Warum die Deutschen den Kapitalmarkt scheuen

Die Deutschen Sparer sind unzufrieden und wünschen sich höhere Renditen, doch sie legen ihr Geld trotzdem nicht an. Angst und Unwissenheit sind nicht die einzigen Gründe. Aus diesen Gründen investieren die Deutschen nicht:

Junge füttert Sparschwein mit einer Zwei-Euro-Münze.
Die Deutschen sparen weiter, obwohl sie mit den Erträgen unzufrieden sind.

Die Mehrheit der deutschen Sparer ist unzufrieden und wünscht sich höhere Erträge. Doch trotz zehn Jahren Niedrigzinsumfeld ändern nur wenige ihr Verhalten und werden von Sparern zu Anlegern. Das Income Barometer von J.P. Morgan Asset Management hat untersucht, woran das liegt.

Nicht genügend Geld

Mit 43 Prozent sei das häufigste Argument der Deutschen, dass sie nicht genug Geld haben, um am Kapitalmarkt zu investieren. Weitere 34 Prozent geben an, das Thema nicht zu verstehen. 27 Prozent sagen, dass sie Angst vor Schwankungen und damit verbundenen Verlusten haben. Und zwölf Prozent fühlen sich nicht ausreichend beraten. Mehrfachantworten waren möglich.

Derzeit liegen laut J.P. Morgan über 2,2 Billionen Euro in Spareinlagen. Würden nur ein Zehntel davon in höher rentierliche Aktien oder Anleihen investiert, würde sich die Gesamtrendite eines Portfolios deutlich steigern, ohne das Risiko maßgeblich zu erhöhen.

So hoch sind die Renditeunterschiede

Über die letzten zehn Jahre hätten die durchschnittlichen annualisierten realen Erträge für Barmittel bei 1,2 Prozent gelegen. Mit Anleihen hätten Anleger 6,3 Prozent erreicht, mit einem breit gestreuten Portfolio 6,6 Prozent und mit Aktien 7,7 Prozent.

„Auch für die kommenden zehn Jahre ist ein höherer Ertrag für Kapitalmarktanlagen im Vergleich zu Barmitteln zu erwarten, wenn auch die durchschnittlichen Ertragserwartungen niedriger anzusetzen sind“, sagt Christoph Bergweiler, Leiter Deutschland, Österreich, Zentral- und Osteuropa sowie Griechenland bei J.P. Morgan Asset Management.

Mangelnde Flexibilität

Ein weiterer Grund, dem Kapitalmarkt fernzubleiben, ist laut Income-Barometer die Sorge, nicht mehr flexibel über das Kapital verfügen zu können – dies gaben 18 Prozent der befragten Deutschen an. Doch ließen sich Anteile an Investmentfonds börsentäglich verkaufen und seien zudem Sondervermögen, das weiterhin dem Anleger gehöre und somit rechtlich unabhängig von der verwaltenden Fondsgesellschaft sei und besonders geschützt sei.

Weitere 13 Prozent der Deutschen sagen, sie seien zu alt für Wertpapiere, da der Anlagehorizont nicht mehr lang genug ist. Doch die Lebenserwartung ist heute viel höher ist als die meisten glauben.

Zu hohe Kosten

Die Wahrscheinlichkeit, dass von einem heute 65 Jahre alten Paar einer der Partner das Alter von 80 erreicht, liegt bei 92 Prozent und die Wahrscheinlichkeit, 90 Jahre alt zu werden, liegt für einen der Partner immerhin bei 50 Prozent. „Es gilt, für diese längere Lebenserwartung vorzusorgen und auch im Ruhestand ist es weiterhin sinnvoll, das Ersparte am Kapitalmarkt für sich arbeiten zu lassen“, so Bergweiler.

Nicht zuletzt geben elf Prozent zu hohe Kosten an, die sie von der Geldanlage abhalten. Gerade diese Argument findet Christoph Bergweiler jedoch angesichts der enormen Beträge, die deutsche Sparer sich aufgrund ihres Verharrens in kaum verzinsten Sparprodukten entgehen lassen, wenig überzeugend.

„Im anhaltenden Niedrigzinsumfeld und bei aktuell wieder anziehender Inflation müssen Sparer mit realem Kapitalverlust rechnen. So wird die vermeintliche Sicherheit teuer und endet in einer schleichenden Enteignung“, so Bergweiler.

Foto: Shutterstock

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