Digital Detox: Jeder Fünfte möchte 2023 weniger Zeit am Bildschirm zu verbringen

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Der raue Ton in den sozialen Medien beschäftigt die Deutschen nachhaltig und hat Folgen für die Gesundheit.

Über ein Drittel (36 Prozent) der Deutschen haben sich gute Vorsätze für das Jahr 2023 gesetzt. Jeder Fünfte möchte weniger Zeit am Bildschirm verbringen. Fast jeder Zehnte sogar zeitweise komplett auf die Nutzung digitaler Endgeräte verzichten, also einen sogenannten "Digital Detox" einlegen. Auch, weil die Anfeindungen in den sozialen Medien zunehmen.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov, das im Auftrag des Versicherers Axa eine repräsentative Studie zu guten Vorsätzen und der Nutzung von sozialen Medien im Januar 2023 durchgeführt hat.

Anfeindungen, Hass und Sex – alltägliche Konfrontationen im Netz

Rund jeder vierte Erwachsene (26 Prozent) unter 25 wurde in sozialen Medien schon einmal angefeindet. Fast die Hälfte aller Befragten (42 Prozent) sagt, dass der Ton in sozialen Medien in den vergangenen zwölf Monaten rauer geworden ist. Auch unter den unter 25-Jährigen bestätigen 34 Prozent diese Aussage. Besonders betroffen sind die unter 25-Jährigen jedoch bei der ungewollten Konfrontation mit sexualisierten Inhalten: 40 Prozent von ihnen geben an, bereits ungefragt sexualisierten Content erhalten zu haben. Über alle Altersgruppen hinweg hat jeder und jede vierte Deutsche (26 Prozent) über die digitalen Kanäle bereits sexualisierte Inhalte empfangen, ohne danach gefragt zu haben.

„Die Mehrheit der jüngeren Erwachsenen ist unausweichlich mit sozialen Medien aufgewachsen. In diesem Rahmen erfährt sie auch Inhalte wie Hass, Mobbing oder auch sexualisierte unerwünschte Inhalte. Dieser unterschwellige negative Einfluss wird von jungen Erwachsenen in Teilen als „normal“ betrachtet, sodass ein gewisser Gewöhnungseffekt entsteht. Das Ausmaß dieser Inhalte wird oft unterschätzt. Erst eine höhere Potenzierung wird überhaupt wahrgenommen“, erklärt Psychotherapeutin Dr. Deniz Kirschbaum, die neben der Behandlung eigener Patient:innen Unternehmen in allen Fragen rund um psychische Gesundheit und Entwicklungen berät.

So sei es nur logisch, dass eher diese Generation den Wunsch verspürt, sich auch einmal vom Social Web zu entfernen. Unter den 25-34-Jährigen stimmt rund die Hälfte (46 Prozent) der Aussage zu, schon einmal mit dem Gedanken gespielt zu haben, sich aus den sozialen Medien zurückzuziehen. In Deutschland liegt die Zustimmung insgesamt bei 36 Prozent.

Männer genießen die Anonymität im Internet

Sowohl in der Wahrnehmung sozialer Medien als auch in ihrer Nutzung zeigen sich eindeutige Geschlechterunterschiede. Rund jeder und jede Dritte (32 Prozent) genießt es, im Internet anonym unterwegs sein zu können. Doch sind es deutlich mehr Männer (37 Prozent) als Frauen (29 Prozent), die der Aussage zustimmen. Auch haben sich mehr Männer (18 Prozent) als Frauen (elf Prozent) mindestens ein Fake-Profil angelegt. Sogar doppelt so viele Männer (18 Prozent) wie Frauen (neun Prozent) schauen sich gezielt Inhalte in sozialen Medien an, um sich über andere lustig zu machen. Insgesamt geben das 13 Prozent der Befragten zu.

„Die Anonymität in sozialen Netzwerken ist Fluch und Segen zugleich. Schüchterne Menschen kann es unterstützen Kontakte zu knüpfen, ohne in eine Bewertungsangst zu gleiten. Dennoch ist die Anonymität auch ein hoher Risikofaktor, weil man nicht sicher sein kann, wer sich hinter einem Profil verbirgt. Viele Menschen entwickeln eine Scheinwelt, in der alles wunderschön und perfekt ist. Aber auch die Hemmschwelle, andere negativ zu bewerten, ist im Internet deutlich geringer. So fühlen sich manche besser, mutiger oder überlegener und machen sich gleichsam durch ein Fake-Profil nicht persönlich angreifbar“, so Deniz Kirschbaum weiter.

In einigen Fällen könne, laut Kirschbaum, das Gefühl der Unantastbarkeit sogar zur Eskalation bis hin zu „Hate Speech“ führen. Zwölf Prozent geben in der Befragung zu, schon einmal schlechte Laune in sozialen Medien kanalisiert zu haben. Ein ebenso großer Anteil gesteht, sich zu negativen Kommentaren verleiten oder in Gespräche ziehen zu lassen, die sie oder er im realen Leben gar nicht führen würde. Hier sind es insbesondere die unter 35-Jährigen. Dort stimmen 23 Prozent dieser Aussage zustimmt.

„Unsere Umfrage zeigt, dass der raue Ton in den sozialen Medien die Deutschen nachhaltig beschäftigt. Große Teile der Kommunikation haben sich zuletzt durch die Corona-Pandemie noch mehr ins Netz verlagert. Das birgt Möglichkeiten aber auch neue Risiken, insbesondere mit Blick auf die mentale Gesundheit“, warnt Karsten Dietrich, Vorstand Personenversicherung bei Axa in Deutschland.

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