So bereiten Sie sich auf eine KI-gestützte Finanzwirtschaft vor

Elena Simon, Gcore
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Elena Simon, Gcore

KI-Technologien bieten auch für die Finanzbranche zahlreiche neue Geschäftschancen. Damit Unternehmen aus dem Finanzsektor künstliche Intelligenz in den verschiedenen Anwendungsfällen wie im Marketing, im Vertrieb oder im Kundenservice erfolgreich nutzen können, sollten Sie drei entscheidende Kriterien beachten.

Seit ChatGPT vor einem Jahr seinen Durchbruch hatte, vergeht kaum eine Woche ohne neue Entwicklungen im Bereich der generativen KI – einer Form der künstlichen Intelligenz, die durch Lernprozesse neue Inhalte wie Texte, Bilder, Musik und Code aus vorhandenen Daten erzeugt.

Die Technologie verspricht Großes für die Finanzdienstleistungsbranche in Deutschland und darüber hinaus. Ein Bericht von McKinsey prognostiziert, dass die generative KI einen Wert von bis zu 340 Milliarden Dollar für den globalen Bankensektor freisetzen könnte. Das Beratungsunternehmen hat eine breite Palette von Anwendungsfällen in den Bereichen Kundenservice, Vertrieb, Marketing, Softwareentwicklung und Forschung identifiziert, in denen KI zu Steigerungen der Produktivität führen könnte.

Viele Finanzinstitute prüfen aktuell, wie und wo sie generative KI-Lösungen einsetzen können, um die Performance zu verbessern, die Kosten zu senken und sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Führende Unternehmen setzen bereits heute KI-Modelle ein. Laut einer Umfrage des Center for Financial Studies unter Finanzexperten setzen 31 Prozent der deutschen Finanzinstitute die Technologie bereits ein und 40 Prozent führen KI-Pilotprojekte durch.

Es ist schwer vorherzusagen, wie und wo generative KI das breite Spektrum der Finanzdienstleistungen und die Arbeit der Spezialisten im Finanzsektor verändern wird. Klar ist jedoch, dass so unterschiedliche Sektoren wie Vermögensverwaltung, Privatkundengeschäft und Versicherungen in zehn Jahren vermutlich ganz anders aussehen werden.

Der Einsatz von KI-Funktionen im Unternehmen

Heute ist es am wichtigsten, dass Finanzinstitute die richtigen Technologie-Entscheidungen treffen, um die bestmögliche Plattform für KI-gestützte Geschäftstätigkeiten aufzubauen. Der erste Schritt besteht darin, ein genaues Verständnis dafür zu entwickeln, wie Unternehmen im Finanzsektor KI-Funktionen einsetzen können.

Die meisten Finanzinstitute verfügen nicht über die Ressourcen, um KI-Systeme intern zu entwickeln. Der Aufbau eines generativen KI-Systems von Grund auf erfordert Millionen von Euro an Setup-Kosten sowie den Einsatz von knappen und teuren Komponenten. Allerdings werden viele Unternehmen angesichts der regulatorischen Vorgaben der Branche und der Sicherheitsbedenken davor zurückschrecken, die vollständige Kontrolle über ihre Systeme an Dritte abzugeben. Darüber hinaus bieten Standardlösungen nur wenig Spielraum für individuelle Anpassungen. Dies erschwert die Differenzierung im Wettbewerb.

Unternehmen sollten daher eine dritte Option in Betracht ziehen: die Nutzung der KI-Infrastruktur „As-a-Service“. Dieser Ansatz ermöglicht es Unternehmen, die KI-Technologie, einschließlich der Hardware, der Cloud-Services und des Experten-Supports, von einem Managed-Service-Provider zu beziehen. So können Finanzinstitute jeder Größenordnung kosteneffizient auf hochskalierbare generative KI-Ressourcen zugreifen ohne die Kontrolle über ihre Modelle oder Daten aufzugeben. Da diese Services sind auf Subskriptionsbasis abgerechnet werden, sind keine hohen Investitionen erforderlich und Unternehmen bezahlen lediglich für die genutzte Rechenleistung.

Die Einhaltung von unternehmensinternen, gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben

Der nächste Punkt betrifft die Governance. Da generative KI-Modelle mit sehr großen Datenbeständen trainiert werden, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material, personenbezogenen Daten, Kundeninformationen und geschütztem geistigen Eigentum. In Deutschland müssen KI-Anwendungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprechen.

Das bedeutet insbesondere, dass die DSGVO-Bestimmungen auch für die Auswirkungen von KI-gestützten Entscheidungen auf Einzelpersonen eingehalten werden müssen, insbesondere im Zusammenhang mit einer automatisierten Entscheidungsfindung und der Erstellung von Profilen. Dies ist im Finanzsektor besonders wichtig. Hier könnten KI-basierte Entscheidungen erhebliche Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben – denken Sie beispielsweise an ein KI-Modell, das über Hypothekenanträge entscheiden soll. Die DSGVO umfasst zudem strenge Regeln für den grenzüberschreitenden Datenaustausch, wobei Übermittlungen nur in Länder zulässig sind, die über angemessene Sicherheitsvorkehrungen verfügen.

Finanzinstitute, die sich mit generativen KI-Funktionen befassen, müssen die Auswirkungen dieser rechtlichen Anforderungen berücksichtigen. Der beste Weg ist es womöglich, KI-Systeme auf einer europäischen, DSGVO-konformen Cloud-Infrastruktur zu betreiben. Die Nutzung einer europäischen Infrastruktur kann auch dazu beitragen, unbeabsichtigte oder gesetzeswidrige Datenübertragungen beim Training von KI-Modellen zu verhindern, da die Daten während des Trainingsprozesses die in der EU ansässigen Data-Center nie verlassen.

Globale Reichweite, hohe Leistung und geringe Latenz

Ein dritter Aspekt ist von entscheidender Bedeutung: die Leistung. Der Erfolg von KI wird davon abhängen, ob die Nutzer problemlos auf die KI-Tools zugreifen und reibungslos damit arbeiten können. Virtuelle Assistenten müssen beispielsweise in der Lage sein, Kundenanfragen in allen Märkten in Echtzeit, so natürlich wie möglich und in der jeweiligen Landessprache zu beantworten. Um dieses Leistungsniveau zu erreichen, müssen Finanzinstitute sicherstellen, dass ihre KI-Modelle eine globale Reichweite bieten können – bei gleichzeitig geringer Latenz.

Unternehmen im Finanzsektor sollten daher den Einsatz von Edge-KI bei ihren Implementierungen in Betracht ziehen. Bei diesem Ansatz werden die KI-Modelle und die Datenverarbeitung näher an die Datenquelle beziehungsweise die Nutzer gebracht – die Datenverarbeitung kann dezentral, am „Edge“ oder „Rand“ des Netzwerks erfolgen. Dies steigert die Effizienz, verringert die Latenzzeiten und verbessert das Nutzererlebnis damit erheblich.

Diese Reduzierung der Latenz sorgt nicht nur für ein natürlicheres und reibungsloseres Erlebnis, sondern bietet auch einen erheblichen Nutzen für zeitkritische Anwendungsfälle im Finanzsektor. Quant-Trading basiert beispielsweise auf einer Echtzeit-Ansicht der Marktbewegungen. Jede Verzögerung, die durch eine Transaktion mit einem weit entfernten Data-Center verursacht wird, könnte die Händler am Ende eine Menge Geld kosten.

Die KI-Technologie entwickelt sich rasant weiter und die deutschen Finanzinstitute müssen auf alles vorbereitet sein, was die Zukunft bringt. Mit dem Einsatz flexibler „As-a-Service“-Nutzungsmodelle, europäischer Cloud-Infrastrukturen und neuer Edge-KI-Funktionen sind sie in der bestmöglichen Position, um erfolgreich zu sein.

Die Autorin Elena Simon ist Geschäftsführerin der Gcore GmbH. Gcore ist ein international führender Anbieter von Public Cloud und Edge Computing, Content Delivery, Hosting, Security- und KI-Lösungen. Gcore verwaltet seine eigene globale IT-Infrastruktur auf sechs Kontinenten. Das Netzwerk von Gcore umfasst mehr als 150 Präsenzpunkte in zuverlässigen Tier IV- und Tier III-Data-Centern mit einer Gesamtkapazität von über 110 Tbit/s.

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