EU-Kleinanlegerstrategie: Die Finanzwelt steht vor dem Umbruch

Stefan Schmitt
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Stefan Schmitt

Warum sich die Haftungsdach- und Maklerpool-Branche komplett neu aufstellen muss. Gastbeitrag von Stefan Schmitt, Inno Invest

Kleinanlegerschutz steht bei der EU-Kommission hoch im Kurs. Schon 2020 wurde die sogenannte „Kleinanlegerstrategie“ als Teil der Capital Market Union (CMU) festgelegt. Nun steht fest: Die EU-Kleinanlegerstrategie kommt und mit ihr eine einheitliche Regulierung der verschiedenen Finanzmärkte. Das damit geregelte Maßnahmenpaket hat unter anderem das Ziel, in der EU lebende Bürgerinnen und Bürger dazu anzuspornen, mehr Geld in den Finanzmarkt zu investieren. In der Konsequenz führt das zu einem Provisionsverbot für beratungsfreies Geschäft und Execution Only. Provisionen gibt es künftig nur noch für Beratungsgeschäfte.

Wie steht es um Provisionen?

Diese EU-Vorgabe birgt somit insbesondere für freie Makler und Anlageberater und -vermittler Probleme. Diese sind an einen Maklerpool oder an ein Haftungsdach angebunden und vermitteln Depots an Depotbanken. Die Order der Kunden wird per Anlagevermittlung oder Abschlussvermittlung an die Depotbank weitergeleitet. Dabei fehlt aufgrund mangelnder Digitalisierung aber die Angabe, ob es sich um ein Beratungsgeschäft handelt oder nicht. Ohne diese Information werden meiner Ansicht nach aber zukünftig keine Provision mehr ausbezahlt. Die Depotbanken wollen kein aufsichtsrechtliches oder zivilrechtliches Risiko eingehen. Die Makler und Anlageberater könnten damit leer ausgehen.

Finanzbranche wird sich neu aufstellen

Was heißt das konkret für Vermittler? Meines Erachtens muss sich die Haftungsdach- und Maklerpool-Branche komplett neu aufstellen. Sie muss für ihre Vermittler neue Preismodelle entwickeln, wenngleich Risiken zur Ausdünnung der Bestandskunden damit einhergehen. Für Privatkunden heißt das, dass sie neue Preismodelle angeboten bekommen, die sie bisher so noch nicht kennen. Die Finanzbranche wird sich in Gänze verändern (müssen) – ob das den Beteiligten zusagt oder nicht. Anstelle der geläufigen Abrechnungsmodelle werden Preismodelle entwickelt werden, wie zum Beispiel ein Depotentgelt, eine Servicegebühr oder eine andere Art von Gebühr. Die Zeiten von AA oder VFP sind definitiv vorbei; zumal Ausgabeaufschläge sowieso schon von den Vermittlern zu Gunsten einer Servicegebühr deutlich reduziert werden.

Hier sehe ich für Makler und Vermittler große Herausforderungen hinsichtlich Digitalisierung und Transparenz. Nämlich dann, wenn sie an Maklerpools oder Haftungsdächer gebunden sind, die nicht in der Lage sind, schnell und effizient neue Preismodelle einzuführen und umzusetzen. Ebenso wird es mit der raschen Abrechnung Probleme geben. Darin sehe ich die größte Schwierigkeit in der Zukunft, da ein Großteil der Haftungsdächer in punkto Digitalisierung und interner Prozessautomatisierung schlecht aufgestellt ist und darum auch nicht entsprechend flexibel auf diese Entwicklungen reagieren kann.

Makler, Anlageberater und -vermittler sollten deshalb ihren Partner auf Herz und Nieren prüfen. Wo liegen Stärken und Schwächen? Wie läuft das nahtlose und prozessbruchfreie Kundenmanagement ab? Gibt es eine übergreifende Prozess-Plattform? Und wie steht es um Digitalisierung und Automatisierung von internen Prozessen, wie beispielsweise das Order- und Abrechnungsmanagement? Sollten hier Zweifel hinsichtlich der technischen Herausforderungen auftreten, empfehle ich einen neuen Partner zu suchen, um sich zukunftsgerichtet aufzustellen und für etwaigen regulatorische Herausforderungen gewappnet zu sein. Denn der moderne Vermögensverwalter braucht einen digitalen Partner, um für Kunden weiterhin Vorreiter sein zu können, beispielsweise durch eine solide Haftungsdach-Plattform. Die Herausforderungen der kommenden Jahre sind schließlich bereits heute sichtbar und Maklerpools und Haftungsdächer müssen in der Lage sein die anstehenden Aufgaben effizient zu stemmen. 

Stefan Schmitt ist Geschäftsführer von Inno Invest.

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