Rezo und Greta: Wer profitiert am Ende wirklich?

Zunächst einmal das Gute vorweg: Die Europawahl hätte schlimmer ausfallen können. Viele europaskepti- sche und populistische Parteien haben quer durch alle Länder „Achtungserfolge“ erzielt, aber ein glatter Durchmarsch sieht anders aus. Noch steht die Mehrheit der Wähler auf der Seite von Parteien, die sich kon- struktiv und ernsthaft mit europapolitischen Fragen beschäftigen und auf einfache Antworten und Rezepte (weitgehend) verzichten. Ein Kommentar von Dr. Christian Jasperneite, Chefanlagestratege der M.M. Warburg Bank.

Christian Jasperneite, Chefanlagestratege der M.M. Warburg Bank

 

Vordergründig hat sich damit gar nicht so viel verändert; wie auch schon in den Wahlen zuvor liegt die europäische Volkspartei (EVP) erneut vor den Sozialdemokraten (S&D). Trotzdem bahnt sich mit dieser Wahl eine politische Zeitenwende an: Die klassischen Volksparteien haben dramatisch an Zuspruch verloren. Dafür gibt es in jedem Land andere Gründe. In Deutschland dürften dabei vor allem zwei Themen dominiert haben.

Die Mitte erreicht die Jugend immer weniger

Zum einen erreichen die großen Volksparteien offensichtlich immer weniger die Jugend, deren Kommunikations- und Informationsverhalten im Gegensatz zu älteren Wählern komplett anders ausfällt. Zum anderen ist es vor allem den Grünen gelungen, das Thema Klimaschutz nahezu exklusiv für sich zu nutzen und politisch zu besetzen. Dass das gelungen ist, ist in gewisser Weise eine Meisterleistung, denn bei Licht betrachtet gibt es zwischen den großen Parteien hinsichtlich Lageeinschätzung, Zielsetzung und Instrumenteneinsatz gar keine gewaltigen Unterschiede.

De facto trägt die Klima- und Energiepolitik der aktuellen Bundesregierung ohnehin eine grüne DNA, zumal das Fundament dieser Politik mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz aus dem Jahr 2000 gelegt wurde. Der damalige Umweltminister war Jürgen Trittin, und das Gesetz gilt bis heute als Keimzelle der deutschen Energiewende und Klimapolitik.

Auch der Ausstieg aus der Kernkraft sowie das sukzessive Abschalten von Kohlekraftwerken tragen eine grüne Handschrift. So gesehen dürfen sich die Grünen gar nicht beschweren – wären sie an der Regierung, würde sich die deutsche Klimapolitik für einen Außenstehenden bis auf ein paar symbol- politische Aktionen vermutlich nicht wesentlich von der aktuellen Politik unterscheiden.

Hilft eine grüne Regierung dem Klima?

Zudem stellt sich die Frage, ob sich die bisher verfolgte und von den Grünen im Fall einer Regierungsverantwortung vielleicht weiter forcierte Ausrichtung der deutschen Klimapolitik überhaupt als zielführend erweist. Denn angesichts des extremen Aufwandes, den Deutschland in diesem Bereich betreibt, sind die Ergebnisse mehr als mager. So liegen die aktuellen CO2- Emissionen in Deutschland in etwa auf dem Niveau des Jahres 2009. Es ist fast eine Ironie der Geschichte:

In etwa seit dem Jahr, wo die sog. EEG-Umlage massiv gestiegen ist, stagnieren die CO2-Emissionen, während sie in den Jahren zuvor kontinuierlich gesunken sind. Das steht in einem starken Kontrast zu Ländern wie Frankreich oder Italien, die nicht unbedingt dafür be- kannt sind, Klimapolitik in den Vordergrund zu stellen.

 

Seite 2: Viele Ländern tun mehr für’s Klima als Deutschland

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