Nachhaltige Investments setzen überwiegend auf Ausschluss von Rüstungsgütern

Rechner mit ESG-Investing-Einblendung
Foto: Panthermedia
Quo vadis, ESG-Investments

Heute werden in Berlin die Marktdaten für nachhaltige Geldanlagen durch das Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V. präsentiert. Fehlende Standardisierung und politische Unsicherheiten behindern das Segment.

Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland und Österreich setzen auch 2025 ein klares Zeichen: Trotz der anhaltenden öffentlichen Debatte über die ESG-Kompatibilität von Rüstungsinvestitionen werden Investitionen in sämtliche Waffen in der großen Mehrheit ausgeschlossen. Investoren sind zudem weiterhin optimistisch und erwarten 2025 ein moderates Wachstum nachhaltiger Geldanlagen. Sie blicken jedoch mit steigender Besorgnis auf globale (geo-)politische Unsicherheiten. Die Befragten machen zudem auf fehlende Standards im Bereich der sozialen Kriterien aufmerksam. Das sind die zentralen Ergebnisse des Marktberichts Nachhaltige Geldanlagen 2025, der heute vom Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) veröffentlicht wurde. Der Bericht gilt seit 2005 als wichtigste Branchenreferenz für nachhaltigkeitsbezogene Investitionen in Deutschland und Österreich.

Klare Positionierung gegen Rüstungsinvestitionen


Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zuletzt eine Debatte entfacht, ob Rüstungsinvestitionen mit Nachhaltigkeit kompatibel sind. Die Erhebung des diesjährigen FNG-Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen zeigt hierzu ein eindeutiges Bild aus der Branche: 72% der erfassten nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland schlossen sämtliche Rüstungsgüter in ihren Investitionen aus. In Deutschland lag der Anteil vor drei Jahren, also noch vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, bei lediglich 60%. Kontroverse Waffen sind zusammen mit Verstößen gegen Menschenrechte weiterhin das Top 1 Ausschlusskriterium in Deutschland (99%).

Dazu kommentiert Marian Klemm, Vorstandsvorsitzender des FNG: „Die Ergebnisse des FNG-Marktbericht 2025 senden ein klares Signal aus der nachhaltigen Finanzbranche. Die deutliche Mehrheit lehnt Investitionen in Rüstungsgüter ab und bekräftigt damit die ursprüngliche Intention nachhaltiger Geldanlagen, einen positiven gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Dies zeigt, dass ethische Überlegungen und die Vermeidung von Schäden weiterhin Kern der nachhaltigen Finanzwelt sind.“

Fehlende Definition und Standardisierung sozialer Kriterien


Der Schwerpunkt der diesjährigen Befragung zum Marktbericht lag auf dem „S“ in ESG. Im Gegensatz zu ökologischen Zielen („E“) fehlt es an vergleichbaren Strukturen für soziale Investitionen. Diese sind jedoch für eine gerechte Transition zu einer nachhaltigen Wirtschaft notwendig. Deswegen wurden die Teilnehmenden nach ihren Herangehensweisen bei der Integration sozialer Aspekte in ihre Investitions- und Geschäftspraktiken befragt.


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Fast alle Befragten gaben dabei an, soziale Kriterien im Investitionsprozess zu berücksichtigen. Da es jedoch keine feste Definition sozialer Kriterien gibt, können keine miteinander vergleichbaren Auswertungen erfolgen. Einheitliche Messstandards würden hier Abhilfe schaffen. Dementsprechend bemängelten 90% der Befragten die fehlende Definition und Standardisierung von sozialen Kriterien und Messgrößen.

Nachhaltige Kredite schaffen gesellschaftlichen Mehrwert – etwa bezahlbaren Wohnraum


79% der Befragten stimmten außerdem der Aussage zu, dass soziale Kriterien im Vergleich zu ökologischen Kriterien aus Mangel an standardisierten Daten weniger berücksichtigt werden. Dass es möglich ist soziale Aspekte im Investitionsprozess zu integrieren, zeigen die Angaben der Banken mit Nachhaltigkeitsfokus. Kredite wurden insbesondere dann vergeben, wenn damit Projekte oder Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Soziales oder bezahlbaren Wohnraum gefördert wurden.

„Wir sehen, dass soziale Nachhaltigkeit immer stärker in den Fokus rückt – etwa bei der Kreditvergabe. Doch der Mangel an einheitlichen Standards verhindert eine systematische und messbare Integration. Hier braucht es ein freiwilliges Rahmenwerk für soziale Investitionen, wenn wir das volle Potenzial nachhaltiger Investitionen ausschöpfen wollen.“
– Verena Menne, Geschäftsführerin des FNG

Politische Unsicherheiten größte Herausforderung für nachhaltige Geldanlagen


Die diesjährige Befragung zum Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen zeigt auch, dass sich die Rahmenbedingung für Nachhaltigkeit am Finanzmarkt verschlechtert haben und sich negativ auf die Stimmung der Finanzmarktakteure niederschlagen. Sorgen um die Zukunft nachhaltiger Geldanlagen sind für 89% der Befragten in globalen (geo-)politischen Unsicherheiten begründet, wie etwa dem anhaltenden Rechtsruck in westlichen Demokratien.

Für Verunsicherung sorgen jedoch nicht nur Wahlen, bei denen Klimaschutz und Sustainable Finance kaum eine Rolle spielen, sondern auch Debatten um den Abbau von Berichtspflichten, wie etwa im Rahmen der „Omnibus“-Initiative der EU-Kommission. Es wird zudem befürchtet, dass geopolitische Spannungen ESG-Kriterien zunehmend überlagern beziehungsweise verwässern, indem etwa Rüstungsunternehmen Einzug in nachhaltige Finanzprodukte halten. 

Verhaltener Optimismus für 2025


Trotz der vielen Herausforderungen bleiben 47% der Befragten jedoch optimistisch und erwarten für 2025 ein moderates Wachstum nachhaltiger Geldanlagen von bis zu 10%. Der Anteil derjenigen, die hingegen von einer Stagnation ausgehen, ist deutlich auf 37% gestiegen, 2024 waren dies nur 16%. Dies ist ein klares Warnsignal und ein Appell an die Politik, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Ziele des EU-Green-Deals nicht aus dem Blick zu verlieren. Dieser wurde 2019 von der EU vorgestellt, um bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr auszustoßen.

Marian Klemm kommentiert: „Die wachsende Besorgnis über geopolitische Unsicherheiten und ein Rechtsruck in westlichen Demokratien zeigt, wie eng die Entwicklung nachhaltiger Finanzen mit dem gesamtgesellschaftlichen Kontext verknüpft ist. Es ist entscheidend, dass die Politik stabile Rahmenbedingungen schafft, um die Ziele des Green-Deal nicht zu gefährden und das Vertrauen in nachhaltige Investments zu stärken. Wir sehen jedoch auch einen starken Willen der Branche, innovative Lösungen zu finden und soziale Aspekte stärker in den Fokus zu rücken.“

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