Anlegerstudie: Vertrauen bleibt Mangelware

Mehr als die Hälfte der Anleger hierzulande setzt weiterhin auf ihren Bankberater, allerdings schwindet das Vertrauen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie zur Qualität der Anlegerberatung, die die Fondsgesellschaft Fidelity Worldwide Investment durchgeführt hat.

Dr. Christian Wrede, Fidelity Worldwide Investment
Dr. Christian Wrede, Fidelity Worldwide Investment

Demnach ist das Vertrauen vieler deutscher Anleger in ihren Finanzberater seit der vorherigen Erhebung im Sommer 2010 gesunken. Der Anteil der Anleger, die ihrem Berater voll vertrauen, sank von 16 auf 13 Prozent. Ein Fünftel der Befragten erklärt dagegen, dass sie ihrem Berater nur noch wenig oder gar nicht mehr vertrauen. Als Ursache identifiziert Fidelity vor allem die mangelnde Aufmerksamkeit für die konkreten Bedürfnisse der Kunden sowie die fehlende Initiative, Kunden auch aktiv anzusprechen.

„Die Finanzbranche steht in fast allen europäischen Ländern vor der Herausforderung, das Vertrauen der privaten Anleger wieder zu gewinnen. Die Anleger fordern, dass Berater stärker auf ihre Bedürfnisse eingehen und sie aktiv bei der Entscheidungsfindung unterstützen“, sagt Christian Wrede, Vorsitzender der Geschäftsführung von Fidelity Worldwide Investment in Deutschland zu den Studienergebnissen. Befragt wurden 12.000 Sparer und Anleger in 14 europäischen Ländern.

Die meisten Anleger lassen sich nach wie vor beraten

Rund zwei Drittel der deutschen Anleger lassen sich bei der Geldanlage beraten. Mit einem Anteil von 56 Prozent bleiben Banken an der Spitze, Online-Broker folgen mit einem Anteil von 15 Prozent und neun Prozent bevorzugen unabhängige Finanzberater. Rund 63 Prozent gaben an, nach vorheriger Beratung selbst zu entscheiden. Ein gutes Drittel verzichtet laut Fidelity ganz auf professionelle Beratung und nimmt die Geldanlage von der Recherche geeigneter Finanzprodukte bis zum Kauf selbst in die Hand.

„Angesichts dieser Entwicklungen liegt die Vermutung nahe, dass den Anlegern heute bessere und leichter verständliche Informationen zur Verfügung stehen. Dazu passt, dass sie sich seltener als vor einem Jahr über unverständliche Fachausdrücke und das Kleingedruckte in Produktinformationen beschweren. Die Bestrebungen, die Anleger durch Transparenz und Klarheit zu informierten Entscheidungen zu befähigen, zahlen sich aus“, schlussfolgert Wrede. „Die Anleger trauen sich mehr zu und bewegen sich selbständiger im Finanzmarkt. Damit steigen allerdings auch ihre Erwartungen an den Mehrwert, den Finanzberater liefern sollten.“

Mehr als zwei Drittel glauben, dass ihr Berater in erster Linie seine eigenen Interessen verfolgt oder dass diese bei seinen Empfehlungen zumindest eine Rolle spielen. Lediglich ein Drittel erwartet, dass Berater ausschließlich im Interesse ihrer Kunden handeln.

Die Wechselbereitschaft der Anleger steigt. Jeder zweite Deutsche kann sich inzwischen vorstellen, den Berater zu wechseln. Gleichzeitig hat allerdings auch die Bereitschaft abgenommen, für Beratung Honorare zu bezahlen, im Jahresvergleich abgenommen – von 51 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 35 Prozent.

„Mehr Transparenz kann das Misstrauen beseitigen“

Wrede dazu: „Die Anleger fühlen sich nach wie vor nicht ausreichend über die Kosten ihrer Geldanlage informiert. Dabei ist Transparenz ein zentrales Instrument, um das Vertrauen der Anleger in die Finanzberatung wieder zu stärken. Die klare Trennung von Produkt- und Vertriebskosten wäre ein wichtiger Schritt nach vorn. Kunden sollten entscheiden, ob sie ihren Berater lieber für den Verkauf eines Produkts einmalig per Honorar oder über fortlaufende Provisionen entlohnen. Und das sollten sie auch mit ihrem Berater direkt vereinbaren. Nur so kann ein Finanzberater wirklich unabhängig agieren, sich an den Bedürfnissen seiner Kunden orientieren und den Mehrwert seiner Arbeit sowie die Zufriedenheit der Anleger mit seiner Leistung erhöhen.“

Eine solche vollständige Kostentransparenz sei auch in Deutschland unvermeidbar, so Wrede. Das zeige beispielsweise der aktuelle MiFID-II-Entwurf, in dem die Europäische Kommission eine ähnliche Linie wie Großbritannien oder die Niederlande verfolge, die ab 2013 Provisionen auf Investmentprodukte verboten haben.

„Wir sollten in Deutschland nicht auf Regelungen aus Brüssel oder Berlin warten, sondern als Finanzbranche selbst durch konsequente und unbürokratische Offenlegung sowie einen einheitlichen Ausweis aller Kosten um das Vertrauen unserer Anleger werben“, fordert der Fidelity-Geschäftsführer. (mr)

Foto: Shutterstock

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