Fed: Wende im US-Zinszyklus noch nicht erreicht

Eingang des Fed-Gebäudes in Washington
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Die Renditen der 10-jährigen US-Treasuries sind auf Wochenbasis nun zum zwölften Mal in Folge gestiegen - so lange wie seit Paul Volckers Amtszeit als Vorsitzender der Federal Reserve (Fed) Mitte der 1980er Jahre nicht mehr. Wir sind mittlerweile an einem Punkt angelangt, an dem die Märkte davon ausgehen, dass die Fed die Zinsen bis Mai 2023 auf knapp unter 5 % anheben wird, bevor sie sie nach allgemeiner Auffassung über einen längeren Zeitraum in kleinen Schritten senken wird.

Dies stellt eine erhebliche Veränderung gegenüber der früheren Annahme dar, dass die Zinsen steigen und anschließend sehr schnell wieder sinken würden. Wir haben stets die Ansicht vertreten, dass die Inflation nicht einfach verschwinden wird. In diesem Sinne müssen wir anerkennen, dass der Markt nun eine stärkere und länger anhaltende Zinsstraffung einpreist. 

Fed: Markt erwartet 75 Basispunkte

Märkte und Anleger sind auf der Suche nach der Wende im Zyklus und einem Signal, um erneut traditionelle Anlageklassen zu erwerben. Unseres Erachtens sind wir noch nicht an diesem Punkt angelangt. Jüngste Kommentare deuten darauf hin, dass die Fed die Zinsen in der nächsten Woche voraussichtlich um 75 Basispunkte anheben wird, jedoch dürfte zumindest die Diskussion um die Möglichkeit einer weniger aggressiven Vorgehensweise im Dezember beginnen. Dies erscheint in vielerlei Hinsicht logisch, da sich die finanziellen Bedingungen deutlich verschärft haben – die Aktienkurse sind gesunken, die Hypothekenzinsen gestiegen und die wirtschaftlichen Frühindikatoren deuten darauf hin, dass der US-Wohnimmobilienmarkt in Zukunft deutlich schwächer sein wird. Diese Faktoren benötigen jedoch Zeit, um sich auf die Wirtschaft auszuwirken, und obwohl sie sich negativ auf den Verbraucher auswirken werden, darf nicht vergessen werden, dass die Löhne den Hauptantrieb für den Konsum darstellen; der US-Arbeitsmarkt ist nach wie vor sehr stark. Letzte Daten zeigen zwar, dass die Zahl der offenen Stellen im Verhältnis zur Arbeitslosigkeit nicht mehr so hoch ist wie in früheren Zeiten. Die Zahl der offenen Stellen ist zwar leicht rückläufig, sie müsste jedoch nach unserer Ansicht noch viel weiter zurückgehen. Viele weitere Arbeitsmarktindikatoren, wie die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung oder die Arbeitslosenquote selbst, deuten unverändert auf einen sehr robusten Arbeitsmarkt hin. Solange dies der Fall ist, werden die Löhne voraussichtlich stabil bleiben. Infolgedessen sind wir der Auffassung, dass der Verbrauch durchaus stabil bleiben und die Kerninflation zumindest in den nächsten Monaten voraussichtlich ansteigen wird. 

US-Inflation könnte Höhepunkt bereits erreicht haben

Die Gesamtinflation könnte sich dementsprechend ein wenig zurückbilden. Einige der Frühindikatoren deuten sogar darauf hin, dass sie ihren Höchststand bereits erreicht haben könnte. Wir sind daher der Ansicht, dass wir uns in den nächsten Monaten voraussichtlich im Niemandsland bewegen werden, d. h. die Marktteilnehmer werden sich auf die Tatsache konzentrieren, dass die Gesamtinflation ihren Höhepunkt erreicht haben könnte, während die Daten vermutlich zeigen werden, dass das Wachstum weiterhin recht solide ist, die Arbeitslosigkeit nach wie vor sehr niedrig ist und die Kerninflation weiter ansteigt. 

Autor Adrian Owens ist Investment Director und Fondsmanager Global Star Rates bei GAM Investments. 

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