergeht?“, fragte Bier.

Nach Schätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds erhebt bundesweit eine dreistellige Zahl von Gemeinden eine Zweitwohnungssteuer. Wie viele Kommunen davon die Steuer anhand der Einheitswerte von 1964 berechnet haben, ist nicht jedoch erfasst.

Aus Sicht der Bundesverwaltungsrichter sollte sich der Schaden für die Gemeinden begrenzen lassen. Zum einen dürften neue Satzungen rückwirkend erlassen werden, zum anderen dürfen bereits rechtskräftig gewordenen Bescheide nicht wieder rückgängig gemacht werden. (dpa-AFX)

Foto: Shutterstock

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