USA versus China und die Folgen für Anleger

Sébastien Galy, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management, kommentiert im Folgenden die Fortschritte beim Ringen um ein Handelsabkommen zwischen den USA und China, die Brexit-Verhandlungen und die Geldpolitik der Bank of Korea.

Phase 1 im Handelsabkommen zwischen USA und China

Die US-Regierung hat bekommen, was sie wollte, nämlich die Zusage Chinas, Agrargüter im Wert von 40 bis 50 Milliarden US-Dollar in den USA einzukaufen, und das Versprechen, Lösungen zu finden in Bezug auf den Zugang zur Finanzindustrie sowie den Schutz geistigen Eigentums. Im Gegenzug verzichten die USA auf die Erhöhung der Strafzölle auf chinesische Exporte im Wert von 250 Milliarden US-Dollar um 5 Prozent. Die Entschärfung des Handelsstreits dürfte sich in langsamerem Tempo fortsetzten und sich nach und nach auf den Aktienmarkt und die Präsidentschaftswahl in den USA auswirken. Gerade beim Thema geistiges Eigentum gibt es erhebliche Reibungspunkte, die die Verhandlungen erschweren dürften, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Die USA brauchen China, um den Großteil des Abkommens umzusetzen, einschließlich der Durchsetzung neuer Gesetze, was bedeutet, dass ein Rückschritt unwahrscheinlich ist.

Was bedeutet das für Investoren?

Diese Entwicklung ist für die Aktienmärkte kurzfristig sehr positiv, aber der Markt unterschätzt die Bereitschaft der US-Regierung zu einer Umkehr beim Thema Zölle. Mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen ist der US-Regierung daran gelegen, die Wirtschaft im Land anzukurbeln. Zugleich hat sie nur noch wenig Druckmittel gegenüber der US-Notenbank Fed, um diese zu einem noch expansiveren Kurs zu drängen. Dies stimmt uns zuversichtlicher mit Blick auf Schwellenländeraktien, deutsche und schwedische Aktien sowie US-Wachstumswerte. Allerdings dürften die Gewinnaussichten und die Erholung in den kommenden zwei Quartalen eher mäßig ausfallen. Deshalb bevorzugen wir weiterhin stark diversifizierte und stabile Portfolios.

Brexit-Verhandlungen laufen besser als gedacht

Bei Verhandlungen geht es entweder darum, eine Einigung zu erzielen oder Zeit zu schinden, wie das unter Premierministerin May der Fall war. Bei Premierminister Johnson ist das anders. Was er bis zum EU-Gipfel am Donnerstag erreichen kann, ist die Festlegung eines Rahmens für einen Deal. Ob er die Unterstützung der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) nun bekommt oder nicht, spielt keine allzu große Rolle. Hingegen braucht er die Unterstützung der Labour-Partei und der Liberaldemokraten (LDP). Die Labour-Partei erklärte, es sei unwahrscheinlich, dass sie ein konservatives Abkommen unterstützen werde. Dennoch kann man der Partei nicht die Schuld für einen harten Brexit geben. Das Gleiche gilt für schottische Mitglieder der Opposition. Daher stehen die Chancen gut, dass Johnson den Rahmen für einen Deal schaffen kann. In den nächsten Tagen führt der Premierminister Gespräche mit Emmanuel Macron, Angela Merkel und Jean-Claude Juncker – ein klares Zeichen dafür, dass es ihm darum geht, wichtige Punkten zu klären, anstatt sich zu streiten und in der Presse zu positionieren. 

Was bedeutet das für Investoren?

Die Chancen auf einen Deal sind vermutlich weitaus besser als derzeit vom Markt angenommen. Dies dürfte britischen Vermögenswerten zugutekommen sowie dem britischen Pfund gegenüber dem US-Dollar und dem Euro. Zudem dürften auch die deutschen, französischen und niederländischen Aktienmärkte von der Aussicht auf eine Einigung profitieren. Sehr wahrscheinlich wird die Klärung einiger technischer Details drei bis sechs Monate dauern, was sich punktuell auf bestimmte Aktienmarktsektoren auswirken dürfte.

Bank of Korea schlägt Lockerungs-Kurs ein

Die Bank of Korea (BoK) dürfte diese Woche den Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf 1,25 Prozent senken. Zudem ist eine Kürzung um weitere 10 Basispunkte in den nächsten Monaten wahrscheinlich. Bei einer Inflationsrate von -0,4 Prozent ist es bemerkenswert wie optimistisch der Markt ist – trotz Wachstumsschwächen (z.B. im Mikrochipsektor), einem Handelsstreit mit Japan und eines vermutlich schwachen Wachstums in China in den nächsten zwei Quartalen. Die Chancen stehen deshalb gut, dass die BoK weitere Lockerungen beschließt, was die Zinsstrukturkurve steiler machen und dem südkoreanischen Aktienindex KOSPI helfen dürfte. Generell unterschätzt der Markt nach wie vor die Tiefe der wirtschaftlichen Verlangsamung in China und wird wahrscheinlich überrascht sein, wie stark die Zentralbanken der Region einen expansiven Kurs verfolgen, zumal die Inflation es zulässt.

Was bedeutet das für Investoren?

Aktien aus dem asiatisch-pazifischen Raum haben sich im Vergleich zum S&P 500 Index als widerstandsfähiger erwiesen, da sie einen geringeren Anteil an Wachstumswerten aufweisen. Sie sind recht günstig und sollten von einer aggressiveren Lockerung der Geldpolitik profitieren. Allerdings haben wir für China noch zwei schwierige Quartale vor uns. Das heißt: Hier ist zunächst Geduld geboten. Die Aussichten für Aktien aus dem asiatisch-pazifischen Raum berwerten wir dennoch konstruktiver als die für Anleihen in Landes- und Hartwährungen.

Foto: Shutterstock

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