Sozialabgaben steigen drastisch – kippt der Generationenvertrag?

Dr. Frank Wild, Leiter des Wissenschaftlichen Instituts des PKV Verbands
Foto: PKV Verband
Dr. Frank Wild: "Wenn künftige Erwerbstätige über die Hälfte ihres Einkommens für Sozialbeiträge aufbringen müssen, ist das kein tragfähiger Generationenvertrag mehr."

In den nächsten Jahren gehen die geburtenstärksten Jahrgänge in Rente. Die Kosten dafür tragen die jüngeren Generationen über ihre Beiträge zur Sozialversicherung. Eine neue Studie zeigt, wie groß die Belastung ist.

Die Belastung durch Sozialabgaben wird in den kommenden Jahrzehnten deutlich zunehmen – das zeigt eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP). Demnach steigt der Beitragssatz zur Sozialversicherung ohne strukturelle Reformen bis 2035 auf 47,5 Prozent und erreicht im Jahr 2050 sogar 52,9 Prozent. Die Berechnungen stammen von Professor Martin Werding, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.


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Besonders betroffen ist die junge Generation. Laut der Studie wird ein heute fünfjähriges Kind – also mit Geburtsjahrgang 2020 – im Laufe seines Erwerbslebens durchschnittlich 55,6 Prozent seines Einkommens für Sozialabgaben aufwenden müssen. Zum Vergleich: Für den Jahrgang 1960 lag dieser Wert noch bei 39,4 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das: Der Jahrgang 2020 zahlt rund 904.000 Euro an Sozialabgaben, während es beim Jahrgang 1960 noch 640.000 Euro sind.

Das Wirtschaftswachstum ist gefährdet

Die Folgen dieser Entwicklung beschreibt Werding deutlich: „Der massive Anstieg der Beitragssätze gefährdet die zukünftigen Entwicklungen von Beschäftigung und Wirtschaftswachstum.“ Zudem drohe „die steigende Beitragsbelastung, die Akzeptanz und die politische Legitimität des umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems zu untergraben – und damit den sozialen Zusammenhalt.“

Für Werding ist klar: Die Politik müsse den Generationenvertrag neu justieren, um ihn tragfähig zu halten. „Von diesem Grundsatz hat sich die Politik in Deutschland im Umgang mit den seit Jahrzehnten absehbaren Herausforderungen durch die demografische Entwicklung immer weiter entfernt.“

Auch Dr. Frank Wild, Leiter des WIP, warnt vor den Konsequenzen: „Die Analyse von Professor Werding belegt mit klaren Zahlen, wie stark das umlagefinanzierte Sozialversicherungssystem junge Generationen belastet. Wenn künftige Erwerbstätige über die Hälfte ihres Einkommens für Sozialbeiträge aufbringen müssen, ist das kein tragfähiger Generationenvertrag mehr, sondern eine Schieflage mit sozialen und ökonomischen Risiken.“

Als möglichen Ausweg verweist PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther auf die kapitalgedeckte Vorsorge: „Ohne grundlegende Reformen zahlen junge Menschen in Zukunft einen immer höheren Preis für ein System, das an seine Grenzen stößt.“

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