„Investitionen und Innovationen werden fortgeführt“

Foto: Pablo Faccinetto
Birgitte Olsen, Lead Portfolio Managerin bei Bellevue Asset Management

Die Corona-Pandemie beeinflusst derzeit die Finanzmärkte enorm. Dennoch gilt es, bei Investments die Langfristigkeit nicht aus den Augen zu verlieren und auf Qualitätsaktien zu setzen. Dazu gehören auch inhabergeführte Unternehmen. Wir sprachen mit Birgitte Olsen, Lead Portfolio Managerin des BB Entrepreneur Europe Small bei Bellevue Asset Management AG, über die Positionierung und Perspektiven des Fonds.

Die Corona-Pandemie beeinflusst derzeit die Finanzmärkte enorm. Dennoch gilt es, bei Investments die Langfristigkeit nicht aus den Augen zu verlieren und auf Qualitätsaktien zu setzen. Dazu gehören auch inhabergeführte Unternehmen. Wir sprachen mit Birgitte Olsen, Lead Portfolio Managerin des BB Entrepreneur Europe Small bei Bellevue Asset Management AG, über die Positionierung und Perspektiven des Fonds.

Die Corona-Krise schüttelt die Finanzmärkte nach wie vor gewaltig durch. Was bedeutet das für die Positionierung des BB Entrepreneur Europe Small und wie hat sich der Fonds bislang in der Krise geschlagen?

Olsen: Der BB Entrepreneur Europe Small Fonds legte im April über zehn Prozent zu und konnte seine Benchmark seit Jahresanfang mit einer Performance von -14.2 Prozent um 3.6 Prozent schlagen. In diesem herausfordernden Umfeld konzentrieren wir uns weiterhin auf Stockpicking und Risikosteuerung, dabei pflegen wir einen engen Kontakt zu Unternehmensführungen und Industrienetzwerken. In Bezug auf die Bilanzstärke von Unternehmen wollen wir keine Zugeständnisse machen, denn es ist kein Umfeld für Kompromisse, was die Qualität betrifft. In diesem Sinne halten wir auch Ausschau nach neuen Anlageideen mit Fokus auf Unternehmen, die als relative Gewinner aus der Krise herausgehen werden. 

In „normalen“ Zeiten gelten Familienunternehmen als flexibel und schnell in der Lage, rasch auf sich verändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Trifft das auch bei der gegenwärtigen Krise zu?

Olsen: Die Covid-19-Krise stellt auch Familienunternehmen vor enorme Herausforderungen. Doch diese verfügen über Eigenschaften, dank derer sie besser aufgestellt sind. Dazu zählen starke Bilanzen mit einer sehr niedrigen Verschuldung sowie der stetige Blick auf die FCF-Rendite, denn Cashflow ist deren Hauptfinanzierungsmittel. Diese gute „Lebenshygiene“ sichert ihnen in der aktuellen Krise volle Handlungsfreiheit sowohl in finanzieller als auch strategischer Hinsicht. Investitionspläne und Innovationen können fortgeführt werden, womit für Überlebensfähigkeit und intakte Wachstumsperspektiven gesorgt ist.

Was sind die größten Herausforderungen für die Unternehmen, in die Sie investieren, wenn Sie sich mit dem Management aktuell austauschen? 

Olsen: Tatsächlich haben wir es hier mit einem beispiellosen exogenen Schock zu tun, der synchron Angebot und Nachfrage lahmgelegt hat. Eine Art „Eiszeit“, bewusst herbeigeführt, um der Bevölkerung eine optimale medizinische Versorgung zu sichern. Neben der Sicherstellung der Gesundheit ihrer Mitarbeiter konzentrieren sich Unternehmen auf drei Kernthemen:  1) Sicherstellung der Leistung – Organisation der Produktion, Beschaffung, Logistik etc. mit dem Ziel, möglichst uneingeschränkt produktionsfähig zu sein 2) Nachfrageanalyse – Wie lange wird die Nachfrageschwäche andauern und wie schnell kann sich diese erholen? Muss sogar mit einer strukturellen Veränderung der Nachfrage nach Covid-19 gerechnet werden? 3) Finanzielle Parameter – Liquiditätssicherung und Cashflow-Generierung. Generell gilt, wer vor der Krise gut aufgestellt war, kann nach der Krise für sich höhere Marktanteile und mehr Wachstum in Anspruch nehmen.

Inwieweit mussten Sie die Asset Allocation für den Fonds auf Basis Ihrer Gespräche und Analysen entscheidend verändern?

Olsen: Aus der Sektor-Perspektive sind wir 2020 mit einem starken Fokus auf Technologie- und Gesundheitswerte gestartet und hatten unsere Engagements in zyklischeren Sektoren in der Erholungsphase H22019 reduziert. In der ersten Covid-19-Schockphase konnten wir das Portfolio aktiv bewirtschaften und neue Anlageopportunitäten ergreifen. So haben wir seit Jahresanfang sechs neue Investments initiiert, darunter ein deutscher Hersteller von Mikrobatterien, ein schwedischer Bonbonspezialist und eine Online-Apotheke mit Sitz in der Schweiz. Grundsätzlich sind wir stark Bottom-up orientiert und treffen unsere Titelauswahl nach Möglichkeit unabhängig der ökonomischen und politischen Großwetterlage. 

Verschuldung und Liquidität sind sicherlich Schlüsselfaktoren
für die Zukunftsfähigkeit der Familienunternehmen. Wie sind die Unternehmen diesbezüglich aufgestellt?

Olsen: Mit einer durchschnittlichen Nettoverschuldung von 0.2x EBITDA ist unser Portfolio in Hinblick auf finanzielle Bürden und Liquidität krisensicher. Unser Portfolio zählt eine Mehrheit von Unternehmen, die sogar net Cash sind. Dies vergleicht sich mit Pre-Covid-19 Niveaus von >2.2x bei US Large Caps und ca. 1.4x bei europäischen Large Caps. Grundsätzlich hatten kleinere Unternehmen immer schon eine größere Risikoaversion in Bezug auf die Aufnahme von Fremdkapital. Auch sind europäische Unternehmen konservativer als ihre US-Wettbewerber und haben in den letzten Jahren weniger Obligationen emittiert, um Aktienrückkäufe zu tätigen. 

Generell schauen Sie nicht nur auf die nackten Zahlen, sondern ziehen auch qualitative Kriterien heran, um sich für oder gegen ein Unternehmen zu entscheiden. Inwieweit hat sich diese Vorgehensweise durch die Krise verändert?

Olsen: Gar nicht, wir bleiben bei unserer kombinierten quantitativen und qualitativen Herangehensweise, denn diese hat sich bewährt. Es lohnt sich in diesen schwierigen Zeiten, einen guten und direkten Zugang zu den Unternehmen zu haben und ihnen zuzuhören. Die Stufen der „Alarmiertheit“ sind sehr unterschiedlich und die Reaktion des Managements erzählt viel über den Zustand des Hauses. Abgerechnet wird aber erst zum Schluss.

Die gegenwärtige Corona-Krise einmal ausgeblendet, gibt es Trends, die sich im Segment der Familienunternehmen erkennen lassen?

Olsen: Trends sind allgemein gültig und meistens globaler Natur, die Frage ist, wer kann am besten davon profitieren und diese zu Kapital machen. Covid-19 dient als weiterer Katalyst für Relokalisierung. Unternehmen wollen wieder näher beim Konsumenten produzieren und ihre Wertschöpfungskette unter Kontrolle haben. Diese Tendenz hatte sich angesichts des Handelskrieges zwischen USA und China herauskristallisiert und akzentuiert sich jetzt weiter. Investitionen in die Gesundheitsinfrastruktur werden steigen, denn Covid-19 hat klare Defizite aufgedeckt. Auch der Tech-Sektor ist berufen, durch Innovation den Weg nach vorn zu unterstützen. Die Penetration des Onlinehandels bei Medikamenten liegt in Deutschland unter zwei Prozent, im Vergleich sind Schweden und die Schweiz bei zehn Prozent. Es wäre doch sehr viel praktischer, auch für Rentner und arbeitenden Mütter, ein elektronisches Rezept online einzureichen und das Medikament nahtlos zugeschickt zu bekommen. Automation, Digitalisierung, Elektrifizierung, aber auch Umweltverträglichkeit bleiben auch für die nächste Zukunft relevante Themen.

Wie wird das Segment aus Ihrer Sicht aus der Krise hervorgehen und welche Konsequenzen ergeben sich durch die Krise langfristig für die Unternehmen?

Olsen: Unternehmen und Management zeigen sich sehr vorsichtig, denn die Effekte der Pandemie sind komplex und ein echt neuartiges Problemfeld. Gut aufgestellte Unternehmen mit intakten Bilanzen – dazu zählen Familienunternehmen – werden besser durch die Krise marschieren. Sie müssen jetzt nicht mit ihrer Bank diskutieren, Dividenden kürzen oder gar streichen, Kreditlinien verhandeln oder Kapitalerhöhungen planen, um die Überlebensfähigkeit zu sichern. Wer vor Covid-19 gut aufgestellt war, könnte aus der Krise als Gewinner hervorgehen, und manche eigentümergeführte Unternehmen könnten gerade jetzt weitere Opportunitäten ergreifen. Wir sind gespannt und zuversichtlich für das Segment.

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