Künstliche Intelligenz: Vieles ist nur künstlich und (noch) nicht intelligent

Foto: Ines Escherich
Michael Patzelt, Moventum

Ein Kommentar von Michael Patzelt, Head of Sales DACH bei Moventum, über den Status quo bei der Nutzung von KI.

Generative künstliche Intelligenz, Algorithmus, Chatbot, ChatGPT, DALL-E oder Machine Learning sind Begriffe, die uns in letzter Zeit immer häufiger begegnen. Die Finanzwelt gehört zu den Branchen, die am stärksten vom Einsatz künstlicher Intelligenzen profitieren werden. Das zumindest ist das Ergebnis vieler Studien, zuletzt etwa von McKinsey. Global betrachtet mag dies möglich sein und die Erträge der Banken könnten durch den Einsatz von KI steigen: Im Arbeitsalltag beispielsweise bei der Beratung wird diese Profitabilität erst langsam ankommen.

In der Studie von McKinsey wird angenommen, dass Künstliche Intelligenz Arbeitskräfte entlastet. Die gewonnene Arbeitszeit kann dann in produktiveren Bereichen eingesetzt werden und trägt so mehr zum Ergebnis bei. Drei bis fünf Prozent Zugewinn gemessen am Branchenumsatz seien drin, mithin also zwischen 200 und 340 Milliarden US-Dollar.

Entlastung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen, ist eine hehre Aufgabe und angesichts immer weiter zunehmender Aufgaben durch die Regulierung auch dringend geboten. Die bislang angebotenen Lösungen von Chatbots bis zu Beratungs-Robos sind allerdings bestenfalls als ein erster Versuch zu werten. Hier scheint es eher so zu sein, dass einige Banken dadurch Vorteile im Marketing nutzen möchten, die Produktivität aktuell aber nur minimal gesteigert wird.

Denn bei vielen KI-Projekten besteht das Kernproblem immer noch darin, die Maschine mit dem Menschen zu verknüpfen. Bots haben die Möglichkeit, Wissen und Information für Kunden bereitzustellen. Für tiefere oder persönlichere Anliegen soll dann an einen menschlichen Gesprächspartner weitergegeben werden. Doch an dieser Schnittstelle wird die Arbeit eher mehr als weniger – was die Akzeptanz sowohl bei Kunden wie bei Mitarbeitern schmälert. Insofern sind es Insellösungen, die bislang geschaffen wurden und die noch nicht so miteinander kommunizieren, dass eine echte Entlastung gegeben wäre.

Dabei ließen sich die Stärken der KI gerade in der Beratung nutzen. Nicht nur, dass eine selektiv gefütterte KI mit Zugriff nur auf ausgewählte Daten sehr gut in der Lage wäre, beispielsweise eine Hausmeinung oder die Einschätzung ausschließlich seriöser Quellen zu Produkten zu sammeln und wiederzugeben. Auch oft schwierige und sich ändernde interne Prozesse ließen sich innerhalb der KI-Umgebung ablegen und per Sprache oder Text zur Verfügung stellen.

Neue Kontoeröffnungsprozeduren etwa müssten nicht eigens geschult werden, eine KI könnte den Berater durch Prozesse leiten. Damit ließe sich gerade bei der Verwendung mehrerer Plattformen viel Zeit sparen. Und auf der anderen Seite würde man Fehler bei Eingaben oder Prozessen minimieren.

Ohnehin sind die mehr oder weniger intelligenten Helfer hervorragend darin, Fehler oder Unklarheiten bis hin zu Betrugsversuchen aufzudecken – auch wenn sie damit (noch) nicht immer richtig liegen. Aber mit ihrer Fähigkeit, komplexe Daten zu erfassen und darin nach Mustern zu suchen, sind sie heute schon eine große Hilfe in der Betrugsprävention. Gefüttert mit Beispielen bereits bekannter Fälle sind selbstlernende Maschinen in der Lage, neue Betrugsmaschen zu erkennen und Alarm zu schlagen. Zwar wird dann wahrscheinlich noch eine Weile ein Mensch die Entscheidung treffen, ob es sich um ein betrügerisches Vorgehen handelt. Doch aus den Ergebnissen wiederum lernt die Maschine und verfeinert ihre Treffer.

Solche Funktionen sind hilfreich, wenn sie denn auch mit entsprechenden Schnittstellen zur Verfügung gestellt werden. Hier sind große Organisationen wie zum Beispiel Banken im Vorteil. Auf zentralen Systemen ist unterstützende KI leichter zu pflegen und anzulernen.

Während also in der Beratungsunterstützung der KI bald schon eine wichtige Rolle zukommen wird, ist es in anderen Bereichen noch ein langer Weg. Immerhin existieren bereits Asset-Management-Modelle auf KI-Basis, doch noch ist es zu früh, ihre Qualität in unterschiedlichen Märkten zu bewerten. Es wird spannend zu sehen, welche Entwicklung die KI nehmen wird: Entweder werden sich langfristig nur wenige Modelle durchsetzen und von allen genutzt werden oder die Maschinen gelangen durch Lernen zu denselben Ergebnissen. Dann könnte sich ein zutiefst menschliches Verhalten auf die Maschinen übertragen: der Herdentrieb.

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