EXTRA bAV: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus“

Portrait von Jörg Droste, Redakteur und Ressortleiter Versicherungen beim Cash Magazin.: EUROPA, DEUTSCHLAND, HAMBURG, HAMBURG, 06.05.2022: - Florian Sonntag -
Foto: Florian Sonntag
Jörg Droste, Redakteur Cash.

Das schrieb schon Horaz vor gut 2.000 Jahren. Ein Satz, der erstaunlich gut auf die Reformbemühungen der Bundesregierung zur betrieblichen Altersvorsorge passt. Wieder einmal hat die Politik Großes vor. Und wieder droht am Ende nur Mittelmaß.

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II soll die bAV endlich in der Breite ankommen. Diesmal aber wirklich: Höhere Förderungen, Opt-out, Sozialpartnermodell, höherer Höchstrechnungszins, 80-Prozent-Garantie – der Treibstofftank ist prall gefüllt. Nur: Ob die Maschine tatsächlich anspringt? 

Seit Jahren feilt der Gesetzgeber an der bAV, als ließe sich Vertrauen in ein Produkt per Gesetz verordnen. Herausgekommen ist ein bürokratisches Monster mit rund 700 Kombinationsmöglichkeiten aus Zusageformen und Durchführungswegen – ein Konstrukt, das selbst Experten ins Grübeln bringt. Wer da noch den Überblick behält, hat sich seine Zusatzrente redlich verdient. Arbeitgeber fürchten Haftungsfallen, Arbeitnehmer verstehen die Produkte kaum. Und die Politik? Die diskutiert weiter über Modellvielfalt, während draußen die Nachfrage auf Sparflamme köchelt.

Nun also soll es das BRSG II richten: Opt-out heißt die neue Wunderwaffe: automatische Teilnahme mit Ausstiegsmöglichkeit. Klingt modern, scheitert aber vermutlich an einer deutschen Kernkompetenz – der Regulierungswut. Juristische Fußnoten, tarifliche Verweise, Datenschutz, Arbeitsrecht – und schon ist der „Schub für die bAV“ wieder in Formularen, Paragrafen und Prüfverfahren gefangen.

Doch es gibt einen kleinen Hoffnungschimmer: die Geringverdienerförderung nach §100 Einkommensteuergesetz – ein Instrument, das funktionieren kann. Arbeitgeber erhalten finanzielle Anreize, Beschäftigte sparen tatsächlich fürs Alter. In der Branche heißt es schon, Paragraph 100 werde „der neue Riester“. Doch Vorsicht: Wer diese Parallele zieht, könnte den Ansatz gleich wieder diskreditieren. Die Riester-Rente steht sinnbildlich für Überregulierung, hohe Kosten und Bürokratiefrust – ein politisches Mahnmal dafür, wie man ein eigentlich gutes Konzept zu Tode reformiert und diskutiert. Diesen Fehler sollte niemand wiederholen.

Und dann wären da noch die Sozialpartnermodelle? Sie sollten das Flaggschiff der bAV werden und sind gekentert wie die „Wasa“ einst bei ihrer Jungfernfahrt. Wer da auf den Durchbruch wartet, glaubt vermutlich auch noch an die flächendeckende Rente mit 63.

Dieser Artikel ist Teil des EXTRA bAV. Alle Artikel des EXTRA finden Sie hier.

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