Elementarschäden: Kretschmann und Kretschmer fordern Pflichtversicherung

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Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.

Die Länderchefs von Baden-Württemberg und Sachsen, Winfried Kretschmann (Grüne) und Michael Kretschmer (CDU), pochen weiter auf eine Pflichtversicherung für Elementarschäden. Das ZEW fordert sogar eine doppelte Versicherungspflicht.

Die Länderchefs von Baden-Württemberg und Sachsen, Winfried Kretschmann (Grüne) und Michael Kretschmer (CDU), pochen weiter auf eine Pflichtversicherung für Elementarschäden. „Die verheerenden Hochwasserkatastrophen und andere Naturgewalten wie Erdrutsche oder Tornados haben gezeigt, dass es jede Region und letztlich uns alle in Deutschland unvermittelt treffen kann.

Es ist klar, dass Eigenvorsorge in jedem Fall weiter eine große Bedeutung haben muss“, sagte Kretschmer am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Die Länder sollten sich dafür einsetzen, dass der Bund bis Ende 2022 einen Regelungsvorschlag erarbeitet.

Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann sagte den „Stuttgarter Nachrichten“ (Donnerstag): „Das Thema war schon mehrfach Thema in Bund-Länder-Runden und es wird Zeit, dass da ein Knopf drangemacht wird nach den großen Unwetterkatastrophen, die wir in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hatten mit vielen Toten und riesige Summen, die das kostet.“

TOP für die Ministerpräsidentenkonferenz

Baden-Württemberg und Sachsen wollen das Thema am Donnerstag in die Ministerpräsidentenkonferenz einbringen. Kretschmann sagte weiter: „Wir werden in Folge des Klimawandels immer mehr solcher Schadensereignisse haben, das geht nur über eine solidarische Pflichtversicherung aller Immobilienbesitzer, egal ob sie Gewerbe oder Privathäuser besitzen.“

Die Justizminister der Länder hatten zuletzt die Frage geprüft, ob eine Pflichtversicherung gegen die Verfassung verstößt. Am Mittwoch kamen die Justizminister bei ihrer Tagung zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist, wie die baden-württembergische Ressortchefin Marion Gentges (CDU) den „Stuttgarter Nachrichten“ bestätigte.

Nach den Sturzfluten und Überschwemmungen in mehreren Regionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 war eine Debatte darüber entbrannt, wie Schäden durch Flutkatastrophen besser abgesichert werden könnten. Nach jüngsten Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind derzeit nur rund 50 Prozent der Gebäude in der Bundesrepublik über eine Elementarschadenversicherung versichert, die bei Starkregen, Hochwasser oder Erdrutschen einspringen würde.

ZEW warnt: Nicht auf den Staat verlassen

Derweil warnt das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Hausbesitzer davor, sich bei Elementarschäden auf den Staat zu verlassen. „Im akuten Katastrophenfall sind staatliche Hilfen für nichtversicherte Geschädigte unabdingbar, langfristig setzen sie jedoch falsche Anreize und führen so zu einer schlechteren Vorsorge“, unterstrich der ZEW-Umweltökonom Daniel Osberghaus in einer Studie von Mittwoch.

Bezeichnend sei, dass der Anteil der Haushalte, die im Schadenfall mit finanzieller Hilfe vom Staat rechnen, nach der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr deutlich gewachsen sei: Von über 5.000 befragten Haushalten stieg der Wert von 12 Prozent im Jahr 2020 auf 22 Prozent im Jahr 2022.

Haushalte überwiegend nicht versichert

Die im Juli 2021 von den Sturzfluten im Westen Deutschlands heimgesuchten Haushalte waren laut dem Mannheimer Hochwasserexperten überwiegend nicht versichert. So hatten laut ZEW in Rheinland-Pfalz nur 37 Prozent der Haushalte eine Gebäudeversicherung, die auch entsprechende Elementarschäden deckt.

Aus einem 30 Milliarden Euro umfassenden Fluthilfefonds hätten Bund und Länder nichtversicherten Menschen zwar geholfen, ihre Häuser wieder aufzubauen. Aber darauf sei kein Verlass. Erfahrungsgemäß helfe die Regierung dann aus, wenn viele Haushalte betroffen seien und breit über die Naturkatastrophe berichtet werde. Zwischen 2002 und 2019 habe rund die Hälfte der Hochwasseropfer keine staatliche Unterstützung erhalten.

Zweifache Versicherungspflicht

Osberghaus schlägt eine zweifache Versicherungspflicht vor: Jede privat genutzte Wohnimmobilie müsse dann gegen Hochwasserschäden versichert sein. Überdies müssten Versicherer jedem Haushalt ein Angebot unterbreiten. Außerdem sei die Versicherungspflicht auf eine existenzsichernde Höhe zu begrenzen. Darüber hinaus gehende Immobilienwerte könnten die Haushalte dann freiwillig versichern. (dpa-AFX)

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