„Gute politische Lösung“

In den Parlamenten der EU wird hitzig über die jüngst beschlossenen Maßnahmen für Griechenland diskutiert. Dazu hat sich auch Asoka Wöhrmann, CIO der Deutschen Asset & Wealth Management, zu Wort gemeldet.

Dr. Asoka Wöhrmann, Deutsche Asset & Wealth Management

Sein Kommentar: „Unter den gegebenen Umständen ist der Kompromiss eine gute politische Lösung. Politik ist die Kunst des Machbaren, nicht immer das Umsetzen des ökonomischen Optimums. Allerdings sprechen wir hier von einem fragilen, langwierigen Prozess. Die Chance für den Umbau in Griechenland war nie größer. Zudem hat die Griechenlandkrise auch gezeigt, dass die europäische Staatengemeinschaft in ihrer jetzigen Form dringend reformbedürftig ist. Es muss einen Neuanfang geben, nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa.

Griechenland muss permanent liefern, jede weitere Hilfe erfolgt nur Zug um Zug. Rückschritte und selbst Stillstand sind keine Option mehr. Hier sehe ich aber auch eine Chance für die griechische Regierung. Dieser Zugzwang, sowie das nun auch in höchsten offiziellen EU-Kreisen eingeführte Wort Grexit kann ihr als Schutzschild vor innenpolitischen Attacken dienen. Nun kann, nun muss sie endlich Innenpolitik gestalten.

Natürlich ist der Grexit noch nicht endgültig vom Tisch. Aber dem Thema sollte man sich undogmatisch nähern. Es gibt genügend Beispiele für Länder, die erfolgreich aus einem Währungsverbund ausgeschieden sind, etwa die ehemaligen GUS-Staaten. Aber der Euro-Austritt wäre der Weg mit den meisten Unbekannten und die Übergangsphase würde erneut die Wirtschaft lähmen.

Die Diskussion um einen Schuldenschnitt für Griechenland ist Zeitverschwendung. Der Schuldendienst ist das kleinste Problem Griechenlands. Es geht darum, das Land strukturell schnellstmöglich wieder auf die Beine zu stellen, damit es für Investoren attraktiv wird. Ohne ausländische Direktinvestitionen hat das Land keine Zukunft, unabhängig von der Schuldenhöhe.

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Die griechische Wirtschaft gleicht seit Jahren einem sinkenden Schiff mit vielen Löchern. Dass das Schiff trotz Hilfe der Troika weiter sank, hängt damit zusammen, dass es einfach zu viele Löcher gab. Immerhin gab es 2014 wieder Auftrieb – Griechenland hatte im 3. Quartal das höchste Wachstum Europas, das Momentum war da. Daran muss man auch die Griechen erinnern, denn, unabhängig von jeder Lösungsalternative, hat das Land eine sehr ungemütliche Zeit vor sich.“

(mr)

Foto: Deutsche AWM

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