Pflege-Zuschläge kosten deutlich mehr als geplant: Kritik vom PKV-Verband

Thomas Brahm
Foto: Debeka
Thomas Brahm: "Die IGES-Studie belegt eine milliardenschwere Fehlsteuerung in der gesetzlichen Pflegeversicherung."

Die Kosten der Pflegereform sind dreimal so hoch wie ursprünglich prognostiziert. Besonders stark betroffen sind Beitragszahler mit niedrigem Einkommen, wie eine aktuelle Studie des PKV-Verbandes zeigt.

Die Zuschüsse der gesetzlichen Pflegeversicherung zu den Eigenanteilen in stationären Pflegeeinrichtungen entwickeln sich zu einer deutlich teureren Reform als ursprünglich vorgesehen. Das geht aus einer neuen Analyse des IGES-Instituts hervor, die im Auftrag des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) erstellt wurde.

Laut Studie beliefen sich die Kosten der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) im ersten Jahr nach Einführung der Zuschläge bereits auf 3,6 Milliarden Euro – deutlich mehr als die vom Bundesgesundheitsministerium prognostizierten 2,5 Milliarden Euro. Im Jahr 2023 stiegen die Ausgaben auf 6,4 Milliarden Euro. Bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode könnten sie jährlich auf bis zu 9,4 Milliarden Euro anwachsen.

Kritik an Verteilungswirkung und Finanzierbarkeit

Die Zuschläge wurden im Jahr 2022 eingeführt, um Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen vor finanzieller Überforderung durch steigende Pflegekosten zu schützen. Die Analyse legt jedoch nahe, dass die Zuschüsse häufig Haushalte erreichen, die über erhebliche Vermögenswerte verfügen. Laut IGES lag das Medianvermögen der 65- bis 74-Jährigen bei rund 212.000 Euro – genug, um die Eigenanteile selbst tragen zu können.


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Der Vorsitzende des PKV-Verbands, Thomas Brahm, sieht in den aktuellen Entwicklungen eine bedenkliche Schieflage: „Die IGES-Studie belegt eine milliardenschwere Fehlsteuerung in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Eine Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile ist weder zielführend noch tragfähig. Die Kosten dafür belasten die Beitragszahler und Steuerzahler, insbesondere die jüngeren Generationen und deren Arbeitgeber, während gleichzeitig Menschen mit Privatvermögen davon profitieren.“

IGES warnt vor sozialpolitischen Fehlanreizen

Die Studienautoren äußern auch verteilungspolitische Bedenken: „Aus verteilungspolitischer Sicht ist es bedenklich, dass der ermöglichte Vermögens- und Erbenschutz mit einer überproportional hohen Belastung von Menschen mit niedrigem Einkommen durch Sozialversicherungsbeiträge verbunden ist.“ Eine weitere Ausweitung der SPV-Leistungen – etwa durch eine stärkere Begrenzung oder Deckelung der Eigenanteile – würde diesen Effekt noch verstärken.

Forderung nach Rückbesinnung auf Teilkostenprinzip

Der PKV-Verband fordert vor diesem Hintergrund eine Rückkehr zum ursprünglichen Prinzip der Teilkostenversicherung und mehr private Vorsorge. „Die Soziale Pflegeversicherung ist als Teilkostenversicherung konzipiert – nicht als Vollkasko-Modell“, mahnt Brahm. „Um die Pflegeversicherung zu stabilisieren und auf den demografischen Wandel vorzubereiten, muss die Bundesregierung jetzt die Eigenverantwortung stärken und die private Vorsorge fördern.“ Die Private Krankenversicherung verfügt laut Brahm über eine in vier Jahrzehnten gewachsene Expertise in der generationengerechten Pflegevorsorge und sei auch bereit, diese aktiv in die Arbeit der Reformkommission einzubringen.

Entlastung in stationären Einrichtungen

Seit 2022 entlastet die gesetzliche Pflegeversicherung Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen durch Leistungszuschläge zusätzlich. Diese verringern den Eigenanteil an den pflegebedingten Kosten (bundesweiter Durchschnitt 2025: 1.800 Euro pro Monat) und steigen mit der Dauer des Heimaufenthalts: Im ersten Jahr übernimmt die Pflegeversicherung 15 %, im zweiten Jahr 30 %, im dritten Jahr 50 % und ab dem vierten Jahr 75 % des jeweiligen Eigenanteils.

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