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Der Schlüssel zu einem widerstandsfähigen Depot

Lisa Osada
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Lisa Osada

Ein gut strukturiertes Portfolio ist wie ein solides, seetüchtiges Schiff: Es wird nicht von jeder Böe aus der Bahn geworfen, sondern bleibt auf Kurs. Kolumne von Lisa Osada, Aktiengram

Die Finanzmärkte sind momentan von hoher Volatilität geprägt. Geopolitische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheiten und politische Entwicklungen stellen Anleger vor die Herausforderung, ihre Portfolios so zu strukturieren, dass sie ihr Vermögen schützen und langfristig Stabilität und Wachstum ermöglichen. Wie kann eine robuste Portfoliostruktur in stürmischen Zeiten aussehen bei der aktuelle politische Entwicklungen integriert werden? Warren Buffetts Regel Nummer 1 bleibt dabei leitend: „Don’t lose money“ – „Verliere kein Geld.“

Die Weltwirtschaft steht wieder einmal vor komplexen Herausforderungen. So hat sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China in diesem Jahr weiter zugespitzt. US-Strafzölle auf chinesische Technologieprodukte sowie verschärfte Exportkontrollen, beispielsweise bei Halbleitern, belasten den globalen Handel. China kontert mit Einschränkungen beim Export seltener Erden, wodurch Lieferketten für Batterien und Elektronik gefährdet werden. Diese Entwicklung zeigt erneut eindrucksvoll, wie stark westliche Volkswirtschaften von chinesischen Rohstoffen abhängig sein können. Gleichzeitig sorgen neue Zölle, zuletzt auch gegen den EU-Wirtschaftsraum, weiterhin für Unsicherheit und eine zunehmende Marktvolatilität.

Hinzu kommen anhaltende Konflikte wie in der Ukraine, die nach wie vor die Energiepreise und die Getreidemärkte beeinflussen, sowie die Spannungen im Nahen Osten, die die Ölpreise volatil machen. Politische Entwicklungen, wie die US-Wahlen 2024 und die anschließende protektionistische Handelspolitik der neuen Regierung, verstärken die Unsicherheiten zusätzlich.

Diese Faktoren führen alle zu erhöhter Marktvolatilität und damit zu starken Kursschwankungen. In solchen Phasen ergeben sich jedoch auch Möglichkeiten – vorausgesetzt, das eigene Portfolio ist gut diversifiziert und langfristig ausgerichtet.


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Der Schlüssel zu einem widerstandsfähigen Depot ist der Grundsatz der Diversifikation. Exchange Traded Funds (ETFs) sind eine kostengünstige Möglichkeit, in zahlreiche Unternehmen weltweit zu investieren. Globale ETFs passen sich automatisch an Marktveränderungen an. Beispielsweise erfolgt eine Anpassung, wenn der US-Markt an Gewicht verliert. Die zugrunde liegende Annahme ist, dass die Weltwirtschaft langfristig aller Krisen und Unsicherheiten zum Trotz, wächst. Unabhängig von regionalen oder temporären Schwankungen.

Bei der Auswahl von ETFs gibt es inzwischen eine extrem große Auswahl. Daher ist es wortwörtlich entscheidend, auf die „inneren Werte” zu achten. Ein beliebter MSCI-World-ETF hat oft einen USA-Anteil von etwa 70 Prozent, wodurch die angestrebte Diversifikation möglicherweise nicht ganz erreicht wird. All-World-ETFs wie der FTSE All-World, bei dem auch Schwellenländer wie Indien oder Brasilien eingeschlossen werden sind dagegen breiter aufgestellt und die Gewichtung der Länder ist noch weiter gefächert. Alternativ können Industrieländer-ETFs mit Schwellenländer-ETFs kombiniert werden, um die Gewichtung einzelner Regionen, wie beispielsweise Asien, individuell anzupassen.

Viele Portfolios sind stark auf US-Aktien fokussiert und nicht selten machen diese 70 bis 80 Prozent des gesamten Aktienvermögens aus. Diese Strategie war in der Vergangenheit rentabel, birgt angesichts der aktuellen Handelskonflikte und der sprunghaften US-Politik nun unter Umständen jedoch Risiken und stärkere Schwankungen. Ein schwächelnder US-Markt oder Zolleskalationen könnten solche Portfolios kurzfristig ins Wanken bringen.

Um dieses „Klumpenrisiko“ zu reduzieren, können Anleger andere Regionen bewusst stärken. Ein Stoxx Europe 600 ETF etwa bildet europäische Unternehmen ab. Ein Asia Pacific ex Japan ETF oder ein Emerging Markets Small Cap ETF bieten Zugang zu wachstumsstarken Märkten wie Indien. Ziel könnte es also sein, den USA-Anteil auf etwa 50 bis 60 Prozent zu senken, um die Abhängigkeit vom US-Markt zu verringern.

Einzelne Aktien können ein diversifiziertes ETF-Portfolio ergänzen, erfordern jedoch einen höheren Aufwand bei der Analyse. Sie eignen sich eventuell, um spezifische Chancen zu nutzen oder regionale Lücken zu schließen. In unsicheren Zeiten sind folgende Kriterien für die Auswahl besonders wichtig:

  • Solide Bilanz: Unternehmen mit niedriger Verschuldung und stabilen Gewinnen – etwa aus dem Gesundheitssektor – sind widerstandsfähiger gegenüber Krisen.
  • Robuste Geschäftsmodelle: Unternehmen, die krisensichere Produkte wie Basiskonsumgüter oder Abo-Modelle anbieten, können eine gewisse Stabilität bieten
  • Regionale Diversifikation: Einzelaktien aus Europa oder Asien können das US-Gewicht ausgleichen.

Ein ausgewogenes Portfolio vermeidet Extreme, also weder 100 Prozent noch 0 Prozent US-Aktien. Es sollte verschiedene Szenarien abdecken, sei es eine starke Performance der US-Aktien oder ein Aufschwung in Europa und Asien. Mit diesen Schritten kann eine Balance gefunden werden:

  • Eine breite Basis schaffen: Ein All-World-ETF oder eine Kombination aus Industrieländer- und Schwellenländer-ETFs bildet das Fundament.
  • US-Anteil prüfen: Liegt der US-Anteil über 60 Prozent, können andere Regionen über ETFs oder Einzelaktien gestärkt werden, idealerweise schrittweise via Sparplan.
  • Keine kurzfristigen Handlungen: Anstatt zu spontanen oder panischen Verkäufen zu greifen besser die Gewichtung in Ruhe und Stück für Stück durch weitere Investments, also Zukäufe, verschieben.
  • Einzelaktien gezielt einsetzen: Für Chancen oder thematische Schwerpunkte nutzen, dabei immer Qualität und Diversifikation priorisieren.
  • Regionale und sektorale Streuung: Über Regionen (USA, Europa, Asien) und Sektoren (Technologie, Gesundheit, Konsum) diversifizieren.

Geopolitische Krisen, Handelskonflikte und plötzliche Marktschwankungen sind keine Ausnahmen, sondern gehören zur Natur der Finanzmärkte. Wer das verinnerlicht, ist besser gewappnet, nicht vorschnell auf kurzfristige Ereignisse zu reagieren. Der erste Schritt ist daher das Bewusstsein: Volatilität ist normal – und nicht zwingend ein Grund zur Sorge.

Ein breit aufgestelltes Portfolio mit globaler Diversifikation und einem langen Anlagehorizont – idealerweise zehn Jahre oder mehr – hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es selbst schwere Krisen überstehen kann. Gerade Entwicklungen wie die zunehmende protektionistische Ausrichtung großer Volkswirtschaften machen deutlich, wie wichtig eine internationale Streuung geworden ist.

Ein gut strukturiertes Portfolio ist dabei wie ein solides, seetüchtiges Schiff: Es wird nicht von jeder Böe aus der Bahn geworfen, sondern bleibt auf Kurs. Entscheidend ist nicht, jede Wendung der Märkte vorherzusagen, sondern die eigene Strategie so auszurichten, dass sie auch in rauer See tragfähig bleibt – mit Ruhe, Geduld und einem klaren Blick in die Zukunft.

Lisa Osada ist Finanzbuchautorin mit über 100.000 Followern bei Instagram unter dem Namen Aktiengram.

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