IW-Immobilien-Experte: „Weiterhin keine spekulative Blase“

Bit Tagung 2022
Foto: BIT/Ingo Hilger
Voller Saal beim Vortrag von Prof. Michael Voigtländer auf der Bit-Tagung.

Prof. Dr. Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW), registriert eine Abkühlung des deutsche Wohnimmobilienmarktes, aber keinen Absturz. Ein anderer Volkswirt zeichnet hingegen ein recht düsteres Bild der generellen wirtschaftlichen Perspektiven.

Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim IW, sagte auf einer Veranstaltung des Vertriebspools Bit Treuhand in Frankfurt, er sehe unter anderem durch die deutlich gestiegenen Hypothekenzinsen und die hohen Energiepreise eine Abkühlung und „Normalisierung“ am Immobilienmarkt, aber keinen Einbruch. „Ich glaube weiterhin nicht an eine spekulative Blase“, sagte Voigtländer.

„Wir beobachten keinen Ausverkauf von Immobilien, den man sonst sehen müsste“, so der IW-Immobilien-Experte zur Begründung. Vielmehr sei die Anzahl an Transaktionen derzeit gering, die Menschen würden die Objekte also halten und nicht hektisch verkaufen. Auch steigende Kreditvolumina und eine steigende Bautätigkeit, die sonst typische Anzeichen einer spekulativen Blase seien, gebe es derzeit nicht.

Die Nachfrage von Eigennutzern sei weiterhin hoch. Diese könnte allerdings kippen, falls die Hypothekenzinsen deutlich über drei Prozent steigen sollten. „Dann wird mieten wieder günstiger als kaufen“, so Voigtländer. In den vergangenen Jahren war es nach einer typisierten Modellberechnung des IW trotz der stark gestiegenen Kaufpreise wegen der extrem niedrigen Zinsen stets umgekehrt.

Voigtländer erwartet zudem künftig eine stärkere Differenzierung der Märkte, auch der Mieten, in Hinblick auf die Energieeffizienz der Gebäude. Dies werde durch die CO2-Bepreisung noch politisch verstärkt. Dabei sei die Entwicklung in den verschiedenen Regionen Deutschlands sehr unterschiedlich. Vor allem in Ostdeutschland gebe es noch Aufholpotenzial.

Hellmeyer sieht Wettbewerbsfähigkeit geschwächt

Ein recht düsteres Bild der Zukunft zeichnete auf der Bit-Tagung hingegen der bekannte Volkswirt Folker Hellmeyer. Durch die hohen Energiepreise, die Sanktionen gegen Russland sowie die zunehmende De-Globalisierung wird demnach nicht nur vieles teurer. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft werde dadurch geschwächt.

Die Einnahmen Russlands durch den Verkauf fossiler Rohstoffe haben sich demnach seit Beginn des Krieges trotz geringerer Mengen wegen der Preisexplosion sogar erhöht. Der Großteil der Länder außerhalb der USA und Europas beteilige sich zudem nicht an den Sanktionen – darunter China, Indien, der gesamte afrikanische Kontinent sowie Brasilien und Mexiko – und werde von Russland nun bevorzugt auch mit anderen Rohstoffen beliefert. Neben der energieintensiven Industrie hierzulande, die entsprechend stark unter den hohen Energiepreisen leide, schwäche auch das die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, so Hellmeyer.

Auch die De-Globalisierung, also die Verringerung der Abhängigkeit von Importen und die Rückverlagerung der Produktion wesentlicher (Vor-)Produkte ins eigene Land, sowie der notwendige energetische Umbau der Wirtschaft erfordere zunächst sehr hohe Investitionen, denen zunächst kein unmittelbar messbarer Nutzen gegenüber stehe, sagte Hellmeyer. Der 24. Februar 2022, also der Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine, „war der Katalysator für markante Potenzialverluste in Wirtschaft und Märkten“, so sein Fazit.

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