Vertrieb: Einseitige Provisionskürzungen

Die Motivlage des Handelsvertreters selbst hat das Gericht gar nicht hinterfragt. Ob das Verhalten des Handelsvertreters auf eine echte Zustimmung zurückzuführen war oder ob er nur deshalb nicht widersprochen hat, weil dies aus seiner Sicht das Vertragsverhältnis gefährdet hätte, war für das Gericht unerheblich.

Tatsächlich hat es lediglich unterstellt, der Handelsvertreter habe sich durch die weitere Vertragserfüllung mit einer vom Unternehmer einseitig festgesetzten und für ihn nachteiligen Vertragsänderung einverstanden erklärt.

OLG hat Vertragsbrecher belohnt

Abgesehen davon, dass das OLG Frankfurt am Main mindestens den Handelsvertreter zu den Gründen für sein Verhalten hätte anhören müssen, verkennt das Gericht auch die wirtschaftlichen Fakten: Der Handelsvertreter ist auf das Vertragsverhältnis mit dem Geschäftsherrn vielfach angewiesen.

Widerspricht er etwa Provisionskürzungen, geht er das Risiko ein, dass der Unternehmer seine wirtschaftliche Macht dazu nutzt, ihm weitere Nachteile zuzufügen und ihn letztlich zur Zustimmung zu zwingen.

Im Ergebnis hat das OLG Frankfurt am Main daher denjenigen belohnt, der sich vertragsbrüchig verhalten hat. Rechtlich haltbare Argumente sind dafür nicht erkennbar. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Autor ist Rechtsanwalt Jürgen Evers, Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht.

Foto: Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht

 

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