EU-Taxonomie: Die Förderung nachhaltiger Kapitalanlagen ist eine Scheinlösung

Mehr nachhaltige Geldanlagen führen nicht zu mehr nachhaltiger Entwicklung. Durch den Aktionismus versucht die Politik, sich von ihrer realwirtschaftlichen Verantwortung zu befreien. Die jüngste Diskussion, ob Atomkraft als nachhaltig angesehen werden kann, ist für deren Finanzierung unerheblich, meint die auf die Beratung institutioneller Anleger und nachhaltige Investments spezialisierte Wettlauffer Wirtschaftsberatung.

Die EU und die Bundesregierung planen, im Rahmen des „Action Plan for Sustainable Finance“ nachhaltige Kapitalanlagen zu fördern. Was als nachhaltig gilt, wurde gerade im Rahmen der EU-Taxonomie für Nachhaltigkeit verabschiedet. Ziel ist es, durch die Lenkung der Kapitalströme nachhaltiges Wirtschaften voranzutreiben. Auch die EZB überlegt, vermehrt nachhaltige Kapitalanlagen zu erwerben, um den Wandel zu unterstützen.

Fälschlicherweise wird bei dem gesamten Vorhaben davon ausgegangen, dass die „Förderung nachhaltiger Kapitalanlagen zu Steigerung der Aktivität nachhaltigen Wirtschaftens“ führe. Nach einer Analyse über die Wirksamkeit sowie die Risiken und Nebenwirkungen der Bevorzugung grüner Geldanlagen nennt Frank Wettlauffer, Geschäftsführer der Wettlauffer Wirtschaftsberatung und langjähriger Experte im Bereich nachhaltiger Geldanlagen, folgende Kritikpunkte und Forderungen für das Themenfeld nachhaltige Anlagen:

Kritikpunkte:

  1. Politiker nutzen die Förderung nachhaltiger Kapitalanlagen als Feigenblatt, um harte Regulierung der Realwirtschaft zu vermeiden.
  2. Eine wie auch immer geartete Förderung nachhaltiger Kapitalanlagen ist wirkungslos. Sie alleine führt nicht zu mehr nachhaltigen Projekten – höchstens zu einem sogenannten „crowding out“, also dem Ersetzen bestehender oder künftiger Finanzierungen.
  3. Die vorgesehenen Berichtspflichten des Finanzsektors zur „nachhaltigen Wirkung des jeweiligen Finanzprodukts“ basieren auf einer Wirkungsillusion und gefährden die Reputation der Finanzbranche.
  4. Bereits jetzt zeigt sich, dass Anleger mit der Berichtspflicht getäuscht werden. Anbieter grüner Geldanlagen stellen vor allem den vermeidlich positiven Beitrag des Anlageprodukts heraus. Dies könnte bei Anlegern zu weniger nachhaltigem Handeln mit effektiver Wirkung führen, beispielsweise weil eine angebliche CO2-Kompensation schon durch die Anlage in Finanzprodukten erreicht werde und eine effektive Kompensation oder der Verzicht auf schädliche Handlungen unterlassen wird.

Forderungen:

  1. Die Politik soll auf die Scheinlösung verzichten und die Rahmenbedingungen so ändern, dass sich nachhaltiges Wirtschaften lohnt.
  2. Die Politik darf Anleger nicht in unwirtschaftliche grüne Projekte treiben. Andernfalls droht eine grüne Finanzblase.
  3. Kommt es doch zur Berichtspflicht, sollten dieser alle Berichtspflichtigen mit der Aussage: „keine Auswirkungen“ vollumfänglich und wahrheitsgemäß nachkommen.
  4. Zur Verhinderung von Verbrauchertäuschung und Reputationsrisiken sollte die Finanzbranche auf Werbung mit der positiven Wirkung von nachhaltigen Geldanlagen verzichten.

Nachhaltige Kapitalanlagen führen nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung

Die Wettlauffer Wirtschaftsberatung ist der Frage nachgegangen, ob mehr nachhaltiges Kapital zu mehr nachhaltiger Entwicklung führt. Es ist offensichtlich, dass durch das reine Umbenennen bestehender konventioneller in nachhaltige Kapitalanlagen kein einziges CO2-einsparendes Projekt zusätzlich lanciert wird. Nachhaltige Fonds können alle Wertpapiere von Kohleunternehmern verkaufen und die Gelder in Wertpapiere von Herstellern erneuerbarer Energie investieren: Da es für jeden Verkäufer einen Käufer geben muss, bleibt das Finanzkapital konstant. Damit hat der Eigentümerwechsel keinen direkten Einfluss auf die Finanzsituation und das Management der Unternehmen.

Es kommt vielmehr darauf an, dass Unternehmer zusätzliche nachhaltige Projekte durchführen. Dies geschieht, wenn die Finanzierung zuvor limitiert oder zu teuer war. Dies ist angesichts des Anlagenotstands und niedriger Zinsen in OECD-Ländern für finanziell attraktive grüne und andere Projekte nicht der Fall.

Alternativ könnten sich grüne Kapitalanleger künftig mit niedrigeren Zinsen und mehr Risiken abfinden, damit vorher unrentable Projekte dank niedrigerer Kapitalkosten realisiert werden. Dies ist angesichts des Renditebedarfs und der treuhänderischen Verantwortung der Kapitalsammelstellen unrealistisch und gefährlich, da eine Blase entstehen könnte.

Foto: Shutterstock

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