Crash der Silicon Valley Bank: „Mit dem Schrecken davongekommen“

Foto: Manuel Dorn
Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik, Geschäftsführer von Policen Direkt, erläutert exklusiv, welche Folgen der Crash der Silicon Valley Bank (SVB) für die Insurtech-Szene hat.

Zur Silicon Valley Bank allgemein:

„Die Silicon Valley Bank war vor allem als Hausbank amerikanischer und internationaler Start-ups tätig. Typischerweise haben die Start-up-Kunden die in den Finanzierungsrunden erhaltenen Gelder ganz oder teilweise bei der Bank hinterlegt. Darüber hinaus war die Bank als Geber von sogenannter ‚Venture Debt‘ aktiv, d.h. sie vergab hochverzinste Kredite an Start-ups.“

Zu den Folgen des SVB-Crashs für amerikanische Insurtechs:

„Die Silicon Valley Bank war vor allem in den USA relevant. Dort war sie die 16.-größte Bank des Landes und circa 50 Prozent der Silicon-Valley-Start-ups sind offenbar Kunden gewesen. Damit ist klar, dass auch viele amerikanische Insurtechs von der Krise betroffen sind. Vom amerikanischen Insurtech Root gab es beispielsweise ein öffentliches Statement, dass das Start-up Einlagen im Wert von über 1,3 Millionen US-Dollar bei der SVB hatte – deutlich mehr als die 250.000 US-Dollar, die die Einlagensicherung in den USA garantiert. Im schlimmsten Fall hätte Root befürchten müssen, über längere Zeit keinen Zugang zu diesem Geld zu haben und im Rahmen eines Insolvenzverfahren einen Teil des Geldes zu verlieren. Durch die Garantie der FDIC ist dieses Szenario aber vom Tisch. Die betroffenen Insurtechs sind also mit dem Schrecken davongekommen.“

Zu den Folgen für europäische und deutsche Insurtechs:

„Trotz Zweigstelle in Frankfurt war die SVB in Europa vor allem über die Londoner Dependance als Start-up-Hausbank aktiv. Anders als in den USA ist der Marktanteil der SVB bei europäischen Start-ups aber viel geringer und in Deutschland sicherlich nochmal geringer als in UK. Es dürfte daher wenn überhaupt nur sehr wenige deutsche Insurtechs geben, die Kunden der SVB waren. Auch die britische Tochter der SVB wurde mittlerweile gerettet durch einen Notverkauf an die Großbank HSBC. Damit ist ein (Teil-)Verlust der Einlagen auch für europäische Start-up-Kunden vom Tisch.“

Zu Ursachen und weiteren möglichen Implikation des SVB-Crashs:

„Die SVB ist daran zugrunde gegangen, dass sie Kundeneinlagen in Zeiten des Niedrigzinsumfelds langfristig illiquide zu einem niedrigen Zinssatz angelegt hat. Diese Anlagen haben dann im Zuge der Zinswende rapide an Wert verloren. Gleichzeitig haben die Start-up-Kunden der SVB ihre Einlagen im aktuell schwierigen Finanzierungsumfeld zunehmend für ihr operatives Geschäft benötigt und somit Geld von der SVB abgezogen – und so die SVB gezwungen, ihre Buchverluste zu realisieren. Deshalb geriet die Bank in Schieflage. Es stellt sich nun die Frage, ob es Lebensversicherer gibt, die auf eine ähnliche Anlagestrategie gesetzt haben und die im Falle größerer Mittelabflüsse bei ihren Kunden durch Auflösung von Policen auf ähnliche Weise in die Bredouille geraten. Das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich erfahren. Insurtechs werden hiervon aber kaum betroffen sein, da nur die wenigsten als Lebensversicherer aktiv sind.“

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