Datenerfassung in der Assekuranz: Mit drei Regeln zur Vertrauenswürdigkeit

Foto: Uniserv
Axel Schmale ist Senior Account Manager bei Uniserv

Die Daten von Kunden und Interessenten sind wertvoll für Versicherer. Doch viele Verbraucher schauen hier sehr genau hin und teilen bei Transaktionen nur so viele Informationen, wie unbedingt erforderlich. Die Gesellschaften sollten deshalb in ihre Vertrauenswürdigkeit investieren.

Eine hohe Datensicherheit sowie ein transparenter Umgang mit Daten, in Übereinstimmung mit den Vorgaben und Richtlinien des Datenschutzes und der Informationssicherheit, sind hierfür wichtige Aspekte. Dies gilt besonders bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Gerade hier wirkt die Abfrage zu vieler und vor allem nicht relevanter Daten vor dem digitalen Vertragsabschluss eher abschreckend.

Die Datenabfrage ist für beide Seiten ein wichtiger Moment. Einerseits möchten Versicherer so viele Daten wie möglich über ihre Kunden erhalten, um auf deren Basis beispielsweise Marketingmaßnahmen zu personalisieren oder bedarfsgerechte Zusatz-Angebote zu entwickeln. Dabei gehören sie per se schon zu den Unternehmen mit besonders vielen Kundendaten: Wie eine Uniserv-Studie zeigt, verwalten 42 Prozent der Versicherungen jeweils mehr als 250.000 Adressen. Andererseits wollen die potenziellen Kunden möglichst wenige Informationen über sich preisgeben. Eine unangemessen umfangreiche Datenabfrage ist für viele Verbraucher daher bereits Grund genug, den Vertragsabschluss platzen zu lassen.

Nun besagt eine EOS-Studie aus dem Jahr 2020 zudem: Verbraucher stehen Unternehmen, die ihre digitalen Daten verarbeiten, generell skeptisch gegenüber. Wie hoch das Misstrauen ist, hängt auch von der Branche ab. Immerhin 54 Prozent der Befragten in Europa bauen darauf, dass Banken einen verantwortungsbewussten Umgang mit personenbezogenen Daten pflegen – damit stehen diese im Vergleich noch am besten da. Selbst auf die vertrauenswürdigsten Institutionen verlässt sich also lediglich gut die Hälfte. Bei Versicherungen ist es gerade mal rund ein Drittel. Keine gute Grundlage, um für weitere Datenspenden zu werben.

Kunden durch Nutzerfreundlichkeit mitnehmen

Wer digitale Finanz- oder Versicherungsprodukte anbietet, braucht Prozess-Know-How und einen professionellen Umgang mit Daten. Ganz gleich ob Start-up oder etablierte Institution. Seine Kunden und deren Bedürfnisse zu kennen, ist dafür essenziell. Eine transparente Customer Journey ohne Medienbrüche ist auf jedem Schritt das oberste Gebot. Fehler, Komplexität und Störungen, insbesondere bei Registrierung und Vertragsabschluss, können teuer werden.
Interessierte und potenzielle Kunden erwarten auf dem digitalen Weg zum Vertragsabschluss einerseits, dass die Produkte verständlich und übersichtlich dargestellt und erklärt werden.

Andererseits hat auch die Nutzerführung gerade in der Formulareingabe einen großen Einfluss darauf, ob der Vertragsabschluss zustande kommt oder nicht. Hier stecken Versicherer und Finanzdienstleister nun in einem Dilemma: Fragen sie deutlich mehr Daten ab als der Vertragsabschluss erfordert, vergrault das nicht nur potenzielle Kunden, sondern kollidiert mit dem Prinzip der Datensparsamkeit. Danach dürfen immer nur gerade die Daten erfasst und verarbeitet werden, die für den jeweiligen Zweck erforderlich sind. Zudem sind sie strengen Regularien unterworfen, etwa für das Compliance-Risikomanagement.

Für die Unternehmen selbst hat ein sauberer Umgang mit Daten weitere Vorteile: Unnötig große Datenmengen führen schon allein durch die Datenhaltung zu höheren Kosten. Das Datenmanagement profitiert ebenfalls von einer reduzierten Datenmenge – etwa durch einen niedrigeren Energieverbrauch.

Die wichtigsten Regeln bei Formularen

Was also sollten Finanz- und Versicherungsdienstleister auf der „letzten Meile“ des digitalen Vertragsabschlusses beachten? An welcher Stelle sind interessierte Person bereit, welche Daten einzugeben? Wo sind Voreinstellungen oder Auswahlmöglichkeiten hilfreich? Welche Datenabfrage wirkt abschreckend und wo muss der Schutz sensibler Daten besonders betont werden?

Regel 1: Das Kundenkonto

Kunden erwarten, dass der gesamte Prozess rund um Information und Vertragsabschluss nahtlos funktioniert. Dazu gehören unter anderem ein Besuch auf der Website, um sich über die Angebote zu informieren, der Vertragsabschluss selbst und anschließend die Betreuung im Kundenservice. Um hier einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen, müssen die Anbieter gewisse Daten erheben. Die Frage ist allerdings, an welcher Stelle der Customer Journey das am sinnvollsten ist. Es ist für Versicherungen etwa sehr verlockend, ein Kundenkonto für die Konfiguration von Tarifen vorauszusetzen.

So hätten sie bereits Name, Adresse, E-Mail und weitere relevante Daten zur Hand – beispielsweise das Fahrzeug-Modell für eine Kfz-Versicherung oder die Wohnungsgröße und -lage für eine Hausratversicherung. Der Datenschutz verlangt aber auch immer die Möglichkeit der sogenannten Gastbestellung, also ohne Registrierung mit Kundenkonto.

Müssen Kunden ihre Daten schon abgeben, bevor sie sich informieren können, werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Vorgang abbrechen und sich bei der Konkurrenz umsehen bzw. dort, wo die Interaktionskosten im Sinne des individuellen Kundenziels niedriger sind. Daher ist es sinnvoll, ein Kundenkonto als Auswahlmöglichkeit erst im Nachgang anzubieten.

Regel 2: Pflichtfelder

Je geringer der Aufwand für die Kunden und Interessenten ist, desto besser. Das heißt: Die Eingabemaske sollte so unkompliziert wie möglich gestaltet sein, damit sie ihre Daten mit wenigen Klicks und Einträgen schnell, einfach und strukturiert erfassen können. Die Pflichtfelder sollten deutlich erkennbar sein, um Unmut zu vermeiden.

Wird etwa erst nach dem Absenden eines Formulars offensichtlich, dass ein Feld ausgefüllt werden muss, führt das zu Frust und einem möglichen Abbruch. Auch jedes nicht unbedingt notwendige Datenfeld steigert das Risiko, dass die Interessenten die Website verlassen. Zudem erhöhen mehr Felder auch die Wahrscheinlichkeit falscher Eingaben. Daher sollten die Anbieter den Eingabeprozess so einfach und kurz wie möglich gestalten.

Regel 3: Dubletten vermeiden

Haben Kunden ihre persönlichen Daten und sonstige relevante Angaben erst einmal erfasst, sollten diese für den weiteren Verlauf gespeichert bleiben. Das vermeidet zum einen doppelten Aufwand für die Kunden, zum anderen senkt es das Risiko fehlerhafter Daten. Stimmen nämlich die Angaben nicht überein, können Dubletten entstehen, also doppelte Einträge. Wenn Interessenten mehr als nur ein Versicherungsprodukt oder eine Finanzdienstleistung recherchieren, dann sollten sie ihre Daten nur einmal angeben müssen.

Mehr Kundenfreundlichkeit durch Tools

Es gibt diverse Tools, die eine saubere Datenerfassung leichter machen. Ihr Einsatz vereinfacht einerseits die Eingabe für potenzielle Kunden und steigert so die Benutzerfreundlichkeit – andererseits reduzieren sie durch manuelle Einträge entstehende Fehler und verbessern dadurch die Datenqualität. Hilfreiche Funktionen sind hier insbesondere die Autovervollständigung sowie die Adressvalidierung.
Erstere öffnet ein Dropdown-Menü mit Vorschlägen, sobald die Interessenten den ersten Buchstaben in ein Feld tippen.

Je mehr Informationen die Nutzer eintippen, umso genauer werden die Vorschläge. Das beschleunigt die Datenerfassung deutlich – gerade bei der Verwendung von Mobilgeräten. Besonders hilfreich ist hier zum Beispiel eine Single-Line-Eingabe – also das Erfassen der gesamten Adresse in einer Zeile. So liegen die Daten einheitlich und standardisiert im System vor. Die Fehleranfälligkeit etwa durch Vertippen wird minimiert.

Eine Adressvalidierung prüft auf Basis länderspezifischer Wissensbasen, ob eingetragene Daten korrekt sind – und berichtigt sie bei Bedarf. Ist eine Versicherung auch über Deutschland hinaus tätig, steht sie vor einer weiteren Herausforderung. Andere Länder haben abweichende Adressformate, die mit dem deutschen Standardformat zwangsläufig nur unzureichend erfasst werden können. Während deutsche Anschriften feldweise aufgebaut sind, sind französische Adresse zeilenweise strukturiert. Zudem steht hier die Hausnummer vor dem Straßennamen. Auch die Position der Postleitzahl differiert von Land zu Land. Daher müssen die Anbieter hier für jedes Land die Adressfelder in der dort verwendeten Form anbieten, um korrekte Daten zu erhalten.

Versicherer und Finanzdienstleister müssen sich für ihr Geschäft auf eine gut gepflegte Datenbasis verlassen können. Das ist aus unterschiedlichen Gründen gar nicht so einfach – Umzüge, Hochzeiten, Eingemeindungen und Straßenumbenennungen beispielsweise erschweren eine saubere Datenbank. Daher sollten sie die Daten immer als besonders wertvolles Asset behandeln und nicht nur einmalig pflegen, sondern kontinuierlich.

Das hilft auch den Kunden und den Interessenten: Sie können sich darauf verlassen, dass die Anbieter nur die notwendigen Daten von ihnen erheben. So bauen Sie Vertrauen auf – eine mindestens ebenso wichtige Währung wie Daten. Schließlich nutzt das beste Versicherungsangebot oder Finanzprodukt wenig, wenn die Interessenten auf dem Weg dahin durch schlechte Benutzerführung oder anscheinend anlasslose Datengier vergrault werden.

Autor Axel Schmale ist Senior Account Manager bei Uniserv und Branchenexperte für den Finanzsektor. Für Uniserv begleitet Schmale neben Banken und Fintechs auch Versicherungen und Insurtechs auf dem Weg in die digitale Welt, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Management von Kundendaten. 

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments