Finanzmarktstabilitätsbericht der EZB: „Es grenzt an Real-Satire“

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Finanzmarktstabilitätsbericht vorgestellt. Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter Portfoliomanagement, Bank für Kirche und Caritas eG kommentiert die wesentlichen Inhalte.

Bernhard Matthes, BKC

Es grenzt an Real-Satire: In ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht kritisiert die EZB Investmentfonds, Pensionsfonds oder Versicherer dafür, dass sie zunehmen in weniger liquide und riskantere Vermögenswerten investiere. Dabei handelt es sich hierbei schlicht um die Reaktion auf eine von der Notenbank selbst befeuerten Situation: Mit ihrem Rausch des billigen Geldes hat die EZB überhaupt erst die Notwendigkeit geschaffen, dass Asset Manager, um für ihre Kunden Rendite zu verdienen, in Risiken ausweichen, die sie unter normalen Umständen nicht eingehen würden. Es ist vollkommen natürlich, dass Marktteilnehmer, denen der risikofreie Zins genommen wird, nach anderen Möglichkeiten und Selbstverteidigungsinstrumenten gegen den von der EZB geschaffenen Zinsnotstand suchen.

Die EZB verhält sich unserer Ansicht nach wie ein Brandstifter, der die Bewohner des brennenden Hauses belehrt, besser nicht aus den Fenstern zu springen, weil dies riskant sei.

Generell entsteht der Eindruck, dass im Zusammenhang mit der EZB insgesamt über das Verhältnis von Ursache und Wirkung zu wenig diskutiert wird. Die fatalen Folgen der fehlgeleiteten EZB-Politik sind im öffentlichen Diskurs nicht in dem Maß an vorderster Linie präsent, wie sie es verdient hätten. Statt über Ursachen wird in der Regel eher über Symptome diskutiert.

So hat beispielsweise schon vor zwei Jahren die Bundesbank davor gewarnt, dass die Immobilienpreise in Großstädten 30 Prozent über den fundamental gerechtfertigten Werten liegen. Dennoch befasst sich die aktuelle Diskussion fast ausschließlich mit den Folgen dieser Entwicklung – rasant steigende Immobilienpreise und Mieten. Als scheinbaren Ursachen werden fälschlicherweise Faktoren wie „Marktversagen“, „Spekulanten“ und „Investoren“ identifiziert. Die tatsächliche Ursache, die Geldpolitik der EZB, wird dagegen nicht genannt.

Die Fokussierung auf nur scheinbar zutreffenden Ursachen des Immobiliennotstands führt zu falschen Schlussfolgerungen, die wiederum in falsche Politikansätzen münden, wie diverse Marktinterventionen, Mietpreisbremse. Enteignungs-Drohungen. Diese Interventionsspirale führt wiederum zu vorhersehbar kontraproduktiven Effekten: Der Bau von neuem Wohnraum geht zurück, Investitionen werden zurückgehalten, Modernisierungen unterbleiben.

Solange die EZB den Rausch des billigen Geldes fortführt, kann es nicht verwundern, dass Preisblasen bei Vermögenswerten entstehen. Die neu geschaffenen Geldmengen suchen Anlagehäfen, deren verstärkte Nachfrage vorhersehbar mit Nebenwirkungen einhergehen: erhöhte Risiken im Rentenbereich und steigende Preise bei Sachwerten, nicht nur bei Immobilien, sondern beispielweise auch bei Ackerland, wie die jüngst emotionale geführte Debatte um Preisentwicklungen bei landwirtschaftlichen Nutzflächen illustriert hat.

Foto: Bank für Kirche und Caritas

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