Die Kosten für ein besseres Pflegegesetz kann nicht der Beitragszahler übernehmen

Eine ältere Hand wird von einer jungen Hand gehalten
Foto: PantherMedia / Lighthunter
Die Anhebungen bei Pflegesachleistungen und Pflegegeld sind überfällig.

Zur Verbändeanhörung anlässlich des Referentenentwurfs zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) am Donnerstag erklärt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverband, Dr. Carola Reimann, dass noch eine sinnvolle Finanzierungslösung fehlt.

Als größte Pflegekasse Deutschlands sehen wir die im PUEG vorgesehenen Leistungsverbesserungen positiv. Die Anhebungen bei Pflegesachleistungen und Pflegegeld sind überfällig.

Allerdings vermissen wir in dem Gesetzentwurf eine nachhaltige und ordnungspolitisch sinnvolle Finanzierungslösung für diese Maßnahmen. Wie bereits beim GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ist die aktuell vorgesehene Kombination aus Beitragssatzanhebung und Lastenaufschub extrem kurzsichtig und sozial völlig unausgewogen. Die Refinanzierung der notwendigen Leistungsverbesserungen und Mehrausgaben wird wieder allein den Beitragszahlenden aufgebürdet.

Dagegen bleibt das Versprechen einer dauerhaften finanziellen Stärkung der Sozialen Pflegeversicherung durch zusätzliche Bundesmittel weiterhin uneingelöst. Diese sind aber dringend erforderlich, um gesamtgesellschaftliche Aufgaben wie Ausbildungskosten, Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige oder pandemiebedingten Zusatzkosten zu bezahlen. Hier darf sich der Bund nicht weiter aus der Finanzverantwortung stehlen, zumal der Referentenentwurf sogar noch die Ausweitung gesamtgesellschaftlicher Fördermaßnahmen vorsieht, zum Beispiel bei der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.

Die AOK-Gemeinschaft appelliert daher an die Bundesregierung, die Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung durch Bundesmittel für versicherungsfremde Leistungen zu ergänzen. Zur Stabilisierung der Finanzlage ist es insbesondere notwendig, die pandemiebedingten Kosten der Pflegeversicherung zu kompensieren. Auch die steuerliche Gegenfinanzierung der Rentenversicherungsbeiträge für die pflegenden Angehörigen bleibt eine durch den Bund zu lösende Aufgabe.

Im Übrigen stellt der Referentenentwurf die Pflegekassen und Arbeitgeber bei der Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur differenzierten Berücksichtigung von Erziehungszeiten vor eine unlösbare Herausforderung. Abgesehen davon, dass die AOK-Gemeinschaft eine Implementierung im Steuer- statt im Beitragsrecht sinnvoller gefunden hätte, ist allen Beteiligten die genaue Anzahl der zu berücksichtigenden Kinder derzeit nicht bekannt. Damit ist zum einen die finanzielle Wirkung der beschriebenen Maßnahmen und somit auch die Behauptung der Finanzneutralität offen. Zum anderen bleibt durch die viel zu späte Bekanntmachung bis zum 1. Juli 2023 viel zu wenig Zeit für die Pflegekassen und beitragsabführenden Stellen wie Arbeitgeber, Deutsche Rentenversicherung, Zahlstellen und Reha-Träger, um die Zahl der für die Beitragsermittlung zu berücksichtigenden Kinder nachzuweisen und die Umsetzung technisch zu realisieren. Die vorgesehene Entlastung von Mitgliedern mit mehr als einem Kind wird daher auch erst zu einem erheblich späteren Zeitpunkt zum Tragen kommen können.

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