Gastkommentar: Olaf Fortmann, Behringer Harvard Europe
Discounter sind eines der Wachstumssegmente im deutschen Einzelhandel – und das schon seit über 40 Jahren. Das gilt vor allem für den Lebensmittelbereich. 1970 gab es in Deutschland gerade einmal 2.000 Discountmärkte. Inzwischen sind es rund 16.400 Filialen und jedes Jahr kommen rund 330 neue Märkte hinzu.
Für die in diesem Segment tätigen Projektentwickler und Investoren bedeutet die stetige Expansion ein konstantes Auftragsvolumen und vergleichsweise sichere Mieteinnahmen. Denn mehrheitlich erwerben die Ketten die für sie errichteten Märkte nicht selbst, sondern zahlen Miete. Üblich sind Verträge mit einer Laufzeit von zehn bis 15 Jahren plus Option auf Verlängerung. Das scheint vergleichsweise lang und komfortabel, zumal das Mietausfallsrisiko bei den überaus bonitätsstarken Ketten äußerst gering ist. Hinzu kommt, dass die Einkaufspreise derzeit vergleichsweise niedrig sind. Gute Objekte werden aktuell zum Elf- bis Zwölf-Fachen der Jahresnettomiete angeboten, sodass Investoren mit Renditen von bis zu neun Prozent rechnen können.
Allerdings sollten auch Investitionen in Discountmärkte nicht ohne genauere Prüfung erfolgen. Denn bei den von den Discountern bevorzugten Gebäuden handelt es sich im Grunde um Spezialimmobilien mit Ladenflächen, die an die Betriebsabläufe angepasst sind: Egal in welche Filiale der Aldi-, Lidl-, Netto- oder Penny-Kunde geht, er soll seine Produkte stets am gleichen Platz finden. Für Projektentwickler bedeutet dies, dass sie oftmals die gleichen und vergleichsweise einfachen Gebäude mit minimalen Variationen bauen. Das senkt die Herstellungskosten erheblich. Investoren stehen allerdings vor dem Problem, dass nur ein oder zwei Mieter für das jeweilige Objekt in Frage kommen, sodass sich eine Nachvermietung unter Umständen als schwierig erweisen kann. Investiert werden sollte daher nur an Standorten mit vergleichsweise geringer Versorgungsdichte – und keinesfalls in Städten, wo sich bereits an jeder Straßenecke ein Discounter befindet.
Potenziale gibt es vor allem in den ländlichen Gebieten Hessens, in Teilen Nordrhein-Westfalens, in Baden-Württemberg sowie in einigen Regionen Niedersachsens. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gibt es in diesen Gebieten pro Einwohner nur zwischen 0,1 bis 0,16 Quadratmeter Discounterfläche. Zum Vergleich: In weiten Teilen Ostdeutschlands stehen pro Einwohner rund 0,2 Quadratmeter zur Verfügung. Hinzu kommt, dass der Lebensmitteleinzelhandel in ländlichen Gebieten generell weniger präsent ist als beispielsweise in Mittelstädten: Auf dem Land kommen nach GfK-Angaben auf Einwohner nur 0,2 bis 0,3 Quadratmeter Verkaufsfläche. In Mittelstädten mit mehr als 50.000 Einwohnern werden hingegen bis zu 0,5 Quadtratmeter pro Einwohner erreicht.
Das heißt jedoch nicht, dass von Discounter-Investitionen in Mittelstädten generell abgesehen werden sollte. Denn Mittelstädte haben überdurchschnittlich hohe Umsatzpotenziale: Die GfK hat ermittelt, dass in Städten zwischen 100.000 und 300.000 Einwohnern etwa 27 Prozent höhere Umsätze erzielt werden als im Bundesdurchschnitt. Außerdem profitieren bereits genehmigte und in Betrieb befindliche Märkte von der restriktiven Genehmigungspraxis der Kommunen: Die Mehrzahl der deutschen Städte will den Handel in den Innenstädten unterstützen und weist daher außerhalb der Stadtzentren kaum noch neue Gebiete für den großflächigen Einzelhandel aus. Davon sind alle Einzelhandelsflächen über 800 Quadratmetern und somit auch die Discounter betroffen. Vor diesem Hintergrund werden bereits vorhandene Flächen zu einer wichtigen Ressource.
Die Mehrzahl der Investoren muss somit nicht befürchten, dass ihr Mieter einfach auszieht und in einen neuen Markt in der Nachbarschaft wechselt. Im Gegenteil: Discounter sind vergleichsweise treue Mieter. Es gibt eine ganze Reihe von Filialen, die schon seit mehr als dreißig Jahren von der gleichen Kette genutzt werden. Und selbst wenn einmal der Fall eintreten sollte, dass ein Discounter eine bestehende Filiale aufgibt, sind kaum größere Mietausfälle zu befürchten. Denn im Kampf um Marktanteile wollen fast alle Ketten in der Fläche wachsen.
Der Autor ist Geschäftsführer von Behringer Harvard Europe
Foto: Behringer Harvard Europe