Häuser der 50er bis 90er Jahre: Typische Schwachstellen und Sanierungstipps

Foto: Bausparkasse Schwäbisch Hall/Scheyhing
Typisches Wohnhaus der 1960er Jahre

Rund 40 Prozent der Wohngebäude in Deutschland wurden zwischen 1950 und 1977 errichtet, also vor der ersten Wärmeschutzverordnung. Auch spätere Baujahre haben typische Stärken und Schwächen – und irgendwann Modernisierungsbedarf. Ein Überblick und Tipps der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Häuser aus der Zeit zwischen 1950 und 1999 prägen das Bild vieler Wohngebiete – solide gebaut, aber technisch oft nicht mehr auf dem neuesten Stand. Wer eine solche Immobilie besitzt oder erwirbt, möchte sie irgendwann energetisch, funktional und optisch modernisieren.


Das könnte Sie auch interessieren:

Dabei hilft das Wissen um die typischen Schwachstellen der jeweiligen Baujahre – von mangelhafter Dämmung bis zu problematischen Baustoffen. Ein Überblick und Praxistipps von Schwäbisch Hall-Modernisierungsberater Thomas Billmann über die typischen baulichen Schwachstellen von Gebäuden aus verschiedenen Jahrzehnten und Ansatzpunkte bei der Modernisierung.

50er-Jahre: Einfache Bauweise, mangelhaftes Baumaterial

Viele Wohnhäuser aus den 1950er-Jahren sind heute sanierungsbedürftig. „Typisch für Nachkriegshäuser ist eine einfache Bauweise mit oft mangelhafter Materialqualität“, erklärt Thomas Billmann. „Sie wurden schnell und mit begrenzten Mitteln gebaut – das hat heute Folgen für Substanz und Energieeffizienz.“

Die Gebäude haben meist kleine Grundrisse, keine Wärmedämmung, einfach verglaste Fenster und Heiztechnik sowie Elektrik sind veraltet. Die Folgen: Wärmebrücken, hoher Energieverbrauch, Feuchtigkeitsprobleme bis hin zur Schimmelbildung. Billmann skizziert einen Fahrplan für die Sanierung: „Erst die Bausubstanz prüfen, dann Feuchtigkeitsschäden, Wärmedämmung, Fenster, Haustechnik und Dach in Angriff nehmen. Im Anschluss können Heizung, Tritt- und Schallschutz folgen.“

60er-Jahre: Schadstoffe und energetische Defizite

Häuser aus den 1960er-Jahren sind solide gebaut, mit großzügigen Grundrissen und neuen Formen. „Doch in dieser Zeit kamen vermehrt Baustoffe zum Einsatz, die heute als gesundheitsschädlich gelten – etwa Asbest“, so der Experte. Auch Fenster, Sanitäranlagen, Elektrik und Heizsysteme entsprechen nicht mehr dem heutigen Standard. Zudem weisen konstruktive Bauteile des Öfteren Schwachstellen auf – Flachdächer sind beispielsweise häufig von Feuchtigkeit betroffen.

Als erste Maßnahme empfiehlt Billmann daher, die Bausubstanz auf kritische Materialien zu prüfen und bei Bedarf fachgerecht zu entfernen. „Danach stehen die Prüfung auf Schäden an Bauteilen, die Abdichtung von Flachdächern sowie die Dämmung von Dach und Fassade im Fokus.“

70er-Jahre: Erste Dämmung, noch mehr Schadstoffe

Der Bauboom der 70er-Jahre brachte viele robuste Einfamilienhäuser hervor – meist aus Beton, Ziegel oder Kalksandstein. Flachdächer lagen weiter im Trend, und mit der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 hielt auch eine frühe Form der Dämmung Einzug. „Zwar wurde damals an die Energieeffizienz gedacht, aber viele der eingesetzten Materialien enthalten Schadstoffe wie Asbest, PCB oder PAK“, erklärt Thomas Billmann.

Hinzu kommen typische bauliche Probleme: Feuchtigkeit im Kellerbereich, undichte Flachdächer sowie Wärmebrücken – etwa durch Beton oder Glasbausteine. „Die Folge sind nicht nur Bauschäden, sondern auch eine hohe gesundheitliche Belastung“, so Billmann. Sanierungen sollten daher mit einer professionellen Schadstoffprüfung und -beseitigung beginnen. Anschließend empfiehlt sich eine Dach- und Fassadendämmung sowie die Modernisierung der Heizung.

80er-Jahre: Dachgeschossausbau, Schwachstelle Dachterrasse

Häuser aus den 1980er-Jahren haben eine solide Bausubstanz und der Mindestwärmeschutz war inzwischen Standard. Neu war der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnraum – teilweise mit bauphysikalischen Herausforderungen: „Vor allem Warmdächer und Dachterrassen gelten als Schwachstellen – sie reagieren empfindlich auf Regen und starke Sonneneinstrahlung“, erklärt Billmann.

Zudem können in Gebäuden dieser Bauphase weiterhin gesundheitsbedenkliche Materialien vorhanden sein. Und obwohl der Wärmeschutz bereits besser war, entsprechen Dämmung und Luftdichtheit meist noch nicht den heutigen Anforderungen. Häufige Folgen: Wärmebrücken und Feuchtigkeit in der Bausubstanz. „Warmdächer sollten genau geprüft werden – auch im Hinblick auf verbaute Materialien“, rät der Experte. Ob eine neue Dämmung wirtschaftlich ist, hängt vom Zustand der Materialien ab.

90er-Jahre: Fassadendämmung, Dach auf Feuchtigkeitsschäden prüfen

In den 1990er-Jahren rückten Energieeffizienz und Klimaschutz stärker in den Fokus: Passiv- und Niedrigenergiehäuser entstanden, die Fassadendämmung wurde in der Breite und erneuerbare Energien vereinzelt eingesetzt.

Aufgrund dessen ist auch der Sanierungsbedarf dieser Häuser abhängig vom Lebenszyklus der verbauten Materialien und der Wartung. Besonders wichtig: „Dächer sollten auf Feuchtigkeitsschäden geprüft werden – häufig zeigen sich Verschleißerscheinungen an Ziegeln“, so Thomas Billmann. Auch die Heiztechnik und die vorhandene Dämmung sind oft reif für ein Update.

Sanierungsplan: Nachhaltig sanieren und Fördergelder nutzen

Jede Immobilie hat baujahrspezifische Schwachstellen, die Eigentümer kennen sollten. „Unabhängig vom Baujahr gilt: Wer saniert, sollte immer Sicherheit, Energieeffizienz und Wohnkomfort im Blick haben“, betont der Modernisierungsberater. Eine gründliche Analyse des Gebäudezustands ist dafür die Grundlage.

Billmann empfiehlt, Einzelmaßnahmen nicht isoliert anzugehen, sondern in einem Plan zusammenzufassen – idealerweise in Form eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP), erstellt mit der Unterstützung eines Architekten oder Energieberaters.

Bei der Finanzierung eines solchen Plans und einzelner Sanierungsmaßnahmen unterstützt der Staat. „Allerdings wissen wir heute noch nicht genau, welche bestehenden Förderungen unter der neuen Regierung Bestand haben werden und welche neuen Förderprogramme es wann und für welche Sanierungsmaßnahmen geben wird. Darum mein Tipp: Wer heute eine konkrete Maßnahme vor Augen und den fachlichen Rat eines Energieberaters eingeholt hat, sollte sein Vorhaben nicht unnötig aufschieben, sondern aktuell gültige Förderungen beantragen und freie Kapazitäten bei Handwerkern nutzen“, fasst Billmann zusammen.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments