KfW Studie: US-Investoren stürzen sich auf deutsche Start-ups

Venture Capital Symbolbild
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Die Investitionen in deutsche Start-ups stiegen das dritte Halbjahr in Folge.

Nach einem ruhigen ersten Quartal hat der deutsche Markt für Wagniskapital (Venture Capital, VC) laut KfW Research im zweiten Quartal 2025 wieder Fahrt aufgenommen. Der Anteil der US-Investoren ist dabei deutlich gestiegen. Und: Die Zahl der besonders wertvollen "Einhörner" liegt auf Rekordniveau.

Deutsche Start-ups sammelten 2,4 Milliarden Euro frisches Kapital ein – das waren 45 Prozent mehr als im Vorquartal, teilt KfW Research mit. Im ersten Halbjahr lag das Transaktionsvolumen damit bei insgesamt knapp vier Milliarden Euro. Die Investitionen in deutsche Start-ups stiegen das dritte Halbjahr in Folge.

Das sind Ergebnisse des KfW-Venture-Capital-Dashboards, in dem KfW Research quartalsweise Zahlen zum deutschen VC-Markt veröffentlicht. „Diese Entwicklung erscheint besonders erfreulich, weil die Rahmenbedingungen im ersten Halbjahr 2025 eher herausfordernd waren. Insbesondere die Verwerfungen an den Kapitalmärkten im Zuge der US-Zollpolitik belasteten das Investitionsumfeld“, sagt Dr. Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW.


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Insgesamt gab es im zweiten Quartal demnach 208 Finanzierungsrunden von Start-ups in Deutschland, davon 98 mit einem Volumen von einer Million Euro und mehr. Auf sechs Monate gesehen waren es 735 Finanzierungsrunden, davon 198 über der Millionengrenze.

Anfang Mai rückten zwei deutsche Unternehmen in die „Liga der Einhörner“ auf. Unter Einhörnern versteht man Start-ups mit einer Bewertung durch Investoren von mindestens einer Milliarde US-Dollar. Zu Ende des zweiten Quartals gab es hierzulande insgesamt 32 Einhörner, das ist ein Rekord.

Einzelne große Finanzierungsrunden prägend

Prägend für die Marktentwicklung im zweiten Quartal waren einzelne große Finanzierungsrunden im sogenannten Scale-up-Segment, so KfW Research. Dazu zählen Unternehmen, die bereits ein funktionierendes Geschäftsmodell entwickelt haben und nun expandieren wollen. Scale-up-Finanzierungen machten 57 Prozent der in Deutschland investierten Mittel aus, es gab einzelne Megadeals von 100 Millionen Euro und mehr.

Da bei großen Transaktionen im Scale-up-Bereich häufig Investoren aus den USA mit vertreten sind, war auch ihr Anteil an den Investitionen in deutsche Start-ups mit über 30 Prozent wieder deutlich höher als noch im Vorquartal. „Wir können bisher keine Auswirkungen der Wirtschafts- und Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump auf die Auslandsinvestitionen von US-Wagniskapitalgebern in Deutschland feststellen“, sagt Dr. Dirk Schumacher.

Starkes Interesse aus USA an deutschen Start-ups

In den vergangenen Jahren hatten Investoren aus dem Ausland und dabei vor allem aus den USA starkes Interesse an deutschen Start-ups, wie eine weitere aktuelle Studie von KfW Research zu Trends in der grenzüberschreitenden Venture-Capital-Finanzierung in Deutschland und Europa zeigt. Zwischen 2020 und 2024 investierten ausländische Wagniskapitalgeber etwa 37 Milliarden Euro in junge deutsche Unternehmen. Zugleich verteilten deutsche Investoren etwa 21 Milliarden Euro an Start-ups im Ausland.

Damit verzeichnete der deutsche Markt für Wagniskapital einen Netto-Kapitalzufluss von rund 16 Milliarden Euro. Gemessen an der Größe des heimischen VC-Marktes war das mehr als in jedem anderen wichtigen Markt in Europa mit Ausnahme von Spanien. Hingegen hatten Belgien, Dänemark, die Schweiz, die Niederlande und Italien in diesem Zeitraum Netto-Kapitalabflüsse – das heißt inländische VC-Geber investierten mehr im Ausland als ausländische Investoren in inländische Start-ups.

Ein Viertel der Mittel 2020 bis 2024 aus dem Inland

Dass mehr VC-Mittel nach Deutschland zuflossen als abflossen lag nicht an einer verhaltenen Auslandsbeteiligung deutscher VC-Investoren. Vielmehr zeigten ausländische Investoren ein besonders hohes Interesse an deutschen Start-ups. „Die hohen Zuflüsse auf den deutschen Wagniskapitalmarkt sind in erster Linie Ausdruck der Qualität und des Innovations- und Wachstumspotenzials, das ausländische Investoren den deutschen Start-ups beimessen“, sagt Dr. Steffen Viete, Experte für Wagniskapital bei KfW Research.

Etwa ein Viertel der Mittel, die deutsche Start-ups zwischen 2020 und 2024 einsammelten, stammte von inländischen VC-Investoren. Weitere 26 Prozent erhielten sie von Wagniskapitalgebern aus dem europäischen Ausland. 31 Prozent des Kapitals kam aus den USA und zehn Prozent aus Asien – was im Vergleich zum gesamteuropäischen Markt jeweils überdurchschnittlich war. Für ganz Europa betrachtet waren US-Investoren für 27 Prozent der Investitionen in Start-ups verantwortlich.

Hoher Auslands-Kapitalanteil „zweischneidiges Schwert“

Die hohen Kapitalzuflüsse in den deutschen VC-Markt sind KfW Research zufolge allerdings ein „zweischneidiges Schwert“. Denn damit einher gehe eine im europäischen Vergleich hohe Abhängigkeit von Kapital aus dem Ausland. Dies könne insbesondere in Krisenzeiten zu einer höheren Volatilität mit Blick auf das Finanzierungsangebot für Start-ups führen. Zudem kann die Abwanderung von Start-ups, Talenten und Know-how eine Begleiterscheinung sein. Andererseits eröffne die Beteiligung ausländischer Investoren neben Kapitalangebot auch wichtige Zugänge zu Netzwerken und Fachwissen.

„Die Förderung des deutschen Markts für Wagniskapital bleibt eine wichtige wirtschaftspolitische Aufgabe. In Märkten mit guten Rahmenbedingungen für Gründungen, Unternehmenswachstum und deren Finanzierung gibt es weniger Gründe abzuwandern“, sagt Dr. Steffen Viete. „Wichtig ist auch die Stärkung der Exit-Kanäle in Deutschland und Europa, also die Möglichkeiten für Börsengänge und Übernahmen. Das würde die Renditemöglichkeiten bei Venture-Capital-Beteiligungen verbessern und dazu beitragen, dass deutsche Start-ups hierzulande eine nachhaltige Finanzierungsperspektive haben.“

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