Social Media: Viele Versicherer und Krankenkassen tun sich noch schwer

Tanja Höllger, Geschäftsführerin bei Heute und Morgen

Eine neue Trendstudie von Heute und Morgen hat das aktuelle Social-Media-Verhalten der Bundesbürger untersucht und in dem Zusammenhang auch die Social-Media-Aktivitäten von Versicherern und Krankenkassen unter die Lupe genommen. Langweilig, unpassend oder sogar unsympatisch lautet das Urteil. Doch es gibt auch digitale Leuchttürme.

Eine neue Trendstudie von Heute und Morgen hat das aktuelle Social-Media-Verhalten der Bundesbürger untersucht und in dem Zusammenhang auch die Social-Media-Aktivitäten von Versicherern und Krankenkassen unter die Lupe genommen. Langweilig, unpassend oder sogar unsympatisch lautet das Urteil. Doch es gibt auch digitale Leuchttürme.

Jeder zweite erwachsene Bundesbürger verbringt seit dem Beginn der Corona-Pandemie noch mehr Zeit in den sozialen Medien als bereits zuvor. Bei den unter 30-Jährigen sind dies sogar zwei Drittel.

Für Versicherer und Krankenkassen ergeben sich dadurch zusätzliche Potenziale für das Marketing und die Zielgruppenansprache – allerdings nur, wenn dabei wichtige Spielregeln und unterschiedliche Erwartungen und Vorlieben der Nutzer beachtet werden.

Bisher werden die Postings und Kampagnen der Versicherer und Krankenkassen auf den Social-Media-Plattformen oft noch als langweilig, unpassend oder sogar unsympathisch erlebt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Dies zeigt die aktuelle Trendstudie «Dos & Dont´s für Versicherer und Krankenkassen in den sozialen Medien» des Marktforschungs- und Beratungsinstituts Heute und Morgen.

Insgesamt wurde 1.500 Bundesbürger zwischen 18 und 65 Jahren zu ihrem Social-Media-Nutzungsverhalten sowie zu ihren speziellen Erwartungen an die Social-Media-Aktivitäten von Versicherern und Krankenkassen befragt. Zugleich wurden aktuelle Postings und Kampagnen der Anbieter in den sozialen Netzwerken getestet. Dazu gehören Imagewerbung, Produktwerbung, Hashtag-Challenges sowie Tipps & Facts.

Welche Zielgruppen welche Netzwerke nutzen

Meistgenutzte soziale Medien der erwachsenen Bundesbürger sind derzeit YouTube (mindestens wöchentliche Nutzung: 72Prozent), Facebook (59 Prozent) und Instagram (44 Prozent). Bei den unter 30-Jährigen hat Instagram Facebook den Rang abgelaufen. 82 Prozent dieser Altersgruppe nutzen Instagram mindestens einmal in der Woche, 77 Prozent sogar täglich. Facebook kommt hier auf 54 Prozent bzw 42 Prozent.

Häufiger als vor zwei Jahren werden vor allem TikTok, Instagram und Twitch genutzt; Facebook und Snapchat hingegen seltener. Müssten sich die Nutzer für ein einzelnes soziales Netzwerk entscheiden, favorisieren die meisten YouTube (39 Prozent), gefolgt von Facebook (24 Prozent) und Instagram (21 Prozent).

Die meiste Zeit verbringen die Nutzer inzwischen in sozialen Netzwerken, deren Fokus auf Bewegtbildformaten liegt. Dabei nutzen Männer soziale Netzwerke im Allgemeinen länger als Frauen. Plattformdifferenziert sind männliche Nutzer länger bei Twitch, YouTube und Twitter aktiv, während Frauen signifikant mehr Zeit auf Instagram und Facebook verbringen. Im Detail zeigen sich hier weitere deutliche Zielgruppen-Unterschiede.

Darauf sollten Versicherer und Krankenkassen in sozialen Medien achten

Generell erwartet mittlerweile jeder dritte erwachsene Social-Media-Nutzer, dass Versicherer und Krankenkassen in den sozialen Medien präsent und aktiv sind; insbesondere auf Facebook (39 Prozent) und Instagram (24 Prozent). Punkten lässt sich dabei vor allem mit interessanten Videos und Bildern. Viele Nutzer finden es zudem gut, wenn Versicherer und Krankenkassen mit ihren Postings eine erkennbare „Haltung“ zeigen.

Lifehacks und DIY-Tipps der Anbieter findet jeder dritte Social-Media-Nutzer inspirierend; die Teilnahme an Hashtag-Challenges wirkt auf jeden Fünften sympathisch. Postings, die einen direkten Bezug zum Unternehmen aufweisen und dem Nutzer einen Mehrwert bieten, werden interessanter und sympathischer bewertet – und bleiben eher im Gedächtnis – als solche ohne direkten Unternehmensbezug und ohne Interaktionsangebote.

Kampagnen vor Postings

Social-Media-Kampagnen von Krankenkassen und Versicherern kommen insgesamt deutlich besser an als Einzel-Postings. Da Instagram und Facebook nicht dafür ausgelegt sind, ausführliche Texte zu schreiben oder längere Videos zu zeigen – zugleich aber sehr beliebte und häufig genutzte Plattformen sind – empfiehlt sich bei Produkten/Dienstleistungen mit hohem Erklärungsbedarf, auch vertiefende YouTube-Videos und Blogartikel zu integrieren.

Durch einen intelligenten Mix verschiedener Social-Media-Plattformen lassen sich so gute Synergieeffekte nutzen. „Insgesamt sollten sich Versicherer und Krankenkassen stärker und spezifischer in ihre Zielgruppen hineinversetzen“, sagt Tanja Höllger, Geschäftsführerin bei Heute und Morgen. „Bisher ist dies noch zu wenig der Fall.“

Langweile und unpassende Inhalte als Grundproblem

Unabhängig von Alter, Geschlecht oder Umfang der Social-Media-Nutzung sind sich viele Social-Media-Nutzer in einem Punkt einig: die Social-Media-Aktivitäten von Versicherern und Krankenkassen sind bisher häufig noch langweilig oder unpassend.

Besonders gilt das für die Postings der Versicherer (46 Prozent), die noch langweiliger beurteilt werden als die der Krankenkassen (35 Prozent). „Damit sich dies ändert, sollten die Inhalte deutlich besser und nachhaltiger auf die Besonderheiten der sozialen Medien und auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten werden“, sagt Birgit Menzen, Studienleiterin bei Heute und Morgen.

Bewertung der Postings einzelner Versicherer und Krankenkassen

Beim Nutzer-Test von insgesamt 28 aktuellen Einzel-Postings und Kampagnen der Versicherer und Krankenkassen in den sozialen Netzwerken (mit und ohne Corona-Bezug) zeigt sich in der Gesamtbetrachtung noch deutlich Luft nach oben. So ist beispielsweise die Bereitschaft, die Postings zu liken, zu teilen und zu kommentieren insgesamt eher schwach ausgeprägt.

Kampagnen, die die Interaktion mit der Zielgruppe in den Vordergrund stellen (Community-Austausch, Zusammenarbeit), und nicht austauschbaren Content mit persönlichem Mehrwert bieten, stiften weit größere positive Resonanz und können stärker aktivieren als reine Produktwerbung oder Inhalte, die wenig Neues und Eigenständigkeit aufweisen.

Leuchttürme

Positiv sticht insbesondere die Kampagne der Techniker Krankenkasse (#tkdeutschlandreise) hervor; bei den Versicherern überzeugt am ehesten noch die R+V (#dubistnichtallein). Zahlreiche Postings und Kampagnen anderer Unternehmen kämen bei den Nutzern hingegen nicht wirklich gut an, betont Heute und Morgen. 

„Das Verständnis von Versicherern und Krankenkassen sollte weiterwachsen, dass die sozialen Medien ein Weg zum dauerhaften Aufbau signifikanter Beziehungen sein können – nicht nur ein bloßer ´Werbekanal´ oder eine nebenbei zu gestaltende Spielwiese“, resümiert  Höllger. „Gutes Content- und Influencer-Marketing gleicht gerade diesen Branchen mehr einem Marathonlauf denn einem Sprintprojekt.“

Spielen mit Corona-Ängsten kommt nicht gut an

Mit Blick auf das Thema „Corona“ gilt – auch mit Vorausschau auf die kommenden Monate: Werbung, die dem subjektiven Eindruck nach auf Kosten der Angst vor Covid-19 erfolgt (gewollt oder ungewollt), stößt bei sehr vielen Nutzern auf Ablehnung. Mehr als jeder zweite Bundesbürger findet dies bei Versicherern (56 Prozent) und Krankenkassen (51 Prozent) ausdrücklich als abschreckend.

Generell zeigen sich die Social-Media-Nutzer im Umgang mit Beiträgen zu Corona aber sehr aktiv: 39 Prozent haben bereits Beiträge rund um Corona gelikt, 31 Prozent einen Beitrag geteilt, 26 Prozent einen Beitrag kommentiert und 15 Prozent sogar selbst etwas zum Thema Corona gepostet. Bei nicht-werblicher Ausrichtung und mehrwertorientiert eignet sich also auch dieses Thema für Versicherer und Krankenkassen um mit ihren Kunden und Zielgruppen in Interaktion zu treten. (dr)

Foto: Heute und Morgen/Shutterstock

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