Höhepunkt der Schuldenkrise überschritten

Die Postbank geht davon aus, dass die europäische Staatsschuldenkrise ihren Höhepunkt überschritten hat. „Wenn nichts Unerwartetes geschieht, haben wir das Schlimmste hinter uns“, sagt Dr. Marco Bargel, der Chefvolkswirt der Deutschen Postbank AG.

Dr. Marco Bargel
Dr. Marco Bargel, Postbank: „Rückkehr des Vertrauens in die Eurozone“

„Die Rückkehr des Vertrauens in die Eurozone zeigt sich vor allem daran, dass der Euro in den vergangenen Wochen gegenüber den anderen großen Währungen kräftig gestiegen ist“.

Im Vergleich mit dem US-Dollar fiel das Plus mit knapp einem Prozent seit dem Jahreswechsel zwar eher gering aus, allerdings wird derzeit mit mehr als 1,33 US-Dollar je Euro der höchste Wert seit Februar 2012 verzeichnet.

Zum Vergleich: Im vergangenen Juli lag der Wechselkurs bei knapp über 1,20. Auch gegenüber dem japanischen Yen und dem britischen Pfund setzte der Euro seine Aufwärtstendenz weiter fort.

Erstarkter Euro

Den letzten Beweis dafür, dass es sich im Grundsatz um einen stärker werdenden Euro und nicht um eine kollektive Schwäche der übrigen Währungen handelt, liefert der Euro-Franken-Wechselkurs.

Im Zuge der Finanz- und später der Verschuldungskrise wertete der Euro von über 1,60 Ende 2008 bis auf fast 1,00 Franken je Euro ab. Um den Schaden für die heimische Wirtschaft in Form stetig teurer werdender Exporte einzudämmen, sah sich die Schweizer Nationalbank im September 2011 dazu gezwungen, die Aufwertung des Franken bei 1,20 zu begrenzen.

Lange Zeit verharrte der Euro auf dieser Marke, was auf eine anhaltende Flucht in den Franken hindeutete. Seit dem Jahreswechsel 2012/2013 hat der Euro jedoch bereits um knapp drei Prozent aufgewertet.

Es scheint also, als ob die Anleger ganz allmählich die sicheren Häfen verlassen und zu neuen Ufern aufbrechen.

Stimmungsaufheller Ankaufprogramm

Wesentlicher Auslöser für die sich aufhellende Stimmung an den Märkten war die Ankündigung eines neuen Ankaufprogramms für Staatsanleihen im Sommer 2012 durch die EZB.

In Verbindung mit dem Rettungsfonds ESM, der Anfang Oktober in Kraft trat, stehen damit wirkungsvolle Instrumente zur Eindämmung der Staatsschuldenkrise im Euroraum zur Verfügung.

Auch die Entscheidung, eine EU-weite Bankenunion zu schaffen, dürfte die Risiken aus Marktsicht reduziert haben. Denn mit der Einführung einer einheitlichen Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB wird auch die Möglichkeit einer direkten Rekapitalisierung von Banken aus dem ESM geschaffen.

Damit dürfte sich die Wahrscheinlichkeit, dass Probleme im Bankensektor, wie beispielsweise in Irland, zwangsläufig in einer Explosion der Staatsschulden enden, deutlich verringern.

Obacht vor zu früher Entwarnung

Bei allen Fortschritten im politischen und wirtschaftlichen Umfeld ist es für eine endgültige Entwarnung aber noch zu früh. Denn die Defizite der öffentlichen Haushalte sind in fast allen Staaten der Eurozone nach wie vor viel zu hoch.

Gleichzeitig befinden sich auch die ausstehenden Staatsschulden in einigen Ländern auf einem Niveau, das auf lange Sicht kaum tragbar sein dürfte. In den kommenden Jahren sind daher weitere harte Anstrengungen zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen nötig. Das größte Risiko dürfte hierbei die wirtschaftliche Entwicklung darstellen.

Sollten sich die rezessiven Tendenzen in den betroffenen Staaten noch für längere Zeit fortsetzen, wird es kaum möglich sein, die vereinbarten Defizitziele in den kommenden Jahren zu erreichen.

Der Gang weiterer Staaten zum ESM oder die Aufstockung bestehender Hilfsprogramme wäre in diesem Fall sehr wahrscheinlich.

Fotos: Shutterstock & Postbank

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