Kleinstornis: Nachbearbeitungspflichten können auch dort bestehen

Kommt es zu Stornierungen von vermittelten Versicherungsverträgen ist der Streit zwischen Handelsvertreter und Versicherer oft programmiert. Gerade wenn der Handelsvertretervertrag bereits beendet wurde, streiten die Parteien über Provisionsrückforderungen des Versicherers.

Gastbeitrag von Jens Reichow, Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

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Jens Reichow: „Versicherer sind verpflichtet, stornogefährdete Versicherungsverträge selbst nachzuarbeiten oder aber dem Handelsvertreter eine Stornogefahrmitteilung zukommen zu lassen.“

Das Gesetz billigt dem Handelsvertreter in erheblichen Maße Rechte zu, welche er gerade im Falle von Provisionsrückforderungen des Versicherers geltend machen kann.

Danach ist der Versicherer verpflichtet, stornogefährdete Versicherungsverträge selbst nachzuarbeiten oder aber dem Handelsvertreter eine Stornogefahrmitteilung zukommen zu lassen.

Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung nur dann nicht, wenn ein sogenannter Kleinststorni vorliegt. Bei einem solchen Kleinstorni hätte nämlich auch ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter keine Nachbearbeitungsmaßnahmen entfaltet.

Versicherungsnehmer hatten weitere Versicherungen abgeschlossen

Hiervon kann es jedoch Ausnahmen geben, wie eine jüngste Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. Januar 2017 (Az.: 16 U 32/16) zeigt. Trotz Kleinstornis konnte sich der Handelsvertreter in diesem Fall auf die unterlassene Nachbearbeitung des Versicherers berufen.

Hintergrund waren die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles. Die Versicherungsnehmer hatten nämlich in dem konkreten Fall des OLG Düsseldorf neben den stornierten Verträgen weitere Versicherungen abgeschlossen.

Der Handelsvertreter argumentierte daher, er hätte aus Sorge um die Stornierung der anderen Versicherungsverträge auch bei einem Kleinstorno Nachbearbeitungsmaßnahmen ergriffen.

Hiervon ließen sich die Richter des OLG Düsseldorf überzeugen und wiesen die Klage des Versicherers auf Rückzahlung der unverdient gebliebenen Provision ab. Der Fall zeigt, dass sich also stets lohnt, eine konkrete Prüfung des Einzelfalles vorzunehmen.

Autor Jens Reichow ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und vertritt dort regelmäßig Handelsvertreter in provisionsrechtlichen StreitigkeitenWeitere Informationen zum Autor erhalten Sie hier.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow informiert auch im Rahmen ihres Vermittler-Kongresses am 8. Februar 2018 ausführlich zum Thema Risiken beim Ausstieg aus der Ausschließlichkeit. Näheres zur Veranstaltung erfahren Sie unter http://joehnke-reichow.de/vermittler-kongress-2018/.

Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

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